
Sprühauftrag einer Grundierung (rot) zur Verringerung der Saugfähigkeit des Untergrundes.
Welche Funktion haben Grundierungen?
Zu den unübersichtlichsten bauchemischen Fachhandelssortimenten gehört das weite Feld der Grundierungen – auch „Primer“ genannt. Grundierungen gibt es in unterschiedlichsten Rezepturen für zahllose Anwendungsbereiche. Sie kommen praktisch überall zum Einsatz, wo man Bauuntergründe streicht, lackiert, verputzt oder mit Materialien wie Fliesen, Tapeten oder Bodenbelägen beschichtet.
Tipps für ein besseres Make-up sind normalerweise kein Thema auf baustoffwissen.de, aber in diesem Beitrag bietet es sich einfach an. Denn ebenso wie im Bauwesen werden auch in der Welt der Kosmetik so genannte Primer verwendet. Das Wort ist abgeleitet vom englischen Verb „to prime“ (grundieren). Ein Primer ist also nichts anderes als eine Grundierung. Und um zu verstehen, welche Funktionen Grundierungen im Bauwesen erfüllen, ist es hilfreich, sich einmal die Wirkungsweise der Primer aus der Drogerie anzuschauen.
Ausflug in die Kosmetikbranche

Bodengrundierung vor dem Aufbringen von Spachtelmassen und Oberbelägen.
Menschen, die Make-up nutzen, werden den Begriff Primer vielleicht schon von daher kennen. Primer für das Gesicht sind meist farblose kosmetische Produkte, die man hauchdünn auf die Haut aufträgt, um eine perfekte Grundlage für das Make-up zu erzielen. Solche „Grundierungen“ für den perfekten Teint glätten die Haut, kaschieren Unregelmäßigkeiten wie etwa große Poren oder Rötungen und sorgen zugleich dafür, dass das Make-up anschließend besser haftet. Der dünne Primer-Film bewirkt, dass die Haut weniger Bestandteile des Make-ups aufsaugt und zugleich weniger Hautfett an die Oberfläche gelangt. Beides begünstigt ein dauerhafteres Make-up und schützt zugleich die Haut.
Funktionen von Grundierungen
Was für den Primer der Kosmetikbranche gilt, lässt sich weitgehend auch auf Grundierungen (Primer) im Baustoffbereich übertragen. Auch diese Produkte werden zwischen einen Untergrund (Wand, Decke, Boden) und eine Beschichtung aufgetragen (z. B. Farbe, Putz, Tapete, Spachtelmassen, Kleber). Auch sie haben einerseits den Zweck, die Saugfähigkeit des Untergrunds zu verringern, und andererseits den Haftverbund zwischen glatten Untergründen und Beschichtungen zu verbessern. Dabei bilden Bau-Grundierungen immer auch einen Schutzfilm, der in zwei Richtungen wirkt: Der Untergrund wird vor negativen Einflüssen aus der Beschichtung geschützt (Feuchtigkeit, verfärbende Inhaltstoffe), andererseits wird aber auch die äußere Beschichtung vor ungewollten Effekten aus dem Untergrund abgeschirmt (durchscheinende Flecken, aufsteigende Feuchtigkeit im Mauerwerk).
Die verminderte Saugfähigkeit eines Untergrundes hat nicht zuletzt einen positiven wirtschaftlichen Effekt. Farben, Putze oder Kleber können in geringerer Menge aufgetragen werden, wenn sie nicht so stark ins Material einziehen. Die Deckkraft von Farben und Lacken erhöht sich zudem, wenn sie nicht direkt auf dem Untergrund, sondern auf einer entsprechend eingefärbten Grundierung aufgetragen werden. Das erspart oft den Zweitanstrich. Grundierungen dienen zudem auch zur Verfestigung des Untergrundes, etwa wenn Mauerwerk- oder Putzoberflächen an einigen Stellen zum Abbröckeln neigen.
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Tiefengrund und Haftgrund
Am häufigsten werden Grundierungen zur Regulierung des Saugverhaltens und zur Verstärkung des Haftverbunds eingesetzt. Da nicht bei allen Anwendungen beide Funktionen gleichzeitig erwünscht sind, gibt es Spezial-Grundierungen. So dienen die als „Tiefengrund“ bezeichneten Produkte neben der Verfestigung des Untergrundes vor allem dazu, stark saugende Untergründe auf eine Beschichtung vorzubereiten.
Auf besonders glatten, nicht saugenden Untergründen wie zum Beispiel Beton oder Gussasphalt wird dagegen „Haftgrund“ eingesetzt. Die Grundierung dient hier also vorrangig als Haftbrücke. Auf solchen Untergründen finden Farben, Lacke und Putze sonst nämlich nur schwer Halt und drohen nach kurzer Zeit wieder abzublättern.
Weitere Spezial-Grundierungen sind zum Beispiel Sperrgrund und Putzgrund.
Anwendung bei Malerarbeiten
Die Anwendungsbereiche für Grundierungen sind riesig, und für jeden Bereich gibt es Spezialgrundierungen mit eigenen Rezepturen – je nach Untergrund, Beschichtungsstoffen und verwendeten Klebern. Wir können an diese Stelle daher nur beispielhaft einige typische Anwendungen von Grundierungen erwähnen. Im Malerhandwerk kommen sie zum Beispiel als Grundlage für Farben, Putze oder Tapeten an Wänden und Decken zum Einsatz – sowohl auf Mauerwerk als auch auf Beton. Wenn Putze und Tapeten anschließend noch gestrichen – also ihrerseits beschichtet – werden, dann verwendet man dafür ebenfalls häufig Grundierungen.
Am Beispiel der Tapete lassen sich gut die unterschiedlichen Funktionen der verschiedenen Primer veranschaulichen. Unterhalb der Tapete sollen sie vor allem ein zu starkes Eindringen des Kleisters in den Untergrund verhindern. Sonst lassen sich Tapeten später nämlich nur sehr schwer wieder entfernen. Grundierungen auf der Tapete haben dagegen eher eine abdeckende Funktion. Man verwendet sie zum Beispiel, wenn knallbunte Alttapeten weiß überstrichen werden sollen. Spezielle Primer, die weiße Farbpartikel enthalten, sorgen dafür, dass man nur relativ wenig neue Farbe verwenden muss, damit die alte Tapete nicht mehr durchschimmert. Unverzichtbar sind Grundierungen übrigens auch dann, wenn man Gipsplatten streichen oder tapezieren möchte, denn die Platten stellen einen stark saugenden Untergrund dar.
Bodenbeläge und Holzoberflächen
Auch bei der Verlegung von Bodenbelägen (zum Beispiel Teppich, Parkett, PVC, Fliesen) sind meistens Grundierungen mit im Spiel – besonders wenn sie auf saugfähigen mineralischen Untergründen stattfinden. Das gilt insbesondere, wenn die Beläge auf dem Boden verklebt werden sollen, aber auch wenn die Bodenfläche verspachtelt werden muss. Bei der Fliesenverlegung können die eingesetzten Primer unterschiedliche Funktionen haben: Sie dienen der Verfestigung des Untergrundes, verringern dessen Saugfähigkeit und verbessern – zum Beispiel bei glattem Beton – den Haftverbund zwischen Untergrund und Fliesenkleber.
Unverzichtbar sind Grundierungen zudem bei der Holzveredelung. Frisches Holz wird in der Regel immer mit einem Grundierungsanstrich versehen, bevor es überhaupt in den Handel kommt. Ansonsten wäre das Naturmaterial viel zu schmutz- und feuchteempfindlich. Holzgrundierungen sollen zudem verhindern, dass weitere Anstriche nicht so tief in das Material eindringen. Dadurch wird einerseits der Verbrauch an Lacken und Farben reduziert und außerdem wird einer optischen Beeinträchtigung des Holzes vorgebeugt. Viele Anstrichstoffe enthalten nämlich leider Inhaltsstoffe, die zu unschönen Holzverfärbungen führen können.
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Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
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