RM Rudolf Müller
Mineralwolle Ultimate

Mineralwolle der Wärmeleitfähigkeit 0,032 W/mK.
Fotos: Saint-Gobain Isover

Dämmstoffe
20. August 2015 | Artikel teilen Artikel teilen

Was bedeuten Wärmeleitfähigkeit, Nennwert und Bemessungswert?

Dämmstoffe sind ein großer Umsatzbringer im Baustoffhandel. Beim Verkauf muss das Personal daher mit den wichtigsten Fachbegriffen vertraut sein. Ein Beispiel ist die Wärmeleitfähigkeit. Was ist das überhaupt und wie wird sie gemessen? Und was versteht man unter den Begriffen Bemessungswert und Nennwert der Wärmeleitfähigkeit?

Die Wärmeleitfähigkeit bezeichnet eine Eigenschaft von festen, flüssigen oder auch gasförmigen Stoffen. Die Kenngröße drückt aus, wie schnell sich Wärmeenergie mittels Wärmeleitung durch den Stoff hindurch ausbreitet. Bei Dämmstoffen wünscht man sich natürlich, dass die Wärmeleitung möglichst langsam erfolgt. Ein Dämmstoff wirkt umso besser, je geringer seine Wärmeleitfähigkeit ist. Je porenreicher, leichter und trockener das Material, umso langsamer verläuft der Wärmetransport und umso besser ist die Dämmwirkung.

Was sagt die Maßeinheit λ aus?

Das Formelzeichen für die Wärmeleitfähigkeit ist λ (Lambda), und die Maßeinheit lautet W/mK (Watt pro Meter mal Kelvin). Eine Leistung von einem Watt entspricht einer Arbeit von einem Joule, die eine Sekunde lang verrichtet wird. Deshalb gilt die Formel: 1 Watt = 1 Joule/s.

Hat ein Dämmstoff nun zum Beispiel eine Wärmeleitfähigkeit von 0,035 W/mK, dann bedeutet das, dass durch einen Würfel aus diesem Material, dessen Seiten ein Meter lang sind, innerhalb einer Sekunde eine Wärmemenge von 0,035 W hindurchfließt, wenn auf zwei Seiten des Würfels ein Temperaturunterschied von 1 K herrscht. Der Temperaturunterschied ist notwendige Voraussetzung dafür, dass überhaupt Wärme fließt. Auch die Wärme in einem Innenraum fließt ja nur dann durch die Außenwände des Gebäudes, wenn es draußen kälter ist als drinnen.

Während die Lambda-Werte von Dämmstoffen durchweg eine Null vor (und nach) dem Komma haben, ist das bei anderen Stoffen ganz und gar nicht so. Zum Vergleich: Kupfer hat eine Wärmeleitfähigkeit von mehr als 380 W/mK, für Edelstahl liegt der Wert bei 15 W/mK und für Holz bei 0,13 W/mK. Aber auch innerhalb der Gruppe der Dämmstoffe gibt es noch ein relativ breites Spektrum. So erreichen Mineralwolle und Kunststoffschäume wie EPS und XPS in der Regel Werte zwischen 0,030 und 0,040 W/mK, während Naturdämmstoffe eher im Bereich oberhalb von 0,040 W/mK angesiedelt sind. Mit Vakuum-Isolationspaneelen (VIPs) wiederum lassen sich extrem niedrige Wärmeleitfähigkeiten zwischen 0,004 und 0,008 W/mK erreichen.

Bemessungswert und Nennwert

Vakuum-Isolationspaneele

Diese Vakuum-Isolationspaneele dämmen mit 0,007 W/mK extrem gut.

Bei der Angabe von Lambda-Werten für Dämmstoffe sorgt immer wieder für Verwirrung, dass manchmal vom Bemessungswert λ, manchmal aber auch vom Nennwert λD die Rede ist. Der Nennwert λD ist der Wert, den die Dämmstoffhersteller im Rahmen der europäischen CE-Kennzeichnung für ihre Produkte deklarieren. Dabei handelt es sich um eine statistische Kennzahl: Der Hersteller darf für seine Dämmstoffe einen bestimmten λD-Wert deklarieren, wenn dieser bei mindestens 90% der Produktionsmenge erreicht wird.

λD war eigentlich als EU-einheitlicher Wert für die Wärmeleitfähigkeit eines bestimmten Dämmstoffs gedacht. Allerdings spielt Deutschland dabei nicht mit. Hierzulande darf der Nennwert nämlich für viele bauphysikalische Berechnungen rund um die Wärmedämmung – zum Beispiel für den Wärmeschutznachweis eines Gebäudes nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) – gar nicht verwendet werden! Stattdessen muss hier mit dem Bemessungswert λ gerechnet werden. Dieser Wert ist nach DIN 4108 im Rahmen einer bauaufsichtlichen Zulassung durch das Deutsche Institut für Bautechnik zu ermitteln.

Der Bemessungswert ist immer etwas höher als der Nennwert, weil bei seiner Bestimmung automatisch ein Sicherheitszuschlag eingerechnet wird. So kann es sein, dass ein Hersteller für seine Mineralwolle im Rahmen der CE-Produktkennzeichnung einen Nennwert von 0,030 W/mK auf seine Verpackungen schreibt, obwohl derselbe Dämmstoff mit einem Bemessungswert von 0,035 W/mK in eine U-Wert-Berechnung einfließen muss.


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Verwirrende Praxis

Die Ursache für diese verwirrende Praxis liegt offenbar darin, dass bei der Nennwertermittlung in Europa mit unterschiedlich hohen Sicherheitszuschlägen operiert wird. Das Deutsche Institut für Bautechnik fordert daher für (ausländische) Dämmstoffe, deren Lambda-Werte nicht nach DIN 4108 ermittelt wurden, einen Sicherheitszuschlag von 20% auf die angegebenen Messwerte, wenn diese hierzulande in bauphysikalische Berechnungen einfließen.

Das gilt für alle Dämmstoffe, die nur das CE-Kennzeichen tragen. Anders sieht es mit in Deutschland gehandelten Dämmstoffen aus, die zusätzlich zum CE-Kennzeichen auch das sogenannte Ü-Zeichen tragen – also das nationale Übereinstimmungszeichen. Bei ihnen wurde der Lambda-Wert nach DIN 4108 ermittelt. Daher muss nur ein Sicherheitsaufschlag von 5% erfolgen.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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