RM Rudolf Müller
Selbstleuchtende Fahrbahnmarkierungen

Selbstleuchtende Fahrbahnmarkierungen: In Holland wird der „Smart Highway“ erprobt. Grafik: Studio Roosegaarde

GaLabau und Tiefbau
31. Juli 2014 | Artikel teilen Artikel teilen

Woraus bestehen eigentlich Fahrbahnmarkierungen?

Mit der Zunahme des Individualverkehrs im 20. Jahrhundert wuchs nicht nur der „Schilderwald“ neben der Straße, sondern auch die Anzahl der Markierungen auf der Fahrbahn. Die vielen weißen Linien, Pfeile und Symbole für Bereiche wie Fußgängerüberwege und Sperrflächen vermitteln Orientierung oder warnen vor Gefahren. Wie sehr sie unser Sicherheitsgefühl beim Fahren erhöhen, merkt man erst richtig, wenn man mal wieder auf einer Fahrbahn ganz ohne Markierungen unterwegs ist – besonders bei Nacht. Wie die Zeichen auf dem Asphalt auszusehen haben, ist in Deutschland natürlich genau festgelegt. Und auch zu den erlaubten Materialien gibt es detaillierte Regeln.

Fahrbahnmarkierungen werden im Dunkeln durch das Scheinwerferlicht der Fahrzeuge sichtbar. In Ortschaften kommt die herkömmliche Straßenbeleuchtung hinzu. Schon seit Langem ist es zudem Stand der Technik, dass wichtige Markierungen über winzige Glasperlen im Beschichtungsmaterial verfügen, die für eine erhöhte Reflexion des Scheinwerferlichtes sorgen.

Eine neue Idee in diesem Zusammenhang wird derzeit auf einem Abschnitt der N329 in Holland erprobt: Dort befinden sich Markierungen auf der Straße, die in der Nacht von selbst leuchten, ohne dass dafür Strom benötigt wird. Ziel des Projekts „Smart Highway“, das der niederländische Designer Dan Roosegaard zusammen mit dem Baukonzern Heijmans entwickelt hat, ist nicht nur eine Energieeinsparung bei der Straßenbeleuchtung, sondern auch mehr Verkehrsicherheit durch besser sichtbare Markierungen. Möglich machen soll dies eine spezielle Beschichtung mit aktiven Pigmenten, die tagsüber Sonnenenergie speichern und sie nachts durch Leuchten wieder abgeben. Zudem soll das fluoreszierende Material auch temporäre Warnzeichen direkt auf der Straße ermöglichen. Denkbar sind zum Beispiel Warnungen vor Glatteis mithilfe von Spezialpigmenten, die nur dann leuchten, wenn eine bestimmte Temperatur im Asphalt unterschritten wird (siehe Grafiken).

Detaillierte Vorschriften

Selbstleuchtende Fahrbahnmarkierungen

Selbstleuchtende Fahrbahnmarkierungen: In Holland wird der „Smart Highway“ erprobt. Grafik: Studio Roosegaarde

Ein Projekt wie der Smart Highway wäre in Deutschland wahrscheinlich nicht so schnell auf die Straße zu bringen, weil hierzulande Fahrbahnmarkierungen umfangreich reglementiert sind. Wie sie auszusehen haben, definiert die Straßenverkehrsordnung (StVO). In der steht zum Beispiel auch, dass die Markierungen grundsätzlich weiß sein müssen. Es sei denn, es handelt sich um nur vorübergehend gültige Markierungen in Baustellenbereichen: Dann ist Gelb als Farbe vorgeschrieben. Auch die Liste der Materialien, aus denen Fahrbahnmarkierungen bestehen dürfen, ist von vorneherein festgelegt – und zwar in den „Technischen Lieferbedingungen für Markierungsmaterialien“ (TL M). Verarbeiter, die Fahrbahnmarkierungen erstellen, müssen zudem die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Markierungen auf Straßen“ (ZTV M) beachten. Die definieren, welche Markierungssysteme bei welchem Straßentyp (Verkehrsklasse) einzusetzen sind. Und schließlich ist die Art der Ausführung auch noch durch die „Richtlinien für die Markierung von Straßen“ (RMS) geregelt.

Vorgefertigte und nicht vorgefertigte Markierungen

Bei den heute üblichen Fahrbahnmarkierungen unterscheidet man vorgefertigte und nicht vorgefertigte Systeme. Die nicht vorgefertigten Materialien sind flüssige Stoffe, die mithilfe von Schablonen auf die Straßenoberfläche aufgetragen werden. Für Bereiche, die nicht so häufig überfahren werden, verwendet man in der Regel Farben, während höher belastete Stellen meist mit so genannten Kalt- oder Heißplastiken markiert werden. Dabei handelt es sich um Kunststoffmassen, worauf die Bezeichnung „Plastik“ ja schon hinweist. Anders als Farben enthalten sie keine Lösemittel und können deshalb auch nicht durch Verdampfen des Lösemittels aushärten. Dies geschieht stattdessen durch chemische Reaktion.

Kaltplastiken bestehen aus mindestens zwei Komponenten und enthalten unter anderem einen Härter und einen Beschleuniger. Sie werden flüssig (aber kalt) verarbeitet und härten dann bei Umgebungstemperatur aus. Heißplastiken schmilzt man dagegen bei Temperaturen zwischen 150 und 230 °C und trägt sie dann heiß auf den Asphalt auf. Sie härten schneller aus und sind verschleißfester als Kaltplastiken. Deshalb verwendet man sie vorwiegend für Straßen mit hoher Verkehrfrequenz beziehungsweise dann, wenn eine besonders hohe Dauerhaftigkeit der Markierungen gewünscht ist.

Immer häufiger werden Straßenmarkierungen heute allerdings nicht mit flüssigen Auftragsstoffen „gemalt“, sondern mithilfe fester Folien oder Plastiken erstellt. Die Verarbeiter kommen dann also bereits mit Stapeln von fabrikmäßig hergestellten Fahrbahnlinien, Pfeilen oder Zebrastreifen zum Einsatzort. Dort werden diese vorgefertigten Markierungssysteme durch Kleber beziehungsweise per Druck- oder Wärmebehandlung fest mit der Straße verbunden. Vor allem bei Haltelinien, die quer über den Fahrstreifen verlaufen und daher in starkem Maße den Schubkräften der Autoreifen ausgesetzt sind, werden die Markierungen häufig nicht einfach auf die Oberfläche der Straße aufgebracht, sondern in den Belag eingelegt. Dafür wird die Form der Markierung zuvor in den Asphalt eingefräst.

Griffigkeit und Reflexion

Fahrbahnmakierungen

Mit zunehmender Verkehrsdichte nimmt auch die Menge der Fahrbahnmarkierungen zu. Foto: lichtkunst.73 / www.pixelio.de

Da die Markierungsstoffe weniger rau als die Straßendeckschicht sind – ein Umstand, der durch die Reflexionsperlen noch verstärkt wird – streut man meist noch feine Mineralkörner in die Oberfläche, um sie griffiger zu machen. Vorgefertigte Markierungen werden normalerweise bereits werkseitig mit Reflexperlen und Griffigkeitsmitteln ausgestattet.

Übrigens sind die Glasperlen zur Reflexion des Scheinwerferlichts zwar an sich eine gute Sache, aber ihre Wirksamkeit nimmt bei zunehmender Feuchtigkeit der Fahrbahnoberfläche immer mehr ab. Sind die Glasperlen mit Wasser bedeckt, funktioniert eben auch die Reflexion nicht mehr. Um dieses Problem abzumildern, ist seit Mitte der 1980er-Jahre ein neuer Typus von Markierungen auf dem Markt. Seitdem bezeichnet man die herkömmlichen Systeme als Typ-1-Markierungen. Sie kommen in vielen Bereichen durchaus auch heute noch zum Einsatz.

Auf Autobahnen und Bundesstraßen verwendet man dagegen mittlerweile fast ausschließlich die so genannten Typ-2-Markierungen. Die gibt es in vielen unterschiedlichen Varianten, aber eines haben alle gemeinsam: Ihr Oberfläche ist nicht durchweg glatt, sondern enthält erhöhte (erhabene) Bestandteile. Das wird zum Beispiel durch die Verwendung größerer Glasperlen erreicht oder durch eine Oberfläche mit Profilstruktur. Dadurch steigt bei Regen die Wahrscheinlichkeit, dass dauerhaft reflektierendes Material aus dem Wasserfilm herausragt. Die Sichtbarkeit der Markierungen hat sich durch diese Technik deutlich verbessert.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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