
Unwetter mit starkem Hagelschlag zerstörten 2013 tausende deutsche Dächer.
Wie werden Dächer hagelsicher?
Der Begriff „Hagelschaden“ wird gerne mit Autos in Verbindung gebracht. Dass Hagel aber auch das eigene Dach über dem Kopf völlig zerstören kann, ist vielen weniger bewusst. Durch widerstandsfähige Dachbaustoffe lassen sich Schäden allerdings deutlich verringern.
Vor allem im Sommer kommt es vermehrt zu Hagelschlägen. Die mehr oder weniger großen Eisklumpen, die dann vom Himmel fallen, lösen bei den meisten Menschen eine Art freudiges Erstaunen aus. Man schaut fasziniert auf das Naturereignis und denkt: „Oh, es hagelt.“ Doch mit der Faszination ist es schnell vorbei, wenn eigenes Eigentum beschädigt wird. Wobei die Gefahr natürlich von der Größe der Hagelkörner abhängt. Liegt ihr Durchmesser unterhalb von 2 cm, sind sie in der Regel harmlos. Aber manchmal sind die Körner leider deutlich größer. Mitunter erreichen sie sogar Durchmesser von über 10 cm, sind also größer als Tennisbälle und wiegen mehr als ein halbes Kilo. Solche Klumpen fallen mit Geschwindigkeiten von teilweise über 150 km/h auf die Erde. Entsprechend explosiv wirkt dann ihr Einschlag auf Auto- oder Hausdächer.
Hagelschäden an Dächern werden normalerweise von der Wohngebäudeversicherung übernommen. Aber natürlich ist es besser, das Gefahrenpotenzial so weit wie möglich einzuschränken – zum Beispiel, indem man sich für Dacheindeckungen mit hohem Hagelwiderstand entscheidet. Denn längst nicht jede Dachpfanne bietet hier den gleichen Schutzstandard. Doch woran kann der Käufer erkennen, wie widerstandsfähig eine Dacheindeckung gegen die „Eisbomben“ von oben ist? In Deutschland gibt es dazu bisher keine verbindlichen Prüfungen. In Österreich und der Schweiz werden Bauprodukte aber schon heute in so genannten „Hagelregistern“ klassifiziert. Und manche deutsche Hersteller testen ihre Produkte bereits freiwillig nach den Kriterien der Alpenländer.
Das Bewertungssystem des Hagelregisters sieht insgesamt fünf Hagelwiderstandklassen (HW) vor, wobei HW1 einem sehr schwachen und HW5 einem sehr hohen Widerstand entspricht. Eine Dachpfanne, die nur die Anforderungen der HW1 erfüllt, hält einem Hagelkorn mit 1 cm Durchmesser noch stand, nimmt aber bereits Schaden, wenn es zum Aufprall eines Korns mit 2 cm Durchmesser kommt. Bei der Widerstandsklasse 4 halten die Dachbaustoffe dem Aufschlag von Hagelkörnern bis zur Größe eines Tischtennisballes von 4 cm Durchmesser bei einer Geschwindigkeit von bis zu 99 km/h erfolgreich stand.
Im Sortiment der bekannten deutschen Dachziegelhersteller sind HW4-Produkte durchaus geläufig. Das Unternehmen Erlus kann seit 2014 sogar zwei Modelle vorweisen, die in die höchste Hagelwiderstandsklasse 5 eingeordnet wurden. Das ergaben Belastungstests beim Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung im österreichischen Linz. Nach Angaben von Erlus handelt es sich um die ersten Tondachziegel in Europa, denen eine solche Auszeichnung zuteil wurde. HW5 bedeutet, dass der Ziegel bei Aufprall eines Hagelkorns von 5 cm Durchmesser noch schadensfrei bleibt. Ein hundertprozentiger Schutz – sogar gegen Riesenkörner wie die oben beschriebenen 10-cm-Klumpen – lässt sich natürlich auch durch solche Top-Produkte nicht garantieren.
Schutz durch Aufsparrendämmung

Extrem belastbar: Aufsparrendämmung im simulierten Hagelbeschuss.
Wenn tennisballgroße Hagelkörner mit hoher Geschwindigkeit auf das Dach prallen, wie es in Deutschland zuletzt 2013 in einigen Regionen der Fall war, dann haben selbst Dachziegel der höchsten Widerstandsklasse keine Chance. Solche Geschosse können nicht nur die Dacheindeckung selbst, sondern auch die darunter liegenden Unterspann-, Unterdeck- und Unterdachbahnen durchschlagen, sodass ein richtiges Loch in der Dachhaut entsteht. Wenn dann nach dem Hagelschauer der Starkregen einsetzt, kann es schnell zur Überschwemmung ganzer Dachgeschosswohnungen kommen.
Vor diesem Schreckensszenario gefeit sind allerdings Dächer, die über eine Aufsparrendämmung aus Hartschaum verfügen. Der wirkt nämlich wie eine zweite Hagelschutzschicht unterhalb der Bedachung. Der Hersteller Bauder hat diesbezüglich seine Wärmedämmelemente aus PIR (Polyisocyanurat-Hartschaum) testen lassen. Bei den Testreihen am Süddeutschen Kunststoffzentrum wurden die Dämmelemente sogar ohne Bedachung direkt mit einer definierten Kunststoffkugel beschossen. Das erfreuliche Ergebnis: Der elastische Hartschaum hielt sogar einem Kugelbeschuss mit unwahrscheinlichen 200 km/h stand. Damit konnte nachgewiesen werden, dass die Aufsparrendämmung sicher gegen Hagel schützt, auch dann, wenn die Dacheindeckung völlig zerstört wird.