RM Rudolf Müller
Porenbeton im Mehrgeschossbau

Trotz seiner geringen Dichte eignet sich der Wandbaustoff auch für mehrgeschossige Wohngebäude.

 
Fassade und Massivbau
09. April 2013 | Artikel teilen Artikel teilen

Porenbeton: Der Wärmedämmstein enthält Millionen kleinster Gasblasen

Vor ein paar Monaten machte der Chinese Chen Guangbiao mit einer neuen Geschäftsidee internationale Schlagzeilen: Er verkauft frische Luft in Dosen. Zwar war die Aktion des Multimillionärs aus dem Reich der Mitte vor allem ein PR-Gag, um auf die Smog-Problematik in den Großstädten seiner Heimat hinzuweisen, aber wenn man genauer darüber nachdenkt, ist gegen das Verkaufen von Luft grundsätzlich gar nichts zu sagen. Schließlich macht das Gas-Gemisch viele Produkte einfach besser: zum Beispiel auch den Baustoff Porenbeton.

Zugegeben: Wenn man sagt, dass Politiker oder Berater „heiße Luft“ verkaufen, ist das kein Kompliment. Und die aktuellen Pläne eines Mineralölkonzerns, das Aufpumpen von Fahrzeugreifen an Tankstellen kostenpflichtig zu machen, wird von vielen Autofahrern empört zurückgewiesen. Doch andererseits: Was wäre ein Mousse au Chocolat ohne Luft oder ein Cappuccino ohne aufgeschäumte Milch?

Auch der Wandbaustoff Porenbeton ist ein gutes Beispiel dafür, dass Luft keinesfalls für „Nichts“ stehen muss, sondern ein Produkt auch veredeln kann. Der weiße Mauerstein besteht schließlich zu 80% seines Volumens aus Luft und nur zu 20% aus Feststoffen. Aber gerade deshalb bietet das Leichtgewicht hervorragende Eigenschaften in Sachen Wärmedämmung. Die Industrie bietet mittlerweile Porenbeton-Plansteine mit einer Wärmeleitfähigkeit von nur 0,07 W/(mK). Bei einer Wandstärke ab 48cm lassen sich damit sogar Passivhäuser ohne Zusatzdämmung bauen.

Das Geheimnis der Poren

Struktur eines Porenbeton-Steins

Porenbeton ist zwar eigentlich gar kein Beton, weil er keine Gesteinszuschläge beinhaltet, aber sehr viele Luftporen hat er zweifelsohne. Fotos: Xella

Sand, gebrannter Kalk und Wasser: Diese Bestandteile von Porenbeton kommen euch vielleicht bekannt vor. Kein Wunder, denn es handelt sich um die gleichen Zutaten, die auch für die Herstellung von Kalkputz oder Kalksandsteinen verwendet werden. Mit dem Kalksandstein hat der Porenbeton auch einen großen Teil des Herstellungsprozesses gemeinsam. Bei beiden Wandbaustoffen werden die Rohstoffe zu einem Mörtel vermischt, der später in einer Presse geformt und anschließend bei etwa 200 Grad unter Wasserdampf gehärtet wird.

Entscheidender Unterschied: Bei der Porenbetonproduktion gibt man noch eine kleine Menge Aluminiumpulver in das Mörtelgemisch. Das feinteilige Metall sorgt in dem alkalischen Mörtel für eine chemische Reaktion, bei der Wasserstoffgas freigesetzt wird, sodass sich überall im Mörtel kleine Gasblasen bilden. Diese Aufschäumung erfolgt vor der abschließenden Wasserdampferhärtung, das Material wird dafür kurzzeitig in speziellen Wannen aufbewahrt. Aber die Millionen kleinster Poren, die während des Aufschäumens entstehen, bleiben auch nach dem endgültigen Erhärten dauerhafter Bestandteil des Porenbetons.

Leicht und tragfähig zugleich

Trotz der vielen Luftporen und dem daraus resultierenden geringen Gewicht hat Porenbeton übrigens eine relativ hohe Druckfestigkeit (zwischen 2,5 und 10,0 N/mm³). Immerhin ist der Baustoff so tragfähig, dass er auch für mehrgeschossige Gebäude zum Einsatz kommt. Um die Stabilität zu erhöhen, ist es in der modernen Porenbeton-Produktion mittlerweile üblich geworden, dem Rohstoffgemisch auch etwas Zement hinzuzufügen. Das beschleunigt gleichzeitig die Herstellung, weil Zement als Bindemittel schneller erhärtet als Kalk.

Vorbildlich ist das Brandverhalten des Baustoffs: Die Steine sind nicht brennbar (Brandschutzklasse A1) und entwickeln bei Feuer weder Rauch noch toxische Gase. Abstriche muss man bei einem so porösen Material natürlich beim Schallschutz machen. Die Industrie bietet zwar mittlerweile auch Porenbetonbetonsteine mit erhöhter Rohdichte an, aber da dreht man sich gewissermaßen im Kreis: Wenn man den Porenanteil des Materials immer mehr verringert, landet man irgendwann beim Kalksandstein. Dann hat man zwar einen super Schallschutz, aber nur noch eine mäßige Wärmedämmung.


Mehr zum Thema Massivbau findest Du in der Übersicht.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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