
Der Mensch braucht regelmäßige Frischluftzufuhr im Wohnbereich. Foto: Velux Deutschland GmbH
Was versteht man unter „Mindestluftwechsel“?
Neubauten müssen laut EnEV 2014 eine luftdichte Gebäudehülle aufweisen. Zugleich fordert die Verordnung aber auch die Sicherstellung eines Mindestluftwechsels. Doch was bedeutet das eigentlich konkret?
„Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt ist“, heißt es in §6 der Energieeinsparverordnung 2014. Diese Anforderung gilt im Übrigen nicht nur für Neubauten, sondern in vielen Fällen auch bei Modernisierungen – zum Beispiel wenn mehr als ein Drittel der vorhandenen Fenster ausgetauscht oder mehr als ein Drittel der Dachfläche saniert werden. Eine genaue Definition oder einen konkreten Wert für den notwendigen Mindestluftwechsel findet man in der EnEV allerdings nicht.
Feuchte- und Gesundheitsschutz
In der DIN 1946-6 („Lüften von Wohnungen“) wird der Begriff des Mindestluftwechsels etwas genauer umschrieben. Die Norm fordert nämlich, dass in Wohngebäuden durch nutzerunabhängige Belüftung mindestens der Feuchteschutz sicherzustellen ist. Nutzerunabhängig bedeutet hier, dass der notwendige Luftaustausch, um Feuchteschäden wie Schimmel zu vermeiden, auch dann gesichert sein muss, wenn die Bewohner nicht im Haus sind – zum Beispiel weil sie tagsüber arbeiten. Bei luftdichter Gebäudehülle ist ein nutzerunabhängiger Mindestluftwechsel zum Feuchteschutz aber oft nur mithilfe automatischer Lüftungstechnik realisierbar.
Zwar ist die DIN 1946-6 keine rechtsverbindliche Vorschrift, allerdings ist der für die Lüftungsplanung verantwortliche Architekt, Bauunternehmer oder Handwerker gut beraten, wenn er die Normvorschriften berücksichtigt. Bei später auftretenden Schimmelschäden kann er sonst unter Umständen in Haftung genommen werden.
Der Mindestluftwechsel zum Feuchteschutz ist – wie der Name schon andeutet – nur eine Mindestanforderung an den Luftaustausch in Gebäuden. Er zielt vorrangig darauf, dass die Gebäudesubstanz keinen Schaden nimmt. Neben dieser Minimal-Lüftung zum Feuchteschutz beschreibt die DIN 1946-6 auch höhere Lüftungsstufen, die auch den Gesundheitsschutz der Bewohner stärker berücksichtigen. Denn um Schadstoffe und verbrauchte Atemluft aus dem Raum zu lüften sowie ein gesundes Raumklima zu schaffen, reicht der Mindestluftwechsel oft gar nicht aus.
Empfohlene Werte
Um eine wohngesunde Raumluft zu erreichen, empfehlen Fachleute meist eine Luftwechselrate von mindestens 0,5/h. Bei diesem Wert wird das Luftvolumen einer Wohneinheit innerhalb einer Stunde zur Hälfte ausgetauscht. Um nur den Feuchteschutz für das Gebäude zu gewährleisten, genügen dagegen geringere (Mindest-)Luftwechselraten. Die Empfehlungen reichen hier von 0,15/h bis 0,2/h. Eine Luftwechselrate von 0,2/h bedeutet, dass das Luftvolumen der Wohneinheit nach fünf Stunden komplett ausgetauscht sein muss.
Lüftungskonzept nach DIN 1946-6

Der Fensterlüfter „Velux Smart Ventilation“ wird anstelle des Markisenkastens über das Dachfenster gesetzt. Foto: Velux Deutschland GmbH
Damit in Wohngebäuden ausreichende (nutzerunabhängige) Luftwechselraten gegeben sind, fordert die DIN 1946-6 die Erstellung eines Lüftungskonzepts. Die dafür benötigten Berechnungsmethoden werden in der Norm ausführlich beschrieben. Das Lüftungskonzept ist vom verantwortlichen Lüftungsplaner (Architekt, Bauunternehmer, Handwerker) unter Berücksichtigung der jeweiligen Gegebenheiten vor Ort anzufertigen.
Wie gut ist die Gebäudehülle gedämmt? Befindet sich das Gebäude in einer windstarken oder windarmen Region? Ist eine Querlüftung der Räume möglich? Wie viele Geschosse und Räume hat das Haus, wie groß sind Wohnfläche und Raumvolumen? Wie werden die Räume genutzt (Wohnraum, Feuchtraum, Nebenraum)? Alle diese Informationen fließen in das Lüftungskonzept ein und entscheiden mit darüber, ob für das Gebäude lüftungstechnische Maßnahmen notwendig sind, um den Mindestluftwechsel sicherzustellen.
Fensterlüfter mit Wärmerückgewinnung
Wenn der Lufteintritt in das Gebäude über Undichtigkeiten in der Gebäudehülle größer ist als die zum Feuchteschutz benötigte Lüftung, sind lüftungstechnische Maßnahmen natürlich nicht notwendig. Die „natürliche“ Lüftung über Gebäuderitzen sowie gelegentliche manuelle Fensterlüftung genügen dann. Aber in Zeiten luftdichter Gebäudehüllen ist das immer seltener der Fall. Deshalb wächst der Bedarf an nutzerunabhängigen, automatischen Lüftungslösungen – entweder in Form einer zentralen Lüftungsanlage oder mit dezentralen Lüftungselementen, insbesondere Fensterlüftern.
Übrigens: Dezentrale Lüfter sind mittlerweile nicht nur für Fassadenfenster, sondern auch für Dachfenster erhältlich – sogar mit Wärmerückgewinnung. Velux hat 2014 erstmals ein solches Produkt vorgestellt. Mit dem Fensterlüfter „Velux Smart Ventilation“ lässt sich der nutzerunabhängige Mindestluftwechsel nach DIN 1946-6 sicherstellen, ohne dabei die Wärme der abziehenden Raumluft zu verlieren. Pro Raum (bis 40 qm) genügt dafür jeweils eines dieser dezentralen Lüftungselemente. Darüber hinaus lässt sich mit dem Produkt auch die empfohlene Lüftung für gesundes Wohnen realisieren, die höhere Luftwechselraten erfordert. Der Benutzer selbst kann den Luftvolumen-Zustrom des Fensterlüfters bis zu einer Menge von 29 m³/h stufenlos erhöhen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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