
Gut ausgebildete Arbeitnehmer sind begehrt wie lange nicht mehr. Foto: Pixabay
Studie zum Fachkräftemangel
Mehr als die Hälfte der deutschen Firmen hat Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung. Das ist ein Ergebnis der Studie „Fachkräftemangel 2018“, für die in Deutschland rund 800 Unternehmen im Auftrag der Manpower-Group befragt wurden. Eine Ursache für die Probleme ist die zunehmende Akademisierung der Gesellschaft. Weil so viele junge Menschen studieren, werden zu wenig Facharbeiter ausgebildet. Selbst Ingenieure zu finden, erscheint Entscheidern deutlich leichter – heißt es in der Studie.
Für die Studie hat das Marktforschungsinstitut Infocorp im Auftrag des Personaldienstleisters Manpower-Group 39.195 Unternehmensvertreter aus 43 Ländern befragt. In Deutschland umfasste die Stichprobe rund 800 Unternehmen, die einen Querschnitt der deutschen Wirtschaft darstellen sollen. Die Untersuchung ergab, dass 51 % der Unternehmen große oder zumindest einige Probleme bei der Stellenbesetzung haben. Am schwierigsten ist die Suche nach Facharbeitern wie Elektriker, Schweißer oder Mechaniker. 15 % der befragten Personaler gaben hier Probleme zu. Bei Ingenieuren waren es deutlich weniger (4 %), bei IT-Fachkräften sogar nur 3 %.
Mangel an Bewerbern
Der am häufigsten genannte Grund für unbesetzte Jobs ist nach Angaben von 34 % der Befragten, dass es zu wenige oder gar keine Bewerber auf die Stellenausschreibung gibt. 27 % nennen einen Mangel an Kandidaten mit der geforderten Qualifikation als Grund für das Scheitern der Stellenbesetzung. Nach Ansicht von 17 % der befragten Entscheider sind die Probleme im Vergleich zum vorherigen Jahr größer geworden. 47 % hatten ähnliche Schwierigkeiten wie im Jahr zuvor, ihre Stellen zu besetzen.
„Seit 2007 ist die Anzahl der erwerbstätigen Akademiker um rund 2,6 Mio. auf 9 Mio. gestiegen; ihr Anteil liegt jetzt bei 22 %“, sagt Herwarth Brune, Vorsitzender der Geschäftsführung der Manpower-Group, und ergänzt. „Inzwischen hat in Deutschland mehr als jeder fünfte Erwerbstätige einen Hochschulabschluss. Viele Firmen haben hingegen große Schwierigkeiten, Azubis zu finden.“ Wenn aber Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können, mangelt es später natürlich auch an ausgelernten Fachkräften.
Bedeutung von Soft Skills

Das Hauptproblem sind zu wenige Bewerber oder solche mit unzureichenden Fachkenntnissen.
Der grundsätzliche Mangel an geeigneten Bewerbern ist für die suchenden Unternehmen ein größeres Problem als fehlende Soft Skills wie Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, eine professionelle Arbeitseinstellung oder das kommunikative Ausdrucksvermögen. Viele solcher außerfachlichen Kompetenzen könnten die Firmen durch Schulung der Bewerber immerhin noch selbst beeinflussen. Das bedeutet aber nicht, dass Soft Skills an Bedeutung verloren hätten. Grundsätzlich werden sie sogar immer wichtiger, sie fallen nur nicht weiter ins Gewicht, wenn dem Arbeitgeber gar keine Wahlmöglichkeit zwischen mehreren fachlich geeigneten Stellenbewerbern bleibt.
Hat der Arbeitgeber dagegen die Wahl, zählen Soft Skills offenbar sehr wohl. 89 % der Studienteilnehmer geben an, dass ihre Unternehmen Wert auf die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit Kollegen legen, da die Teamarbeit zunimmt. 80 % sagen, dass ihnen die Fähigkeit zur schriftlichen und mündlichen Kommunikation wichtig ist. 72 % pochen auf eine selbstständige Arbeitsweise, und zwei Drittel legen Wert auf das Talent zur Problemlösung.
Qualifikationsanforderungen sinken
Unter den befragten Entscheidern geben 47 % zu, dass sie als Reaktion auf den Fachkräftemangel ihre Qualifikationsanforderungen gesenkt hätten oder sich mit weniger Berufserfahrung zufrieden geben. 42 % nennen die Erweiterung des Kandidatenkreises auf ältere oder jüngere Bewerber beziehungsweise auf das Ausland als Strategie. 41 % der Unternehmen wollen Bewerber durch flexiblere Arbeitsmodelle wie etwa Home-office-Angebote überzeugen. Zusätzliche Anreize wie mehr Urlaub oder eine Betriebsrente ist für 39 % ein probates Mittel, ein höheres Gehalt bieten 28 % an. 32 % reagieren durch die Einstellung von Zeitarbeitern oder Freelancern auf die schwierige Arbeitsmarktsituation.
Weiterbildung boomt

51 % der Unternehmen berichten über große oder einige Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung. Grafiken: Manpower-Group
Wenn es möglich ist, vorhandenen Bewerbern mithilfe von Weiterbildungsangeboten das notwendige Know-how zu vermitteln, dann ist die Bereitschaft der Unternehmen dazu offenbar hoch. Laut Studie sagen 57 % der Entscheider, dass sie ihren Mitarbeitern zusätzliche Weiterbildungen anbieten. „Heute kommt es weniger darauf an, was Bewerber bereits wissen, sondern wie hoch ihre Bereitschaft ist, schnell dazuzulernen“, so Herwarth Brune. „Das erkennen Unternehmen und bieten mehr Weiterbildungen an, um die richtigen Talente zu entwickeln, statt zu finden.
„Der Fachkräftemangel hat überall auf der Welt Rekordstände erreicht“, bilanziert Jonas Priesing, Vorstandsvorsitzender und CEO der Manpower-Group. Das belegen die Studienergebnisse in den anderen untersuchten Ländern. Jonas Priesing: „Arbeitgeber müssen daher dringend ihre Strategie überdenken: Anstatt nur die Arbeitskräfte einzustellen, die sie für den Moment benötigen, sollten sie ihre Personalpolitik darauf ausrichten, die Fachkräfte für heute und morgen systematisch aufzubauen.“
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