RM Rudolf Müller
Photovoltaik-Anlage auf einem Dach

Photovoltaik sieht so einfach aus, basiert aber auf ziemlich komplizierten Prozessen.
Foto: Braas

Energetisches Bauen
02. Juli 2013 | Artikel teilen Artikel teilen

Erklärt: Wie funktioniert eine Photovoltaikanlage?

In Deutschland decken heute bereits rund 1,3 Millionen Solarstromanlagen knapp fünf Prozent des Strombedarfs. Und ein Ende des Wachstums scheint noch lange nicht in Sicht. Auch im Baustoffhandel wird das Thema Photovoltaik zunehmend wichtig, allerdings fehlt es oft noch am Know-how. Dieser Beitrag beschäftigt sich daher mit der grundsätzlichen Frage, wie Solarstrom eigentlich entsteht. Dafür müssen wir teilweise ganz schön tief in die Welt der Chemie und Physik eintauchen. Starker Tobak, zugegeben – aber es lohnt sich!

Als Photovoltaik (PV) bezeichnet man die Umwandlung von Lichtenergie in elektrischen Strom mithilfe von Solarzellen. Letztere sind der entscheidende Bestandteil von Solarmodulen, sozusagen deren Funktionszellen. Die Module findet man vor allem auf Hausdächern, aber auch gebäudeunabhängige Solarparks nehmen immer mehr zu. Als Lichtquelle dient sinnigerweise die Sonne, schließlich stellt sie uns die Lichtenergie gratis zur Verfügung. Aber woraus besteht nun eine einzelne Solarzelle und was passiert in ihr, wenn Sonnenstrahlen auf sie treffen?

Woraus bestehen Solarzellen?

Solarzellen gibt es mittlerweile aus unterschiedlichsten Materialien, und es kommen regelmäßig neue hinzu, denn die PV-Forschung arbeitet mit Hochdruck daran, alternative Stoffe ausfindig zu machen, mit denen sich leistungsfähigere Zellen bauen lassen als die heutigen. Große Fortschritte hat die Forschung in den letzten Jahren zum Beispiel im Bereich der so genannten organischen Solarzellen gemacht. Diese bestehen aus speziellen, elektrisch leitfähigen Kunststoffen und können vergleichsweise günstig hergestellt werden.

Allerdings ist der Wirkungsgrad dieser Zellen bislang deutlich niedriger als der von klassischen Solarzellen, die aus „Halbleitern“ bestehen. Darunter versteht man Materialien, die bezüglich ihrer Fähigkeit, elektrischen Strom zu leiten, gewissermaßen „Zwitterwesen“ sind. Sie stehen irgendwo zwischen den Isolatoren (z. B. Porzellan, Glas und viele Kunststoffverbindungen), die so gut wie gar keinen Strom leiten, und den Metallen, die bekanntlich eine sehr hohe Leitfähigkeit haben. Bei Halbleitern ist die elektrische Leitfähigkeit dagegen temperaturabhängig. Bei Temperaturen um den Nullpunkt verhalten sie sich praktisch wie Isolatoren, aber bei steigenden Gradzahlen – zum Beispiel ausgelöst durch Sonneneinstrahlung – nimmt die Leitfähigkeit kontinuierlich zu.

Dotierung von Halbleitern

Der bis heute am weitesten verbreitete Halbleiter in Solarzellen ist Silizium. Dieses kristalline Element wird aus Quarzsand (Siliziumdioxid) gewonnen. Allerdings wird Silizium in Solarzellen nicht in Reinform verwendet, sondern zuvor stofflich derart „manipuliert“, dass innerhalb des festen Kristalls ein schwaches elektrisches Spannungsfeld entsteht. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer „Dotierung“ des Halbleiters.

Im Rahmen der Dotierung baut man zum Beispiel eine größere Anzahl von Phosphor-Atomen in die eine Hälfte des Siliziums ein. Diese gehen eine feste Verbindung mit den Silizium-Atomen ein – sie fügen sich also fest in das Kristallgitter ein. Da aber Phosphor in seiner äußeren Atomschale ein bindungsfähiges Elektron mehr besitzt als Silizium, bleibt bei jeder dieser Bindungen sozusagen eine freie negative Ladung „übrig“. In die andere Hälfte des Siliziums baut man beispielsweise Bor-Atome ein, die in ihrer äußeren Schale ein Elektron weniger haben als Silizium. Bei der Verbindung der beiden Elemente entstehen deshalb „Löcher“ im Kristallgitter, weil nicht alle Bindungselektronen des Siliziums auf Seiten des Bors einen „Partner zum Andocken“ finden.

Als Ergebnis des ganzen Dotierungsvorgangs ist nun also ein Stück modifiziertes Silizium entstanden, das über zwei Pole verfügt: Auf der einen Seite gibt es einen Bereich mit überzähligen freien Elektronen, auf der anderen Seite einen Bereich mit „Bindungslöchern“, in denen eigentlich Elektronen fehlen. Es ist daher ein zumindest schwaches elektronisches Feld entstanden – zwischen den Polen herrscht eine Spannung. Würden sich die freien Elektronen nun in die Richtung des anderen Pols bewegen, um die Löcher zu „stopfen“, dann würde Strom fließen. Aber das tun sie nicht so einfach. Dafür ist die Bindung der negativen freien Elektronen an ihren positiven Atomkern viel zu groß. Außerdem hatten wir ja schon festgehalten, dass Silizium im Normalzustand ein nur schwach leitendes Material ist. Damit Strom fließt, bedarf es daher eines zusätzlichen Auslösers von außen: das Sonnenlicht!

Photoelektrischer Effekt

Preisindex für Photovoltaik-Anlagen

Solarstrom boomt nicht zuletzt deshalb, weil die Module immer preiswerter werden.
Grafik: BSW-Solar

Albert Einstein hat Anfang des 20. Jahrhunderts eine neue Vorstellung von dem geprägt, was wir „Licht“ nennen. Demnach hat die elektromagnetische Strahlung der Sonne einen materiellen Charakter – sie besteht aus Lichtteilchen, die Einstein „Photonen“ taufte. Darunter verstand er Elementarteilchen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Die von uns wahrgenommene spezielle Eigenschaft des Lichtes – das „Leuchten“ – ist demnach eine Folge der sehr schnellen Bewegung der Teilchen. Man kann sich diesen Zusammenhang ganz gut am Beispiel von Eisen veranschaulichen, das stark erhitzt wird. Irgendwann beginnt das Metall zu glühen, und zwar deshalb, weil seine Elementarteilchen in hoher Geschwindigkeit um ihre Ruhelage „zappeln“.

Die These, dass Licht aus Teilchen besteht, leitete Einstein aus einer erstaunlichen wissenschaftlichen Entdeckung ab, die bereits im 19. Jahrhundert gemacht wurde: Lichtstrahlen, die auf eine Metallplatte auftreffen, können dabei einzelne Elektronen aus dieser Platte herausschlagen. Dieses Phänomen, das als photoelektrischer Effekt bezeichnet wird, ist letztlich auch die Grundlage für die Stromgewinnung durch Photovoltaik.

Halten wir uns dafür noch einmal die oben beschriebene, dotierte Silizium-Solarzelle vor Augen. In ihr befinden sich an der einen Seite eingebaute Phosphoratome mit einem freien Elektron in der äußeren Schale. Trifft nun die Photonenstrahlung der Sonne auf diese Zelle, dann passiert Folgendes: Einzelne Photonen treffen auf die freien Elektronen und geben dabei ihre Energie an diese ab. Dieser Vorgang, der auch als „Lichtabsorption“ bezeichnet wird, verleiht den Elektronen gewissermaßen Flügel. Sie haben nun die notwendige Energie, um sich von ihrem Atomkern zu lösen und sich auf Wanderschaft zu den „Elektronenlöchern“ auf der anderen Seite des Siliziums zu machen. Unterstützt wird dieser Vorgang dadurch, dass der Halbleiter Silizium von der Sonne erwärmt und damit leitfähiger geworden ist. Und was entsteht, wenn sich Elektronen bewegen, wissen wir ja alle noch aus dem Physikunterricht: Strom!



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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