RM Rudolf Müller
Das neue Gebäudeenergiegesetz ersetzt EnEV, EnEG und EEWärmeG. Grafik: Pixabay

Das neue Gebäudeenergiegesetz ersetzt EnEV, EnEG und EEWärmeG. Grafik: Pixabay

Baurecht
17. September 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Gebäudeenergiegesetz verabschiedet

Bisher mussten Hausbesitzer mehrere Gesetze und Verordnungen beachten, wenn es um Dämmvorschriften oder die Wärme- und Kälteerzeugung in ihren Immobilien ging. Diesen Sommer nun wurde nach jahrelangen Diskussionen das neue Gebäudeenergiegesetz verabschiedet. Es tritt am 1. November in Kraft und ersetzt dann die bisherige Energieeinsparverordnung, das Energieeinsparungsgesetz und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz.

Nach Angaben der Bundesregierung entsteht durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ein einheitliches, aufeinander abgestimmtes Regelwerk sowohl für die energetischen Anforderungen an die Gebäudehülle von Neu- und Bestandsgebäuden als auch für den Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteversorgung in diesen Gebäuden.

Die entsprechenden Regeln für Bauherren beziehungsweise Hausbesitzer waren bisher auf die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) verteilt.

Aus drei mach eins

Die bisherige EnEV schreibt für Neubauten und im Sanierungsfall auch für Bestandsgebäude maximale Energieverbräuche für Heizung, Kühlung, Warmwasseraufbereitung und Lüftung vor. Das EnEG ist Teil des deutschen Wirtschaftsverwaltungsrechtes und unter anderem die rechtliche Voraussetzung für die EnEV. Das EEWärmeG formuliert Regeln zum Ausbau erneuerbarer Energien für die Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden.

Das GEG ersetzt also künftig diese drei Regelwerke. Das macht grundsätzlich Sinn, da nun Energieeffizienz und die Art der Energieversorgung von Gebäuden in einem Gesetz geregelt sind. In § 1 des GEG heißt es programmatisch: „Zweck dieses Gesetzes ist ein möglichst sparsamer Einsatz von Energie in Gebäuden einschließlich einer zunehmenden Nutzung erneuerbarer Energien zur Erzeugung von Wärme, Kälte und Strom für den Gebäudebetrieb.

Anforderungen nicht verschärft

Die energetischen Anforderungen der EnEV wurden mit dem GEG nicht verschärft. Grafik: Pixabay

Die energetischen Anforderungen der EnEV wurden mit dem GEG nicht verschärft. Grafik: Pixabay

Laut Bundesregierung soll das Gesetz auch zu einer Vereinfachung und Entbürokratisierung der energetischen Anforderungen an Gebäude führen. Die Rechenverfahren zur Ermittlung des Jahres-Primärenergiebedarfs von neu gebauten Wohngebäuden bleiben allerdings kompliziert (§§ 20–30). Immerhin: Das bereits aus der EnEV bekannte Modellgebäudeverfahren wird in § 31 als „vereinfachtes Nachweisverfahren für ein zu errichtendes Wohngebäude“ fortgeführt. Auf diese Weise können Bauherren und Planer den Nachweis, dass ein Neubau die energetischen Anforderungen des GEG erfüllt, auch ohne Berechnungen erbringen.

Ganz wichtig: Das GEG führt zwar die Regeln der drei genannten Verordnungen/Gesetze in einem einheitlichen Gesetz zusammen, die bisher geltenden Anforderungen für Neubauten sowie für die Sanierung von Altbauten wurden dabei aber nicht verschärft. Offenbar wollte die Bundesregierung das Bauen und Modernisieren nicht durch neue Regeln weiter verteuern. Auch die energetischen Anforderungen der EnEV 2014 und ihre seit 2016 für Neubauten geltenden Standards verlieren durch das neue Gesetz also nicht ihre Gültigkeit. Sie stehen nur künftig nicht mehr in der EnEV (die verschwindet), sondern eben im GEG.

Einführung der Niedrigstenergiegebäude

Das GEG schreibt erstmals verbindlich vor, dass Neubauten künftig als so genannte Niedrigstenergiegebäude zu errichten sind (§ 10). Damit hat die Bunderegierung nun auf die Gebäuderichtlinie der Europäischen Union reagiert, die bereits 2010 festlegte, dass ab dem Jahr 2021 alle Neubauten in der EU Niedrigstenergiegebäude sein müssen. Bei der Frage, was ein Niedrigstenergiegebäude ist, wurde die EU in ihrer Richtlinie allerdings nicht besonders konkret. Die Ausarbeitung der Details hat sie den Mitgliedsstaaten überlassen.

Deutschland hat nun mit dem GEG „geliefert“. In § 3 des von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Gesetzes gibt es zunächst eine sehr allgemeine Definition. Demnach handelt es sich beim Niedrigstenergiegebäude um ein Gebäude, „das eine sehr gute Gesamtenergieeffizienz aufweist und dessen Energiebedarf sehr gering ist und, soweit möglich, zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden soll“. Die konkreten Anforderungen an Niedrigstenergiegebäude sind auf viele verschiedene GEG-Paragraphen verteilt.

Wer sich durch die vielen Verweise durcharbeitet, stellt am Ende fest: Für die neuen Niedrigstenergiebeäude nach GEG gelten erst einmal gar keine schärferen Anforderungen als diejenigen, die bereits zuletzt für Neugebäude nach EnEV galten. Das bisher gültige Anforderungsniveau der EnEV entspräche „dem EU-rechtlich geforderten kostenoptimalen Niveau“ – heißt es dazu erklärend in einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministerium. Letztlich wurde mit dem Niedrigstenergiegebäude also nur ein neues Wort eingeführt. Der energetische Neubaustandard hat sich dadurch nicht verändert.

Grundsatz der Wirtschaftlichkeit

Enthält das GEG überhaupt neue Inhalte? Durchaus. So dürfte sich die Wohnungswirtschaft über den ausdrücklich formulierten „Grundsatz der Wirtschaftlichkeit“ freuen. In § 5 heißt es: „Die Anforderungen und Pflichten, die in diesem Gesetz (…) aufgestellt werden, müssen nach dem Stand der Technik erfüllbar sowie für Gebäude gleicher Art und Nutzung und für Anlagen oder Einrichtungen wirtschaftlich vertretbar sein. Anforderungen und Pflichten gelten als wirtschaftlich vertretbar, wenn generell die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. Bei bestehenden Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen ist die noch zu erwartende Nutzungsdauer zu berücksichtigen.

Verschärfungen seien nicht wirtschaftlich – argumentiert auch das Bundeswirtschaftsministerium. Nichtsdestotrotz schreibt § 9 des GEG eine Überprüfung der Anforderungen an zu errichtende und bestehende Gebäude im Jahr 2023 vor. Im selben Paragraphen heißt es aber auch, dass bei dieser Überprüfung die Bezahlbarkeit des Bauens und Wohnens „ein zu beachtender wesentlicher Eckpunkt“ sein müsse. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit wird also auch in drei Jahren eine große Rolle spielen, wenn erneut entschieden werden muss, ob die energetischen Anforderungen an Gebäude erhöht werden sollten oder nicht.

Neue Innovationsklausel

Ein Zugeständnis an die Wohnungswirtschaft ist auch die neue Innovationsklausel in § 103. Unter anderem erlaubt sie bis Ende 2025 mehr Flexibilität bei der Modernisierung von Quartieren – oder wie es im Gesetz heißt: bei der Änderung von Gebäuden, die in räumlichem Zusammenhang stehen.

Nach einer Sanierung müssen nun nicht mehr zwangsläufig alle Gebäude des Quartiers die hohen energetischen GEG-Anforderungen für modernisierte Bestandsgebäude erfüllen. Es muss nur sichergestellt werden, dass die geänderten Gebäude in ihrer Gesamtheit die Anforderungen erfüllen. Die Wohnungswirtschaft hat also zum Beispiel die Möglichkeit, einzelne Gebäude nicht zu dämmen, wenn stattdessen andere besonders energieeffizient umgebaut werden.

Auch beim Thema Energieausweise bringt das neue GEG übrigens einige Änderungen. Darüber werden wir demnächst in einem eigenen Beitrag informieren.

Dieser Beitrag ist eine Aktualisierung unseres Artikels „Was ist das Gebäudeenergiegesetz?“ von September 2018.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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