RM Rudolf Müller
Einsatz von Bewehrungsmatten

Bei flächigem Stahlbeton kommen Bewehrungsmatten zum Einsatz. Foto: Beton-Bild

Grundstoffe des Bauens
13. Februar 2014 | Artikel teilen Artikel teilen

Stahlbeton: Optimale Verbindung

1848 gilt als das Jahr der bürgerlichen Revolutionen in Europa. Doch während der politische Aufstand damals zumindest in Deutschland schnell niedergeschlagen wurde, hat zum gleichen Zeitpunkt eine andere, weitaus stillere Revolution die (Bau-)Welt nachhaltig verändert. Es ereignete sich nämlich ebenfalls 1848, als ein Franzose das Prinzip des Stahlbetons erfand. Heute gehört die Verbindung von Beton und Metall zu den wichtigsten Konstruktionsprinzipien des modernen Bauens: in der Bewehrungs-, aber auch in der Verankerungstechnik.

Die bahnbrechende Idee geht auf den französischen Gärtner Joseph Monier zurück, der nach einer Methode sann, um Pflanzkübel aus Beton weniger bruchanfällig zu machen. Bereits 1848, nur wenige Jahre nach Erfindung des Portlandzements, präsentierte er die Lösung: Er integrierte ein Gerüst aus Eisendrähten in die Formen für seine Pflanztöpfe, bevor er den Frischbeton hineinfüllte. Damit hatte er einen neuen Verbundwerkstoff aus Metall und Beton entwickelt: die Blaupause für unseren heutigen Stahlbeton.

Vorteilhafter Verbund

Heute sind Stahl-Bewehrungen bei vielen Betonanwendungen – etwa bei Hochhäusern, Tunneln oder Brücken – selbstverständlich. Aufgrund der geringen Zugfestigkeit von Beton könnten solche Bauwerke sonst kaum realisiert werden. Stahl hat dagegen eine hohe Zugfestigkeit und nimmt bei starker Beanspruchung Teile der Zugspannungen auf, die auf das Stahlbeton-Verbundmaterial einwirken. Die Metalleinlagen werden als Stäbe (für schmale Bauteile) oder als Stahlmatten (für großflächige Bauteile wie Decken und Wände) in den Beton eingebaut. Stahlbetonmatten bestehen aus sich kreuzenden Längs- und Querstäben.

Während die Stahleinlage die Zugfestigkeit des Betons verbessert, hat anders herum die Betonummantelung auch Vorteile für den Stahl. Der hohe pH-Wert des Betons schützt das Metall nämlich vor Korrosion. Außerdem ist der Stahl im Brandfall besser geschützt und schmilzt bei hohen Temperaturen erst mit deutlicher Zeitverzögerung. Die Beispiele zeigen, dass der Verbund aus Stahl und Beton eine perfekte Symbiose ist, von der beide Materialien durch verbesserte Eigenschaften profitieren.

Was ist Spannbeton?

Befestigung von Betonbauteilen mithilfe von Stahlankerschienen

Mit Stahlankerschienen lassen sich beispielsweise Verblendfassaden sicher an Betonbauteilen befestigen. Grafik: Jordahl

Eine Spezialform des Stahlbetons ist der so genannte Spannbeton. Bauteile aus Spannbeton enthalten zusätzlich zur normalen Bewehrung vorgespannte Stahleinlagen, die dafür sorgen, dass der Stahlbeton noch widerstandsfähiger gegen Zugkräfte wird und dadurch weniger anfällig für Risse ist. Eingesetzt wird Spannbeton insbesondere im Brückenbau, aber auch in Büro- und Gewerbebauten. In Wohnhäusern findet man ihn häufig bei Deckenkonstruktionen, vor allem weil Spannbetondecken bei gleicher Belastbarkeit dünner dimensioniert werden können als entsprechende Bauteile aus reinem Stahlbeton.

Wie Ihr im Fachwissen-Beitrag über die Betoneigenschaften nachlesen könnt, kann Beton problemlos hohe Druckbelastungen aufnehmen, hat aber nur eine geringe Zugfestigkeit. Beim Spannbeton macht man sich die hohe Druckfestigkeit zunutze, um der „Schwäche“ bei Zugbelastung entgegenzuwirken. Durch die Dehnung der Spannstahleinlagen übertragen diese eine zusätzliche Druckbelastung auf den Beton und drücken ihn stärker zusammen. Wirken nun Zugkräfte auf das Bauteil, müssen diese einen höheren Widerstand überwinden, um den Stahlbeton zum Reißen zu bringen. Schon die herkömmliche Stahlbewehrung im Spannbeton nimmt einen Großteil der Zugkräfte auf, zugleich ist aber auch die Betonmasse selbst schwerer zu „zerreißen“. Die Zugkräfte müssen eben auch noch die Druckkraft überwinden, die der Spannstahl auf den Beton ausübt.

Verankerungstechnik für Beton

Befestigung von Balkongeländern mithilfe von Stahlankerschienen

Auch Balkongeländer werden mit Stahlankerschienen befestigt. Grafik: Jordahl

Es sind nicht nur äußere Kräfte, die Zugspannungen auf Betonbauteile auslösen. Gebäude bestehen aus einer Vielzahl von Einzelteilen, die untereinander in Verbindung stehen und dabei natürlich auch gegenseitig Kräfte aufeinander ausüben. So müssen beispielsweise an Betonbauteilen häufig Lasten befestigt werden, die zu hohen Zugkräften führen. Dabei gilt es mittels geeigneter Techniken dafür zu sorgen, dass die Belastung für den (Stahl-)Beton nicht zu groß wird. Auch hier hat sich in der Praxis vor allem die Verbindung von Beton und Stahl bewährt.

So bietet die Industrie so genannte Ankerschienen, mit deren Hilfe sich Lasten an Betonbauteilen befestigen lassen. Auch die Verbindung von Beton und anderen Baustoffen ist damit möglich. Ankerschienen sind C-förmige Stahlprofile, die in Betonbauteile eingegossen werden und spezielle Befestigungsbolzen aufnehmen (siehe Abbildungen). Die Bolzen stellen die Verbindung zwischen dem Beton und den zu befestigenden Teilen her. Auf diese Weise lassen sich zum Beispiel Lüftungskanäle oder Rohrleitungen an Betondecken befestigen oder Geländer an der Betonplatte eines Balkons. Auch Verblendfassaden an Betonaußenwänden lassen sich mit solchen Ankerschienen sicher befestigen.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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