RM Rudolf Müller
Brücke

Brücken wie diese hier im irischen Dublin erfreuen für gewöhnlich unser Auge. Ärgerlich sind dagegen die unsichtbaren Wärmebrücken, die sich nur auf unserer Heizkostenabrechnung widerspiegeln. Foto: Grimm

Fassade und Massivbau
23. April 2013 | Artikel teilen Artikel teilen

Wärmebrücken durch richtige Bauplanung verhindern

Normalerweise haben Brücken ein positives Image. Sie verbinden und ermöglichen den Austausch zwischen vorher Getrenntem. Mit den Wärmebrücken verhält es sich allerdings anders. Wir schätzen sie ganz und gar nicht, weil sie der Wärme in unseren Innenräumen eine Bewegung erlauben, die wir gerne verhindern würden: die „Flucht“ nach draußen. Immerhin: Einige Wärmebrücken lassen sich bei gründlicher Bauplanung verhindern. Manche müssen wir aber auch einfach hinnehmen.

Eine Wärmebrücke ist ein Bereich in Bauteilen eines Gebäudes, durch den die Wärme schneller nach außen transportiert wird als durch die angrenzenden Bauteile. Man findet sie zum Beispiel häufig bei Balkonen, Rollladenkästen und Deckenanschlüssen, in Heizkörpernischen sowie im Fensterbereich und natürlich (der Klassiker!) an den Ecken des Hauses. Das Problem: Aufgrund des schnelleren Wärmeverlustes kann die Oberflächentemperatur der Außenwand auf der Innenseite auf ein gefährliches Level absinken. Ist sie so kalt, dass die Luftfeuchtigkeit im Raum an der Wand kondensiert, dann wächst die Gefahr von Schimmelpilzbildung.

Ursachen von Wärmebrücken

Verlegung von Deckenrandsteinen

Spezielle Deckenrandsteine, die aus demselben Material bestehen wie die Außenwand, reduzieren die Wärmebrücke, die durch das Aufeinandertreffen von Mauerwerk und aufliegender Betondecke entsteht. Foto: Xella

Je nach Ursache unterscheidet man verschiedene Arten von Wärmebrücken. Eine häufig zu findende Differenzierung ist zum Beispiel die Aufteilung in geometrische, konvektive und stoffliche Wärmebrücken. Näheres zu diesem Thema findet ihr in einem anderen Fachwissen-Artikel auf dieser Website: „Kleine Ursache – große Wirkung„.

An dieser Stelle dazu nur so viel: Geometrische Wärmebrücken wie die Gebäudeecke kann man letztlich nicht vollständig verhindern. Man kann natürlich – zum Beispiel durch Reihenhaus-Bebauung – die Anzahl solcher Hausecken minimieren. Aber ein Allheilmittel gegen geometrische Wärmebrücken gibt es nicht. Umso wichtiger ist es, die negativen Folgen einzudämmen, also dafür Sorge zu tragen, dass die Wandtemperatur im Innenraum nicht zu stark sinkt. Das kann durch Dämmung beziehungsweise ausreichendes Heizen geschehen.

Auch die so genannten konvektiven Wärmebrücken wird man selbst bei bester Planung nicht immer verhindern können. In Altbauten ohne luftdichte Gebäudehülle sind sie ohnehin allgegenwärtig. Überall dort, wo ein Gebäude noch über Ritzen und Löcher verfügt, durch die warme Innenraumluft ungehindert nach außen strömen kann, sind diese Wärmebrücken der Normalfall. Bei Neubauten, für die eine luftdichte Gebäudehülle heutzutage vorgeschrieben ist, dürfte es bei fachgerechter Bauausführung eigentlich keine konvektiven Wärmebrücken mehr geben. Aber machen wir

uns nichts vor: Fehler am Bau passieren immer wieder, und gerade das Verkleben von Luftdichtheitsfolien erfordert viel Sorgfalt und ist sehr fehleranfällig. Undichte Stellen durch winzige Löcher in den Folien oder mangelhafte Verklebungen wird man daher wohl nie ganz ausschließen können.

Stoffliche Wärmebrücken reduzieren
Trotzdem kann man bei der Planung von Neubauten viel dafür tun, um Wärmebrücken zu minimieren. Ansatzpunkt sind hier vor allem die so genannten stofflichen Wärmebrücken. Diese liegen dann vor, wenn in einem Bauteil verschiedene Baustoffe mit unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeiten vorkommen – also zum Beispiel Stahlträger, die in eine Außenwand hineinragen, oder Betonbauteile, die bei Fensterstürzen in ein Wärmedämm-Mauerwerk integriert werden müssen. Da sich Wärme, ähnlich wie Wasser, immer den Weg des geringsten Widerstandes aussucht, besteht die Gefahr, dass sie innerhalb von solchen Bauteilen über die Bereiche mit der höchsten Wärmeleitfähigkeit relativ ungehindert abfließt.

Solche materialbedingten Wärmebrücken lassen sich aber durch eine Neubauplanung eindämmen, bei der darauf geachtet wird, dass Bauteile so weit wie möglich nur aus einem Baustoff bestehen. Die Mauerwerkshersteller bieten dafür eine ganze Reihe von Sondersteinen, mit denen sich Wärmebrücken auch da reduzieren lassen, wo sich die Verwendung unterschiedlicher Baumaterialien nicht vermeiden lässt. So gibt es spezielle „U-Steine“, die mit Beton oder Stahlbeton verfüllt werden und unter anderem zum mauern von Fensterstürzen verwendet werden (Grafik). Ein anderes Beispiel sind Deckenrandsteine, die Wärmebrücken im Deckenauflagerbereich verhindern sollen (Foto).

Auch stoffliche Wärmebrücken lassen sich in den meisten Gebäuden nicht vollständig verhindern. In der Regel kann man nun mal nicht alle baulichen Anforderungen mit nur einem Material realisieren. Aber durch eine vorausschauende Planung lassen sich die Anschlussdetails zwischen verschiedenen Baustoffen zumindest so ausbilden, dass Wärmebrücken stark minimiert werden.


Mehr zum Thema Massivbau findest Du in der Übersicht.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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