RM Rudolf Müller
bunte Putzfassaden

Putzfassaden sind mitunter ein echter Blickfang, aber nicht jeder Putz eignet sich für den Außenbereich. Foto: quick-mix

Fassade und Massivbau
18. April 2013 | Artikel teilen Artikel teilen

Was ist der Unterschied zwischen mineralischen Putzen und Kunstharzputzen?

Ist die Wand gemauert, wird irgendwann die Fassade verputzt – wenn sich der Hausbesitzer nicht für Sichtmauerwerk entscheidet. Dabei ist die Wahl des richtigen Putzes eine Wissenschaft für sich. Das Angebot ist riesig und wirkt auf den ersten Blick sehr unübersichtlich. Ein wenig Orientierung bietet die grobe Unterscheidung zwischen mineralischen Putzen und Kunstharzputzen. Wir erklären den Unterschied.

Etwas übersichtlicher wird das Angebot auch dadurch, dass einige Putzarten für die Anwendung an der Fassade von vorneherein ausscheiden. Gips- und Lehmputze sind in der Lage, sehr viel Feuchtigkeit aufzunehmen. In Innenräumen wird das als Beitrag zur Regulierung der Luftfeuchtigkeit durchaus geschätzt, im Außenbereich ist diese Eigenschaft aber problematisch. Beide Materialien würden nämlich bei längerer Bewitterung durch Regen und Schnee zunehmend weich werden. Lehm ist sogar wasserlöslich.

Kunstharzputze

Als besonders widerstandsfähig und damit sehr gut geeignet für den Außenbereich gelten dagegen Kunstharzputze. Ihren Namen tragen sie aufgrund des verwendeten Bindemittels. Kunstharz ist ein Kunststoff, der in den Putzen als Dispersion enthalten ist – also fein verteilt in Wasser. Deshalb spricht man auch oft von Dispersionsputz. Kunstharz gehört außerdem zu den organischen Bindemitteln, weil es, wie alle Kunststoffe, aus Kohlenstoffverbindungen zusammengesetzt ist.

Zu den größten Vorteilen von Kunstharzputzen gehört die große Elastizität des Materials. Der Putz ist in der Lage, sich Verformungen des Untergrundes – zum Beispiel durch Hitze- oder Feuchtigkeitseinwirkungen – sehr flexibel anzupassen. Das vermindert die Gefahr von Putzrissen. Die Elastizität macht den Putz zudem relativ unempfindlich gegenüber mechanischen Belastungen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Kunstharzputze auf unterschiedlichsten Untergründen gut haften. Außerdem härten sie schneller aus und können deutlich dünner aufgetragen werden als mineralische Putze.

Kunstharzputz ist sehr wasserabweisend und nimmt auch kaum Wasserdampf auf. Das ist für den Einsatz an stark bewitterten Fassaden einerseits von Vorteil, hat aber auch Nachteile. Da Feuchtigkeit nicht in das Material eindringen kann, trocknet die Oberfläche nur langsam ab, was die Putze relativ anfällig für Algen- und Pilzbefall macht. Deshalb verwenden die Hersteller häufig Fungizide und Algizide in den Putzen – also Wirkstoffe, die Pilzsporen und Algen abtöten.

Mineralische Putze

Putzmörtel wird aufgetragen

Mineralische Putze benötigen deutlich längere Trockenzeiten als Kunstharzputze. Foto: Baumit

Die zweite große Gruppe sind die mineralischen Putze. Sie werden mithilfe von anorganischen Bindemitteln hergestellt, die in ihrer stofflichen Zusammensetzung mineralischen Ursprungs sind. Als Minerale bezeichnet man die natürlich vorkommenden kristallinen Stoffe, aus denen die Gesteine der Erde zusammengesetzt sind. Die häufigsten Bindemittel für mineralische Putze sind Kalk und Zement. Wobei Zement verschiedene Minerale enthält – meist Kalk, Quarzit und zu geringen Anteilen Tonerde und Roteisenerz.

Ein großer Vorteil mineralischer Putze ist ihre Diffusionsoffenheit. Sie können Feuchtigkeit aufnehmen und schadlos wieder abgeben. Außerdem sind sie alkalisch (das Gegenteil von sauer) und daher auf natürliche Weise unempfindlich gegen Schimmelpilzbefall.
Verglichen mit den Kunstharzputzen sind mineralische Putze allerdings in der Regel anfälliger für Rissbildungen. Vor allem Zementputz ist diesbezüglich gefährdet, weil er einerseits zwar eine sehr harte und belastbare Oberfläche ausbildet, andererseits aber Spannungen im Putzuntergrund nicht so gut abfedern kann. Um dieses Problem zu mildern, werden im Außenbereich häufig Kalkzementputze eingesetzt, wobei die Beimischung von Kalk dafür sorgen soll, dass der Putz weniger spröde ist.

Möchte man einen reinen Kalkputz für die Fassade verarbeiten, kommt es auf die Details der Zusammensetzung an, denn nicht alle Kalkputze sind für den Außenbereich überhaupt geeignet. So genannte Luftkalkputze und hydraulische Kalkputze dürfen zum Beispiel an Fassaden, die häufig bewittert werden, nicht eingesetzt werden, weil es sonst zu Bindemittelauswaschungen kommen kann. Wasserunlöslich und damit geeignet ist dagegen hochhydraulischer Kalkputz. Grundsätzlich benötigt Kalkputz allerdings längere Trocknungszeiten als Zementputz.

Kompromisslösungen

Um die jeweiligen Nachteile der beiden großen Putzarten auszugleichen, hat die Baustoffindustrie auch neuartige Produkte, die gewissermaßen eine Mischung aus mineralischen und Kunstharzmaterialien darstellen. Das Bindemittel im so genannten Silikatputz besteht aus Kali-Wasserglas und einer Kunstharzdispersion. Das Produkt hat daher im Wesentlichen die Eigenschaften von Kunstharzputzen, ist zudem aber auch sehr wasserdampfdurchlässig.

Die neueste Entwicklung im Bereich der Kunstharzputze sind die so genannten Siliconharzputze, deren Bindemittel aus einer Siliconharzemulsion und einer Polymerdispersion kombiniert wird. Diese Putze ermöglichen es, dass Wasserdampf von innen nach außen diffundiert, gleichzeitig bieten sie Regen oder Schnee aber keinerlei Chance von außen in das Material einzudringen.


Mehr zum Thema Massivbau findest Du in der Übersicht.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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