
RAL-Farben sind auch in der Baustoffbranche allgegenwärtig. Foto: Petra Bork / www.pixelio.de.
Was sind eigentlich RAL-Farben?
Wenn der Hausbau vollendet ist, sind die meisten bautechnischen Details hinter schicken Oberflächen verschwunden. Was wir fortan von Wänden, Fassaden, Decken oder Böden noch sehen, sind nur die äußeren Beschichtungen und deren jeweilige Farbigkeit. Ein Begriff, der in diesem Zusammenhang immer wieder auftaucht, ist das Wort RAL-Farben. Doch was versteht man darunter eigentlich?
Auf den ersten Blick scheint die Welt der Farben sehr übersichtlich: Es gibt die Grundfarben Rot, Gelb und Blau und es gibt die „Nichtfarben“ Schwarz, Weiß und Grau. Durch das Mischen der Grundfarben ergeben sich aber noch viele andere Varianten. Mischt man beispielsweise Gelb und Blau entsteht ein Grünton, Blau und Rot erzeugt dagegen violette Töne. Da die Grundfarben in unterschiedlichsten Mengenverhältnissen mischbar sind und zudem mithilfe der Nichtfarben in vielfältigsten Abstufungen aufgehellt oder verdunkelt werden können, ergibt sich letztlich eine schier unendliche Anzahl möglicher Farbtöne.
Ordnung in der Farbenwelt
Dieses reiche Farbspektrum, das uns bei der Gestaltung unserer Lebensräume zur Verfügung steht, ist einerseits eine tolle Sache, andererseits aber auch ziemlich unübersichtlich. Außerdem führt es zu Verständigungsproblemen. Wenn ein Kunde eine blaue Fassadenfarbe ordert, ist das eben leider alles andere als ein eindeutiger Wunsch, wenn man bedenkt, dass es ja theoretisch unendlich viele Blautöne gibt. Um mehr Ordnung in dieses „Chaos“ zu bringen und die Auswahl halbwegs übersichtlich zu machen, wurden so genannte Farbsysteme entwickelt. Darunter versteht man eine begrenzte Palette aus ausgewählten Farbtönen, die eindeutig definiert sind.
Eines der bekanntesten Beispiele für eine solche normierte Farbpalette ist das RAL-Farbsystem, das vom deutschen RAL-Institut erstellt und verwaltet wird. Vor allem in den Herstellungsprozessen der Industrie sind RAL-Farben heute allgegenwärtig. Das gilt auch für die Baustoffbranche: Die Hersteller von Anstrichmitteln und sonstigen Beschichtungen greifen bei der Farbgebung für ihre Produkte regelmäßig auf die RAL-Palette zurück. Neben RAL gibt es auch noch andere Farbsysteme, zum Beispiel RGB für den Bereich der Bildschirmfarben oder CMYK für Druckereierzeugnisse wie Zeitschriften und Bücher.
Was bedeutet RAL?

Konfigurator mit RAL-Farben auf der Website von Caparol.
Die Abkürzung RAL steht für Reichs-Ausschuss für Lieferbedingungen. Dieser wurde in Deutschland bereits 1925 auf gemeinsame Initiative von Wirtschaftsverbänden und der damaligen Reichsregierung gegründet. Ziel war die Etablierung einer unabhängigen Institution, die für unterschiedliche Branchen einheitliche Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen definieren und überwachen sollte. Damit begann auch die erfolgreiche Geschichte der RAL-Gütezeichen, von denen es heute fast 170 gibt, die meisten davon (80) in der Baubranche. RAL-Gütezeichen werden an Gütezeichenbenutzer verliehen, deren Produkte oder Dienstleistungen die jeweiligen Güte- und Prüfbestimmungen erfüllen und die sich der RAL-Güteüberwachung unterwerfen.
Geburtsstunde der RAL-Farben
Bereits im Jahr 1927 erweiterte die RAL-Organisation ihr Aufgabenfeld und entwickelte erstmals eine Palette aus 40 Farbtönen, die durch eine Namenskennzeichnung und die dazugehörige Farbnummer eindeutig definiert wurden. Das war die Geburtsstunde der RAL-Farben, von denen es heute aber deutlich mehr gibt – nämlich insgesamt 2.328 (Stand: Dezember 2016). Die ursprüngliche Farbsammlung „RAL Classic“ umfasst mittlerweile 213 Farbtöne auf Basis wasserlöslicher Lacke. Außerdem hat das RAL-Institut die Farbsammlungen „RAL Effect“ mit 490 Farbtönen und die Sammlung „RAL Design“ mit 1.625 Farbtönen entwickelt.
Für eine Neuaufnahme von Farben in den Katalog hat RAL übrigens einige Richtlinien aufgestellt. Unter anderem muss die Farbe „von übergeordnetem öffentlichem Interesse sein und darf keinen kurzfristigen modischen Einflüssen unterliegen“. Weiterhin muss sie „einen bestimmten Mindestabstand zu bereits vorhandenen Farben haben“, darf nicht umweltschädigend sein und muss witterungsbeständig hergestellt werden können.
Entscheidende Vorteile
Die Aufnahmekriterien erfüllen natürlich auch den Zweck, dass die Farbpalette einigermaßen übersichtlich bleibt. Schließlich ist das einer der Vorteile von Farbsystemen. Die Normung der RAL-Farben hat zudem den Riesenvorteil, dass die Kommunikation über Farbtöne wesentlich vereinfacht wird. In Verkaufssituationen können Anbieter und Kunde anhand der Farbnummern eindeutig und unmissverständlich festlegen, in welcher Farbe ein Produkt geliefert werden soll. Die eindeutige Definition des Farbtons ermöglicht es zudem überhaupt erst, dass dieser überall exakt hergestellt werden kann. Auch spätere Nachlackierungen und Ausbesserungsanstriche werden dadurch viel einfacher.
Bekannte RAL-Farben
Einige Farben der RAL-Palette haben im Laufe der Zeit regelrecht „Karriere gemacht“ und sind heute allgegenwärtig. Beispiele dafür sind der Farbton Ginstergelb (RAL 1032), den die Deutsche Post als Unternehmensfarbe verwendet, das Bordeauxviolett der EU-Reisepässe (RAL 4004) oder das Stahlblau vieler deutscher Polizeiuniformen (RAL 5011). Und auch die deutsche Nationalflagge besteht zu 100 % aus RAL-Farben: Tiefschwarz (RAL 9005), Verkehrsrot (RAL 3020) und Rapsgelb (RAL 1021).
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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