RM Rudolf Müller
Farbenvielfalt bei Mineralwolle

Neue Farbenvielfalt: Glaswolle ist traditionell gelb, doch in den letzten Jahren haben manche Hersteller auch andersfarbige Produkte auf den Markt gebracht. Fotos: Fachverband Mineralwolleindustrie (2, Knauf Insulation

 
Dämmstoffe
05. November 2013 | Artikel teilen Artikel teilen

Was ist der Unterschied zwischen Glas- und Steinwolle?

Neben EPS („Styropor“) ist Mineralwolle der im Bauwesen am häufigsten verwendete Dämmstoff. Er wird insbesondere geschätzt, weil er eine gute Wärmedämmung mit relativ hohem Schallschutz verbindet und zudem nicht brennbar ist. Wer sich für Mineralwolle entscheidet, muss allerdings noch wählen, ob er mit Glaswolle oder Steinwolle dämmen möchte. Aber was ist der Unterschied?

Beide Mineralwollearten sind Dämmstoffe, die im Wesentlichen aus mineralischen Rohstoffen bestehen. Für beide werden die Rohstoffe in einem Ofen bei etwa 1.300 bis 1.500 Grad Celsius geschmolzen und anschließend zu Wollefasern weiterverarbeitet.

Rohstoffe

Bei Glaswolle kommt als Rohstoff vor allem Altglas zum Einsatz. Der Anteil beträgt oft bis zu 70 oder sogar 80 Prozent, je nach Herstellerrezeptur. Dazu kommen in der Regel noch Sand, Kalkstein und Sodaasche, aber auch Schnittreste aus der Glaswolleproduktion. Zur Herstellung der durchschnittlich etwas teureren Steinwolle werden dagegen Steine wie Basalt, Kalkstein, Feldspat oder Dolomit geschmolzen. Auch hier fließt zudem Recycling-Steinwolle in die Produktion ein, und manche Hersteller setzen zudem auf bis zu 25 Prozent Altglas.

Letzteres mag überraschen, ist andererseits aber auch nicht so verwunderlich, wenn man bedenkt, dass ja auch Glas ursprünglich aus Gesteinsmaterial besteht. Schließlich ist es größtenteils aus Quarz (Siliziumdioxid) aufgebaut, Hauptbestandteil der meisten Sandvorkommen. Und Sand ist ein Verwitterungsprodukt von Erdgesteinen. Insofern kann man also die Frage „Was hat Glas in Steinwolle zu tun?“ beantworten mit: Glas besteht eben auch aus Steinen.

Damit wird aber auch bereits deutlich, dass die Grenze zwischen Glas- und Steinwolle in der Praxis manchmal nicht so leicht zu ziehen ist. Die beiden Mineralwolletypen haben nicht nur größtenteils sehr ähnliche Eigenschaften, auch ihre Rohstoffbasis ist alles andere als grundverschieden.

Von der Schmelze zur Wolle

Auch der Herstellungsprozess von der Rohstoffschmelze bis zur Faserstruktur der Dämmstoffe (der so genannte Spinnprozess) ist bei Glas- und Steinwolle im Wesentlichen identisch. Beim Schleuderverfahren trifft die Schmelze tröpfchenweise auf eine sich drehende Schwungscheibe. Durch die Zentrifugalkräfte der Drehbewegung werden einzelne Fasern von den Rändern der Schwungscheibe abgeschleudert. Häufig verwendet wird auch das so genannte Blasverfahren, bei dem ein dünner Strahl Schmelze mit Gas oder Dampf angeblasen wird, wodurch er zerfasert. Die im Spinnprozess entstehenden Fasern werden miteinander verfilzt und lassen sich dann, nach Zugabe von organischen Kunststoffharzen als Bindemittel, zu Dämmstoffware formen. Neben dem Bindemittel werden der Fasermasse auch geringe Mengen Mineralöl (etwa 0,5 Prozent) zur Staubbindung beigemischt.

Mineralwolle wird in unterschiedlichsten Varianten angeboten: Vom weichen Klemmfilz für die Zwischensparrendämmung bis hin zum hoch verdichteten, begehbaren Material – etwa für die Dämmung der obersten Geschossdecke – werden zahlreiche Produkte angeboten, deren Rohdichten von 12 kg bis hin zu 200 kg pro Kubikmeter reichen. Entsprechend groß ist auch das Spektrum bei der Wärmeleitfähigkeit, das vom Spitzenwert 0,032 W/mK bis hin zu Platten mit Werten um die 0,050 W/mK reicht. Es gibt also nicht die Mineralwolle, aber auch nicht die Glaswolle oder die Steinwolle. Stattdessen findet man in beiden Segmenten Produkte mit sehr unterschiedlichen Materialeigenschaften.

Die wichtigsten Unterschiede

Außenwanddämmung im Holzrahmenbau

Steinwolle wird auch als Außenwanddämmung im Holzrahmenbau eingesetzt. Foto: Rockwool

Trotz aller Gemeinsamkeiten gibt es auch Unterschiede zwischen Glas- und Steinwolle. Das fängt bei der Optik an. Glaswolle ist traditionell gelb, wird aber seit einigen Jahren von manchen Herstellern auch in schneeweiß oder braun angeboten. Steinwolle ist in der Regel gelbgrün bis graugrün.

Neben diesen optischen Aspekten gibt es auch echte Unterschiede bei den stofflichen Eigenschaften. So sind Steinwolleprodukte schwerer als normale Glaswolleprodukte, sie haben eine höhere Rohdichte. Die Dämmstoffplatten sind daher meist druckfester, dadurch aber auch weniger flexibel und komprimierbar. Im Steildachbereich kommt daher häufiger Glaswolle zum Einsatz, weil sich der flexiblere Dämmstoff besser zwischen die Sparren klemmen lässt. Dafür bietet Steinwolle in der Regel bessere Schallschutzeigenschaften als Glaswolle.

Mineralwolle gilt generell als nicht brennbar, aber Steinwolle ist darüber hinaus hitzebeständiger. Während konventionelle Glaswolle bei etwa 700 °C zu schmelzen beginnt, ist Steinwolle gegenüber Temperaturen bis zu etwa 1.000 °C beständig. Insbesondere bei nicht feuerwiderstandsfähigen Gebäudestützen, wie Stahl- oder Holztragwerken, wird deshalb häufig auf Steinwolle als Abschottung gesetzt.

Wie oben bereits angedeutet, verschwimmen die Unterschiede zwischen den beiden Mineralwolletypen aber zunehmend. Dazu abschließend ein Beispiel: Der Glaswolleproduzent Isover vertreibt seit einigen Jahren ein neues Produkt unter der Marke „Ultimate“, das nach Angaben des Herstellers „wie Glaswolle hergestellt“ wird, zugleich aber die positiven Eigenschaften von Glas- und Steinwolle in einem Produkt vereinen soll.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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