RM Rudolf Müller
Moderne Rinne mit integrierter Regenwasserfiltration für die Flächenentwässerung

Moderne Rinne mit integrierter Regenwasserfiltration für die Flächenentwässerung. Foto: Birco

Entwässerung
02. Oktober 2013 | Artikel teilen Artikel teilen

Erklärt: Was Entwässerungstechnik bedeutet

Entwässerung ist ein weites Feld. Im Baubereich ist damit die Abführung von Gebrauchswasser und Niederschlagswasser gemeint – entweder in die Kanalisation oder auf Versickerungsflächen. Dabei kommt eine Vielzahl von künstlichen Kanälen, Rohren, Rinnen und Drainagesystemen zum Einsatz. Dieser Artikel bietet einen kurzen Überblick über die unterschiedlichen Aufgabenbereiche. 

In Sachen Entwässerung hat die Moderne in Deutschland erstaunlich spät Einzug erhalten. Bei Typhus- und Choleraepidemien denkt man ja gemeinhin eher an das Mittelalter, tatsächlich waren sie aber noch im 19. Jahrhundert weit verbreitet. Eine Hauptursache waren mangelnde hygienische Zustände in den Städten, die im Zuge der Industrialisierung ein rasantes Wachstum erlebten, zugleich aber noch nicht über eine geordnete Abwasserentsorgung verfügten. Man kann es sich heute gar nicht mehr vorstellen, aber das erste moderne Kanalisationssystem in Deutschland entstand erst im Jahre 1856 in Hamburg. Und erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden ein durchgehendes Kanalsystem und kurz darauf auch die Abwasserreinigung allmählich zum Normalfall in unseren Städten. Vor allem in ländlichen Gebieten hat man Abwasser aber sogar noch bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg oft noch in dezentralen Senk- und Sickergruben entsorgt.

Gebäudeentwässerung

Heute kommt es nur noch selten vor, dass Grundstücke in Deutschland keinen Anschluss an die öffentliche Abwasserkanalisation haben. Grundsätzlich kann man das moderne Entwässerungssystem in zwei große Bereiche unterscheiden: die Gebäude- und die Flächenentwässerung. Dabei zählt man zur Gebäudeentwässerung auch das Niederschlagswasser, das von den Dachflächen über Dachrinnen und Fallrohre abgeleitet wird. Außerdem ist natürlich die innerhäusliche Abwasserentsorgung ein Teil der Gebäudeentwässerung. Für diesen Bereich bieten die Hersteller von Entwässerungstechnik neben Rohrsystemen auch viel zusätzliche Haustechnik an: zum Vermeiden von Überschwemmungen oder zur dezentralen Abwasserreinigung.

Mithilfe von Rückstausicherungen wird zum Beispiel verhindert, dass bei einem Stau im Kanalsystem das Abwasser in die Hausabflussleitungen zurückgedrückt wird und es dadurch im Kellerbereich zu Überschwemmungen kommt. Technisch geschieht das meist durch Rückstauklappen innerhalb der Abflussrohre, die bei Wasserdruck öffnen – allerdings nur in Fließrichtung des Kanals, nicht umgekehrt. Im Gegensatz zu solchen passiven Rückstausicherungen handelt es sich bei Hebeanlagen um Pumpensysteme, mit denen man Abwasser auf ein höher liegendes Niveau pumpt, von dem aus es rückstausicher in den Kanal geleitet werden kann. Hebeanlagen kommen dort zum Einsatz, wo kein natürliches Rohrgefälle zum Kanal vorhanden ist.

Zur Haustechnik rund um die Gebäudeentwässerung gehören ferner Kleinkläranlagen, mit denen Abwasser in mehreren Stufen gereinigt und dann meist zur Versickerung in das Erdreich geleitet wird. Solche Anlagen kommen zum Beispiel an Orten zum Einsatz, an denen es keinen Anschluss an die öffentliche Kanalisation gibt.

Schließlich zählt man zur Gebäudeentwässerung auch die so genannte Gebäudedrainage. Dabei geht es insbesondere darum, Kelleraußenwände vor Grundwasser oder versickerndem Niederschlagswasser zu schützen. Meist kommen Drainagerohre zum Einsatz, die mit ihren porösen oder gelochten Rohrwandungen das Wasser aufnehmen und ableiten können.

Flächenentwässerung

Entwässerungsrinne mit Unterteil aus Polymerbeton

Entwässerungsrinne mit Unterteil aus Polymerbeton. Foto: ACO

Neben der Gebäudeentwässerung gibt es als zweiten großen Bereich die Flächenentwässerung. Darunter versteht man die Ableitung von Niederschlagwasser von befestigten Flächen, auf denen die Niederschläge nicht versickern können. Wenn die Fläche über ein ausreichendes Gefälle verfügt, kann sie über einen zentralen Ablauf entwässert werden. Man spricht dann von einer Punktentwässerung, weil das Wasser, wie zum Beispiel bei einem Gully, an einer Stelle zusammengeführt und von dort aus über Rohre in das Kanalsystem abtransportiert wird.

Bei Flächen mit nur geringer Neigung kommen dagegen Linienentwässerungen zum Einsatz. Das sind die klassischen Entwässerungsrinnen, deren Unterteile man im eingebauten Zustand nicht sieht, weil sie sich unterhalb der Bodenoberfläche befinden. Sichtbar sind nur die Rostabdeckungen. Eine Spezialform der Linienentwässerung sind Schlitzrinnen. Diese haben keine Rostabdeckung, aber dafür besteht die Rinnenöffnung an der Oberfläche nur aus einem sehr schmalen Schlitz, sodass eine Verunreinigung des Rinnenkörpers durch Abfall, Blätter oder Äste weitgehend vermieden werden kann.

Die Rinnenkörper selbst, also die Unterteile, gibt es in unterschiedlichen Materialvarianten: von Stahl und Gusseisen über Stahlbeton und Kunststoff bis hin zu faserbewehrtem Beton und Polymerbeton. Was es mit diesen Materialien auf sich hat und für welche Einsatzbereiche sie vorrangig verwendet werden, verraten wir im nächsten Fachwissen-Beitrag.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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