RM Rudolf Müller
Einbrecher!

Dieser Einbrecher versucht, das Fenster mithilfe einer Brechstange aufzuhebeln.

 
Bauelemente
28. Januar 2014 | Artikel teilen Artikel teilen

Einbruchschutz bei Fenstern und Türen

Ende 2013 wurde auf der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern erstmals eine finanzielle Förderung von einbruchhemmenden Fenstern und Türen erörtert. Zum Redaktionsschluss dieses Beitrages stand noch nicht fest, ob die „Abwrackprämie“ für alte Bauelemente wirklich kommt. Sie würde aber Sinn machen, denn allein 2012 zählte die Polizei 144.117 Wohnungseinbrüche in Deutschland – ein Anstieg um 8,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wahrscheinlich hätten viele dieser Delikte vermieden werden können, wenn die Diebe auf mehr Widerstand gestoßen wären: eben durch einbruchhemmende Fenster und Türen.

Wenn Einbrecher in ein fremdes Haus „einsteigen“, suchen sie sich den Weg des geringsten Widerstandes, und der führt meist nicht durch die Haustür. Die Kriminellen bevorzugen stattdessen Fenster sowie Fenstertüren auf Balkonen oder Terrassen, weil sich diese oft schon mit einfachem Werkzeug aufhebeln lassen.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Absolut einbruchssichere Fenster und Türen gibt es nicht. Ausgestattet mit dem richtigen Werkzeug und genügend Zeit, kommen Einbrecher überall hinein. Aber durch einbruchhemmende Bauelemente werden sie zumindest aufgehalten, und oft geben sie dann aus Angst vor Entdeckung vorzeitig auf. Das belegt auch die polizeiliche Kriminalstatistik. Denn unter den genannten 144.117 Einbrüchen von 2012 waren immerhin 56.000 gescheiterte Einbrüche (knapp 39 Prozent). Die Vermutung liegt nahe, dass dafür auch sicherungstechnische Maßnahmen verantwortlich waren.

Einbruchhemmende Beschläge

Beim Fenster ist die häufigste Einbruchsmethode nicht das Einschlagen der Scheibe, sondern das Aufhebeln des Flügels. Dies ist für den Einbrecher häufig sehr einfach, weil viele Fenster nur über Standard-Beschläge mit einfachen Verriegelungszapfen verfügen. Diese Metallbolzen sind am Fensterflügel befestigt und gleiten beim Schließen des Fensters in die dafür vorgesehenen Schließstücke am Rahmen. Sie lassen sich aber relativ leicht aus dem Schließstück heraushebeln. Anders sieht das allerdings aus, wenn das Fenster mit (möglichst mehreren) Pilzkopfverriegelungen ausgestattet ist. Diese sind nur wenig teurer als die einfachen Modelle, sie erschweren das Aufhebeln des Flügels erheblich. Durch die Pilzform der Zapfen (Foto), die man übrigens bei alten Fenstern auch nachrüsten kann, werden diese deutlich fester im Schließstück verhakt. Das funktioniert allerdings nur mit passenden Schließstücken, die auf die Pilzform abgestimmt sind.

Natürlich bietet die Beschlagsindustrie nicht nur Pilzkopfzapfen, sondern noch viele weitere mechanische Lösungen, um Fenster, und natürlich auch Haustüren, einbruchssicherer zu machen. Das Spektrum reicht von abschließbaren Fenstergriffen und Stahlverstärkungen in Rahmen und Flügel über Verriegelungsteile aus besonders hartem Metall und spezielle Sicherheitsschlösser bis hin zu Haustür-Mehrfachverriegelungen und Schließblechen mit einer Verankerung im Mauerwerk. Wem das noch nicht reicht, der kann die Bauelemente natürlich auch zusätzlich per Alarmanlage elektronisch sichern. Oder er lässt seine Fenster im Erdgeschoss vergittern.

Einbruchs-Widerstandsklassen

Sicherheitsbeschlag mit Pilzkopfverrigelungen

Sicherheitsbeschläge mit Pilzkopfverriegelungen sorgen dafür, dass die Bauelemente deutlich schwerer zu „knacken“ sind. Fotos: Roto

Die Hersteller von Fenstern und Haustüren lassen ihre Produkte in der Regel auf Einbruchssicherheit testen. Daraufhin werden die Bauelemente einer von sechs Widerstandsklassen nach DIN EN 1627 zugeordnet. Die Klasse RC 1 („resistance class“) steht für den niedrigsten und RC 6 für den höchsten Einbruchsschutz. In der DIN werden die verschiedenen Klassen ebenso wie das Testverfahren ausführlich beschrieben.

Nach den Empfehlungen der Polizei sind Fenster und Türen der Widerstandsklassen RC 2 und RC 3 für Privathaushalte in der Regel ausreichend, sofern sie mit einer Sicherheitsverglasung ausgestattet sind (siehe unten). Bauelemente der RC 2 beispielsweise sind nach DIN EN 1627 so definiert, dass sie dem Einbruchsversuch eines „Gelegenheitstäters“, der mit einfachen Werkzeugen wie Schraubendreher, Zange und Keil arbeitet, mindestens drei Minuten standhalten. Für die RC 3 muss das Bauelement mindestens fünf Minuten den Bemühungen eines „gewohnt vorgehenden Täters“ trotzen, der zusätzlich mit einem zweiten Schraubendreher und einem Brecheisen arbeitet. Fenster und Türen der höchsten Widerstandsklasse RC 6 wiederum müssen 20 Minuten dem Einbruchsversuch eines „erfahrenen Täters“ standhalten, auch wenn dieser Elektrowerkzeuge wie Bohrmaschine, Stich- oder Säbelsäge und Winkelschleifer einsetzt.

Sicherheitsglas

Bei einem Fenster hängt die Einbruchssicherheit natürlich auch vom verwendeten Scheibenglas ab. Viele Einbrecher testen als erstes, ob sich die Scheibe zerstören lässt. Oder sie versuchen es spätestens dann, wenn sie merken, dass sich die Fensterflügel nicht aufhebeln lassen. Herkömmliche Isolierverglasungen bieten aber praktisch keinen Einbruchsschutz. Anders sieht es mit Verbund-Sicherheitsgläsern aus. Darunter versteht man ein „Sandwich“ aus zwei oder auch mehreren Scheiben und dazwischen liegenden reißfesten Kunststoff-Folien. Aufgrund der Verarbeitung unter hohen Temperaturen und hohem Druck bilden diese Schichten einen dauerhaft festen Verbund. Wirft man nun beispielsweise einen Stein gegen eine solche Scheibe, dann zersplittert zwar das Glas, aber die Splitter werden durch die elastische Folie weiterhin zusammengehalten. Es entsteht also kein Loch in der Scheibe, durch das der Einbrecher durchgreifen könnte. Auch bei „Panzerglas“ handelt es sich übrigens um Verbund-Sicherheitsglas. Die einzelnen Schichten sind hier nur besonders dicht, sodass sie selbst den Projektilen von Schusswaffen standhalten.

Auch normale Mehr-Scheiben-Isoliergläser lassen sich übrigens mithilfe von Folien sicherheitstechnisch aufrüsten. Diese Folien werden dann einfach von innen auf die Scheibe geklebt. Man sieht so etwas zum Beispiel oft bei Schaufenstern. Ein erhöhter Einbruchsschutz lässt sich schließlich auch durch so genannte Vorsatzfenster erreichen. Dabei handelt es sich um leichte Fensterrahmen (meist aus Aluminium) mit einer sehr schlagfesten Kunststoffscheibe, die von außen am Rahmen des „richtigen“ Fensters befestigt werden. Ein Fenster vor dem Fenster sozusagen. Man kann darüber streiten, ob so etwas besonders hübsch oder praktisch ist, aber sicher ist es allemal.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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