Ein weitläufiger Tagebau mit mehreren Erdschichten und schwerem Gerät, umgeben von Bäumen und Vegetation.
„Deutschland ist auf mineralische Rohstoffe angewiesen“ – betont der bbs. (Quelle: BKRI / Bianca Richter)

Panorama 2025-06-03T07:00:00Z Baustoffbranche: Rohstoffnachfrage 2045

Laut einer Studie des Bundesverbandes Baustoffe – Steine und Erden wird der Bedarf der Baubranche an mineralischen Rohstoffen bis 2045 zwar leicht abnehmen, aber auf hohem Niveau verbleiben. Da die Potenziale zur Steigerung der Sekundärstoffquote begrenzt seien, bleibe der Abbau von Primärrohstoffen essenziell. Von der neuen Bundesregierung erhofft sich der Verband weniger strenge Genehmigungsverfahren und eine Einstufung des Rohstoffabbaus als „überragendes öffentliches Interesse“.

Der Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs) hat im März zum fünften Mal seit 2012 eine Studie zur Nachfrage nach Primär- und Sekundärrohstoffen der Steine-Erden-Industrie in Deutschland vorgelegt. Sie trägt diesmal den Titel „Rohstoffnachfrage 2045 – Ressourcen sichern, Zukunft bauen“ und wurde vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung erstellt.

Zwei Wachstumsszenarien

„Der Bedarf an Wohnraum, Infrastruktur, Windrädern, Photovoltaik-Anlagen und Energieleitungen bleibt hoch – Deutschland ist auf mineralische Rohstoffe angewiesen“, betont Dr. Matthias Frederichs. „Die Basis der Infrastrukturmodernisierung bilden mineralische Rohstoffe“, fügt der Hauptgeschäftsführer des bbs hinzu. Und in die Modernisierung der Infrastruktur wird in den kommenden Jahren definitiv viel investiert. Schließlich haben CDU und SPD das diesbezügliche Sondervermögen in Höhe von 500 Mrd. Euro bereits durch den Bundestag gebracht.

Ein Mann in einem dunklen Anzug und weißem Hemd steht vor einem neutralen Hintergrund.
Dr. Matthias Frederichs ist bbs-Hauptgeschäftsführer. (Quelle: bbs)

Es scheint also sicher, dass Deutschland auch in den kommenden Jahren erhebliche Mengen an Rohstoffen aus den Bereichen Steine und Erden verbrauchen wird – also zum Beispiel Kies, Sand, Naturstein und Ton, aber auch Industrieminerale. Die neue Studie beziffert diesen Bedarf und zeigt zudem auf, welchen Beitrag Sekundärrohstoffe zur Bedarfsdeckung leisten können.

Die Wirtschaftsforscher vom RWI schätzen den Rohstoffbedarf bis 2045 anhand von zwei wirtschaftlichen Entwicklungspfaden ab: In der so genannten oberen Variante (0,9 % jährliches Wirtschaftswachstum) liegt der Rohstoffbedarf im Jahr 2045 bei 525 Mio. Tonnen – ein Rückgang um 5,4 % gegenüber 2022. In der unteren Variante (0,1 % Wachstum) fällt der Bedarf auf 452 Mio. Tonnen, was einem Rückgang von 18,5 % entspricht.

Die Experten erwarten also in jedem Fall einen leichten Bedarfsrückgang, gleichwohl wird auch künftig jedes Jahr eine gewaltige Menge an mineralischen Rohstoffen benötigt. Der bbs betont zudem in einer Pressemitteilung, dass die Studie angesichts der zuletzt schwachen Konjunktur eher auf vorsichtigen Annahmen basiert.

Die Studie enthält übrigens nicht nur Nachfrageprognosen für das Zieljahr 2045, sondern auch für die Zwischenetappen 2030, 2035 und 2040. Wer sich dafür interessiert, dem sei ein Blick in den 45-seitigen Bericht empfohlen (Direktlink hier), an dieser Stelle gehen wir darauf nicht näher ein.

Wenig Potenzial für Kreislaufwirtschaft?

Nicht allzu optimistisch äußern sich die Autoren der Studie zum Potenzial, das Sekundärrohstoffe wie Recycling-Baustoffe und industrielle Nebenprodukte zur Bedarfsdeckung beitragen können. In der oberen Wachstumsvariante (0,9 %) erwarten sie für 2045 eine Sekundärstoffquote (Anteil des Einsatzes von Sekundärrohstoffen am Gesamteinsatz von Primär- und Sekundärrohstoffen) von 15,2 %. Damit wäre die Quote exakt genauso hoch wie bereits im Jahr 2022.

Cover der neuen Studie des bbs.
Die neue Studie wurde im März veröffentlicht. (Quelle: bbs / RWI)

In der unteren Variante (0,1 % Wachstum) steigt die Sekundärstoffquote leicht auf 16,3 % (+1,1 %-Punkte gegenüber 2022) – allerdings nur, weil in dieser Variante die Primärrohstoffgewinnung deutlich stärker zurückgeht. Trotz großer Anstrengungen für mehr Kreislaufwirtschaft im Bausektor bleiben die Potenziale zur Steigerung der Sekundärstoffquote begrenzt – bilanziert der bbs die Prognosen für beide Wachstumsvarianten.

Als Gründe für die enttäuschende Prognose bei der Sekundärstoffquote nennt die Studie unter anderem den Kohleausstieg, durch den Nebenprodukte wie REA-Gips und Steinkohleflugaschen künftig entfallen, sowie die Dekarbonisierung der Stahlindustrie, die zu einem verminderten Aufkommen an Roheisenschlacken führen wird. Zudem werde in den nächsten 20 Jahren das Bauen im Bestand im Vergleich zu Abriss und Neubau eine immer größere Rolle spielen, wodurch einer Zunahme an Recycling-Baustoffen Grenzen gesetzt seien.

Wunsch nach leichterem Rohstoffabbau

Parallel zur neuen Studie hat der bbs ein Rechtsgutachten zum Thema „Bürokratieabbau in der Rohstoffgewinnung“ veröffentlicht. Die Motivation dazu erläutert Hauptgeschäftsführer Frederichs wie folgt: „Unternehmen sehen sich zunehmend durch Bürokratie und strenge Auflagen ausgebremst – Genehmigungsverfahren sind heute ein echtes Existenzrisiko.“ In den vergangenen 20 Jahren sei die Zahl der Rohstoffbetriebe in Deutschland um mehr als ein Viertel gesunken.

Das von Prof. Dr. Walter Frenz (RWTH Aachen) verfasste Gutachten bescheinigt der Rohstoffgewinnung eine zentrale Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung im Allgemeinen, aber auch für den Klimaschutz im Besonderen. Als Beispiele für Letzteres werden unter anderem Baustoffe für die energetische Gebäudesanierung, Ton, Kaolin und Feldspat als wichtiger Bestandteil von Elektroporzellan in Isolatoren für den Ausbau der Stromnetze sowie Kupfer und Lithium für Autobatterien genannt.

Das Gutachten enthält einen 10-Punkte-Plan zur Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Dazu zählen unter anderem die Einstufung des Rohstoffabbaus als „überragendes öffentliches Interesse“ und die Einführung einer Rohstoffsicherungsklausel zur Vermeidung von Versorgungsengpässen. Außerdem werden klare Fristen für die Bearbeitung von Genehmigungsanträgen sowie Stellungnahmen der Öffentlichkeit gefordert.

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Auf Grundlage des Rechtsgutachtens will sich der bbs bei der neuen Bundesregierung für einen erleichterten Zugang zu heimischen Rohstoffen einsetzen. Matthias Frederichs: „Seit Jahrzehnten wird die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren angekündigt, ohne das viel passiert ist. Wenn es die neue Bundesregierung mit ihren Ankündigungen zum Bürokratieabbau ernst meint, ist jetzt der Zeitpunkt für rasches Handeln gekommen“.

zuletzt editiert am 28. Mai 2025