
Der Wohnungsneubau in Deutschland deckt nicht die gestiegene Nachfrage. Foto: Pixabay
Neue Studie: Wohnungsmangel in Deutschland
In einem Drittel aller deutschen Kommunen herrscht mittlerweile Wohnungsmangel. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Prognos-Studie, die den Wohnraum-Bedarf in den regionalen Märkten analysiert. Der Wohnungsmangel reicht demnach weit über die Ballungszentren hinaus und hat auch ländliche Regionen längst erreicht.
Die im Mai 2017 veröffentlichte Studie „Wohnraum-Bedarf in Deutschland und den regionalen Wohnungsmärkten“ wurde vom Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos AG erstellt. Auftraggeber ist das Verbändebündnis Wohnungsbau. In dem Bündnis haben sich sieben Organisationen der Bau- und Immobilienbranche zusammengeschlossen: der Deutsche Mieterbund (DMB), der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM), der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Ihr gemeinsames Ziel sind bessere steuerliche Rahmenbedingungen und verstärkte staatliche Fördermaßnahmen, damit in Deutschland mehr bezahlbarer Wohnungsneubau stattfindet.
Mangelversorgung in 138 Kommunen
Die Autoren der Prognos-Studie räumen ein, dass man hierzulande nicht von einem allgemeinen Wohnungsmangel sprechen kann. Deutschland verfüge nicht über einen einheitlichen und homogenen Wohnungsmarkt, sondern sei von einer Vielzahl regionaler Wohnungsmärkte mit sehr heterogenen Marktentwicklungen gekennzeichnet. Aber der Wohnungsmangel habe sich in den letzten Jahren ausgebreitet, reiche inzwischen über die Ballungszentren hinaus und sei zunehmend auch in ländlichen Regionen zu beobachten.
In mittlerweile 138 Städten und Kreisen herrsche Wohnungsknappheit – so die Analyse der Forscher. Das ist immerhin ein Drittel der deutschen Kommunen. Neben Großstädten und Ballungszentren handelt es sich dabei um vor allem um kleinere und mittlere Universitäts- und Hochschulstädte, Umlandbereiche von Ballungsräumen und wirtschaftsstarke ländliche Regionen, vor allem in Süddeutschland. In den besagten 138 regionalen Wohnungsmärkten leben insgesamt 37,6 Mio. Menschen beziehungsweise 46 % der Gesamtbevölkerung Deutschlands.
Ursachen für die Knappheit

Nicht nur in Ballungsgebieten mangelt es an Wohnraum. Foto: Pixabay
Ein entscheidender Grund für den Mangel sei, dass seit Jahren viel zu wenige bezahlbare Mietwohnhäuser neu gebaut werden. Allein in den vergangenen acht Jahren sei so eine „Wohnungsbaulücke“ von einer Million Wohneinheiten entstanden. Wo die Nachfrage größer als das Angebot ist, wachsen die Preise. Die Folge: Miete und Einkommen haben sich entkoppelt. Selbst für Haushalte mit mittleren Einkommen werde es immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden, so die Studie. Für das Geld, das ihnen monatlich zur Verfügung steht, können sich die Menschen deshalb heute weniger Wohnfläche leisten. Verschärft wird das Problem dadurch, dass die Einkommen in Deutschland in den letzten fünf Jahren im Schnitt lediglich um knapp 8 % zugelegt haben, während die Mieten nach Angaben der Prognos-Forscher im Durchschnitt um 17 % gestiegen sind.
Der Wohnungsmangel hat neben der zu geringen Bautätigkeit und dem daraus folgenden schwachen Wohnungsangebot aber auch mit einer gestiegenen Nachfrage zu tun. Die Studie erwähnt in diesem Zusammenhang eine signifikant gestiegene Bevölkerungszahl. Entgegen früherer Prognosen und Erwartungen habe Deutschland im Zeitraum von 2011 bis 2016 rund 2,5 Mio. Einwohner hinzugewonnen.
Wohnraum zu teuer
Besonders angespannte Wohnungsmärkte sehen die Prognos-Forscher in den sieben Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart. Dort könnten sich selbst Haushalte mit mittleren Einkommen nur noch eine Wohnung unter 70 m2 Wohnfläche leisten. In München, Berlin und Hamburg sind es sogar weniger als 60 m2. Aber auch anderswo in Deutschland haben die Engpässe zugenommen. Rein rechnerisch können sich Menschen mit mittlerem Einkommen hierzulande heute nur maximal eine Wohnung von 77 m2 leisten. Diese Berechnung der Wissenschaftler basiert auf dem mittleren Haushaltsnettoeinkommen in Deutschland (derzeit 2.168 Euro pro Monat) und einer angenommenen Miet-Obergrenze von monatlich 759 Euro (35 % vom Einkommen).
Der komplette Endbericht zur Prognos-Studie „Wohnraum-Bedarf in Deutschland und den regionalen Wohnungsmärkten“ steht hier zum kostenlosen Download bereit.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
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