RM Rudolf Müller
Fassade mit Solarthermie-Kollektoren

Röhrenkollektoren – hier montiert an einer Hausfassade – überzeugen durch einen besonders hohen Wirkungsgrad. Foto: BSW-Solar/Viessmann

 
Energetisches Bauen
09. Juli 2013 | Artikel teilen Artikel teilen

Solarthermie: Einfach und effizient Wärme gewinnen

Seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes boomt die Solartechnik in Deutschland. In der öffentlichen Wahrnehmung steht dabei die Solarthermie meist im Schatten der Photovoltaik. Dabei ist die Wärmegewinnung aus Sonnenlicht bisher technisch ausgereifter und wirtschaftlich effizienter als die Photovoltaik. Der folgende Beitrag befasst sich mit der Bedeutung und Funktionsweise einer einfachen und oft unterschätzten Technik.

Nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft gibt es derzeit rund 1,8 Mio. Solarwärmeanlagen in Deutschland. Zum Vergleich: Die Photovoltaik kommt nur auf etwa 1,3 Millionen Anlagen. Eigentlich müsste der Vorsprung aber noch viel größer sein, wenn man bedenkt, dass in einem durchschnittlichen Haushalt etwa 87 Prozent der benötigten Energie für die Wärmeerzeugung anfällt und nur 13 Prozent für Strom. Hinzu kommt, dass die Technik der solaren Wärmegewinnung bisher effektiver und wettbewerbsfähiger arbeitet als die solare Stromerzeugung – auch wenn die Photovoltaik in diesem Punkt kontinuierlich aufholt.

Leistungsfähige Technik

Wie leistungsfähig die Solarthermie ist, verdeutlicht der Wirkungsgrad der Anlagen. Während dieser bei herkömmlichen Silizium-Photovoltaikzellen um die 20 Prozent beträgt, können Solarwärmeanlagen unter optimalen Rahmenbedingungen Werte bis zu 70 Prozent und mehr erreichen. Das heißt: 70 Prozent der Sonnenenergie, die auf die Solarkollektoren fällt, wird in Wärmeenergie umgewandelt. Schon mit einer Kollektorfläche von etwa fünf Quadratmetern kann man zum Beispiel etwa 60 Prozent des in einem Einfamilienhaus benötigten Warmwassers erzeugen.

Trotzdem wächst die Kollektorfläche in Deutschland in den letzten Jahren nur noch schwach, während die Photovoltaik deutlich stärker zulegt. Das hängt einerseits mit den stark fallenden Preisen der Solarstromanlagen zusammen und andererseits mit der aktuellen Förderpolitik. Für Solarstrom garantiert der Gesetzgeber nach wie vor 20 Jahre lang eine feste Vergütung, wenn der Eigentümer der Anlage ihn nicht selber nutzt. Bei Solarthermie gibt es dagegen nur einmalige Investitionszuschüsse für die Anlage selbst.

Immerhin wurde die Förderung zuletzt erhöht: Seit 2012 können Hausbesitzer, die in eine Solarheizung investieren, einen Zuschuss von mindestens 2.000 Euro aus dem Marktanreizprogramm der Bundesregierung in Anspruch nehmen. Und seit März 2013 können sie diesen Zuschuss noch mit einem besonders günstigen Kredit der KfW-Bank kombinieren („Förderprogramm 167“).

Funktionsweise der Kollektoren

Bei der Solarthermie wird Sonnenlicht mithilfe von Kollektoren in Wärmeenergie umgewandelt. Diese wird dann meist an einen Brauchwasserspeicher abgegeben, der wiederum mit den Trinkwasser- und/oder Heizungsrohren des Gebäudes verbunden ist.
Das Grundprinzip solcher Kollektoren ist einfach: Das Sonnenlicht erwärmt einen Absorber, der von zahlreichen kleinen Röhren durchzogen ist. In diesen Röhren befindet sich eine Wärmeträger-Flüssigkeit, die Wärme aufnimmt und sie über ein Rohrsystem sowie einen Wärmetauscher an das Wasser im Speicher abgibt. Anschließend fließt sie abgekühlt zur Kollektoranlage zurück.

Flach- und Vakuumröhrenkollektoren

Dach mit Solarthermie-Kollektoren

Die meisten Solarwärmeanlagen arbeiten mit so genannten Flachkollektoren. Bei diesen dient als Absorber meist ein dunkles Metallblech, das die Wärme gut leitet und die oben beschriebenen Röhren enthält. Der Absorber wird normalerweise in einen Metallrahmen eingefasst, rückseitig mit herkömmlichen Dämmstoff isoliert und auf der Vorderseite mit einem entspiegelten Glas abgedeckt – fertig ist der Flachkollektor.

Etwas seltener kommen so genannte Röhrenkollektoren zum Einsatz, die einen höheren Wirkungsgrad haben und daher auch teurer als Flachkollektoren sind. Ihre Bauweise ist etwas aufwändiger. Sie bestehen aus mehreren Glasröhren, die nebeneinander auf den Kollektorrahmen montiert sind. In jeder dieser Röhren befindet sich ein weiteres Glasrohr und zwischen innerem und äußeren Rohr ein Vakuum.

Als Absorber fungieren hier viele kleine Blechstreifen, die sich in den inneren Glasröhren befinden und natürlich ebenfalls an Leitungen mit Wärmeträgerflüssigkeit angeschlossen sind. Entscheidend bei dieser Bauweise ist das Vakuum um die Glasrohre mit den Absorberblechen. Es lässt die Übertragung der Sonnenenergie zum Absorber zu, verhindert anschließend aber sehr zuverlässig jeglichen Wärmeverlust des Kollektors. Obwohl sich das innere Glasrohr und der Absorber stark erhitzen, bleibt die äußere Glashülle völlig kalt.

Blick in die Zukunft

Man darf gespannt sein, ob die oben geschilderten neuen Fördermöglichkeiten in den nächsten Jahren das Wachstum bei der Solarthermie wieder stärker ankurbeln. Die Solartechnik insgesamt bleibt zweifellos auch in der Zukunft ein großer Wachstumsmarkt. Allerdings ist der Platz auf den Dächern begrenzt und so bleibt abzuwarten, ob die privaten Investoren künftig auch weiter auf Solarwärme oder noch mehr auf Solarstrom setzen. Wenn sich die Photovoltaik bei Modulpreisen und Wirkungsgrad weiterhin deutlich verbessert und die Forschung effektivere Stromspeicher liefert, könnte die Solarthermie das Nachsehen haben. Denn mit dem Solarstrom, den die Photovoltaik liefert, kann man schließlich vieles machen – auch Wärme erzeugen.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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