
Feuchtemessung an einer Wand. Foto: Verband Privater Bauherren
Hintergrund: Der Wassergehalt von Baustoffen
Die meisten Baustoffe enthalten Poren oder längliche Hohlräume (Kapillare) und nehmen daher regelmäßig Wasserdampf oder sogar flüssiges Wasser auf. Geschieht dies im Übermaß, dann kann es zu negativen Folgen für die Stabilität und Leistungsfähigkeit der Baustoffe kommen. Es ist daher wichtig, die Materialien vor Wasserschäden zu schützen. Trotzdem wäre es falsch zu behaupten, dass sich Baustoffe und Wasser grundsätzlich „spinnefeind“ seien. Vielmehr ist ein gewisser Feuchtegehalt völlig normal.
Regengüsse, Überschwemmungen, aufsteigende Nässe aus dem Erdreich, Rohrbrüche im Gebäude oder auch übermäßige Kondenswasserbildung in Innenräumen: Die Liste möglicher Ursachen für Wasserschäden an Baustoffen ist lang. Hinzu kommt, dass Materialien wie Beton, Putz, Mörtel, Estriche und Farben nass verarbeitet werden – ein Umstand, der ebenfalls zu Bauschäden führen kann, wenn die notwendigen Trocknungszeiten nicht eingehalten werden. Typische negative Folgen bei zu hoher Wasserbelastung sind beispielsweise das Quellen und Schwinden von Materialien, Verrottungsprozesse durch Bakterien und Pilze, Funktionseinschränkungen bei durchfeuchteten Dämmstoffen, das Auswaschen mineralischer Stoffbestandteile und das Rosten metallischer Baustoffe.
Baustoffe als Feuchtepuffer

Baustoffe und Wasser müssen sich nicht spinnefeind sein. Foto: Lupo / www.pixelio.de
Auf der anderen Seite ist ein gewisser Feuchtegehalt nicht nur normal, sondern auch notwendig. Viele Baustoffe würden schlichtweg auseinanderfallen beziehungsweise zerbröseln, wenn man ihnen sämtliche Feuchtigkeit entzöge. Außerdem besteht zwischen den Materialien und den sie umgebenden Luftschichten ein Austausch von Feuchtigkeit, der vom Menschen in vielen Fällen durchaus gewollt ist. In Innenräumen dienen Wände nicht nur als vorübergehender Puffer für überschüssige Wärmeenergie, sondern sie nehmen auch Wasserdampf aus der Luft auf – als Feuchtepuffer.
Wie die Wärmeenergie strebt eben auch der Wasserdampfdruck stets nach einem Gleichgewichtszustand. Erhöht sich die relative Luftfeuchtigkeit der Raumluft, nehmen die Wandbaustoffe mehr Feuchtigkeit auf; sinkt die Luftfeuchtigkeit, dann geben sie wieder Wasserdampf an die Luft ab. Voraussetzung ist natürlich, dass das Wandmaterial porös genug ist, um überhaupt Wasserdampf aufzunehmen und dass es nicht durch eine Dampfbremse abgeschirmt wird.
Wasserdampfdiffusion
Wenn zwischen zwei benachbarten Räumen ein großer Unterschied bei der Luftfeuchtigkeit beziehungsweise beim Wasserdampfdruck besteht, kommt es sogar zur Wanderung von Wasserdampf durch den Baustoff hindurch. Vorausgesetzt der Baustoff lässt eine solche Wasserdampfdiffusion grundsätzlich zu. Man unterscheidet in diesem Zusammenhang Materialien mit einem hohen Dampfdiffusionswiderstand (z. B. Beton, Schaumkunststoffe) und solche mit einem niedrigen (z. B. Faserdämmstoffe, Porenbeton).
Einen besonders hohen Dampfdiffusionswiderstand bieten Produkte wie Dach- und Dichtungsbahnen oder Luftdichtheitsfolien. Kein Wunder: Sie werden ja schließlich als Dampfsperren eingesetzt, sie schützen Baustoffe also nicht nur vor dem Eindringen von flüssigem Wasser, sondern auch vor Wasserdampf. Das ist in manchen Gebäudebereichen notwendig, um Schäden vorzubeugen. Denn gerade bei Bauteilen, die an Außenbereiche angrenzen, kann der Wasserdampf auch gefährlich werden. Nämlich dann, wenn er im Baustoff auf kühlere Bereiche trifft und dort kondensiert, also als flüssiges Wasser ausfällt.
Wie viel Feuchtigkeit ein Baustoff aufnimmt, hängt also einerseits von der Luftfeuchtigkeit der Umgebung ab und andererseits natürlich auch von der chemischen Struktur des Materials. Manche Baustoffe, wie etwa Metalle, nehmen überhaupt keine Feuchtigkeit auf (nicht mal Wasserdampf), andere relativ viel. Grundsätzlich nehmen offenporige Baustoffe logischerweise leichter Feuchtigkeit auf als eher dichte Stoffe.
Maße für den Feuchtegehalt
Und wie hoch ist nun der Feuchtegehalt unterschiedlicher Baustoffe? Das lässt sich so allgemein leider nicht sagen. Denn wie oben bereits erläutert, wird der Feuchtegehalt stark von äußeren Faktoren beeinflusst: von der relativen Feuchtigkeit der Umgebungsluft und natürlich auch durch direkte Wasserbeanspruchungen (Stichwort: Wasserschaden). Man kann also nicht den allgemeinen Feuchtegehalt eines Baustoffs angeben, sondern immer nur die konkrete Feuchte der Materialien im jeweiligen Einbauzustand messen.
Bei solchen Messungen wird oft der so genannte massebezogene Feuchtegehalt ermittelt. Darunter versteht man das Verhältnis der Masse des im Stoff enthaltenen Wassers zur Masse des wasserfreien Stoffes. Multipliziert man das Ergebnis dieses Bruches mit 100, dann erhält man den Feuchtegehalt des Baustoffs in Masseprozent (M.-%). Wird für einen Baustoff beispielsweise ein Feuchtegehalt von 5 M.-% gemessen, dann bedeutet das, dass die Masse des Wassers, die sich gerade im Baustoff befindet, 5 % (oder ein Zwanzigstel) der Masse des wasserfreien Baustoffs ausmacht. Der Feuchtegehalt gibt also nicht den Wasseranteil am feuchten Baustoff an, sondern das Verhältnis der beiden „Komponenten“ Wasser und trockener Baustoff. Daraus folgt, dass der Wert für den Feuchtegehalt auch mehr als 100% betragen kann. Das ist der Fall, wenn die Masse des Wassers im Baustoff größer ist als es der trockene Baustoff wäre.
Übrigens wird der Feuchtegehalt nicht immer in M.-%, sondern häufig auch in Volumen-% gemessen. Der volumenbezogene Feuchtegehalt gibt das Verhältnis vom Volumen des im Stoff enthaltenen Wassers zum Volumen des wasserfreien Stoffes an.
Der praktische Feuchtegehalt
Auch wenn sich die konkrete Baustofffeuchte aufgrund äußerer Einflüsse häufig verändert, lassen sich die unterschiedlichen Materialien dennoch miteinander vergleichen – und zwar mithilfe einer genormten Kennzahl: dem so genannten praktischen Feuchtegehalt. Dieser wird in DIN 4108 („Wärmeschutz im Hochbau“) folgendermaßen definiert: „Unter praktischem Feuchtegehalt versteht man den Feuchtegehalt, der bei der Untersuchung genügend ausgetrockneter Bauten, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, in 90 % aller Fälle nicht überschritten wird.“
Der praktische Feuchtegehalt wird auch als Ausgleichsfeuchte oder Gleichgewichtsfeuchte bezeichnet. Er gilt für verbaute Baustoffe nach einer längeren Trocknungszeit und wird in der Regel bei einer Raumtemperatur von 20°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 60% gemessen. In Teil 4 der DIN 4108 werden die praktischen Feuchtegehalte für verschiedene Baustoffe aufgelistet. Der Wert beträgt beispielsweise 2 M.-% für Gips und 15 M.-% für Holz, Holzwerkstoffe und pflanzliche Faserdämmstoffe.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
In häuslichen Bädern werden Böden und Wände meist mit Fliesen bekleidet – zumindest in den Bereichen, in denen mit einer Belastung durch Spritzwasser zu rechnen ist. Zwar sind keramische Beläge wasserabweisend, aber es besteht die Gefahr, dass durch das Fugenmaterial Feuchtigkeit in den Untergrund gelangt. Deshalb ist eine Abdichtung unter den ...
mehr »
In Bob Dylans berühmten Folksong „A hard rain’s a-gonna fall“ von 1962 dienen die starken Niederschläge als Metapher für eine...
mehr »
Entwässerung ist ein weites Feld. Im Baubereich ist damit die Abführung von Gebrauchswasser und Niederschlagswasser gemeint – entweder in die...
mehr »