RM Rudolf Müller
Bäume sind lebendige Organismen und leben von Nährstoffen aus ihrer Umgebung.  Foto: Pixabay

Bäume sind lebendige Organismen und leben von Nährstoffen aus ihrer Umgebung. Foto: Pixabay

Grundstoffe des Bauens
04. März 2014 | Artikel teilen Artikel teilen

Woraus besteht Holz?

Die Anzahl der Baumarten geht weltweit in die Zehntausende. So genau kann das niemand sagen. Vor allem die Tropenwälder bieten eine schier unüberschaubare Vielfalt, die noch längst nicht vollständig erforscht ist. Einig sind sich die Experten nur darüber: Es gibt verdammt viele Bäume. Und damit auch sehr viele Holzarten mit unterschiedlichsten Eigenschaften. Wenn wir also in diesem Beitrag die Zusammensetzung des ältesten Baustoffs der Menschheit beleuchten, kann es naturgemäß nur um dessen grundsätzliche „Rezeptur“ gehen.

Ein Baum ist ein lebender Organismus und besteht daher aus lebendigen Zellen. Diese bilden zusammengenommen ein Zellgewebe, das von Nährstoffen lebt, die der Baum aus seiner Umgebung erhält. Deshalb hat selbst das Holz einer bestimmten Baumart nicht immer genau dieselben Eigenschaften. Die Qualität schwankt in Abhängigkeit von den individuellen Lebensbedingungen des Baums – beispielsweise die Menge an Niederschlägen und Sonneneinstrahlung, die ihn erreicht, die örtliche Luftqualität oder auch das Ausmaß des Befalls durch Schädlinge. Kurzum: Im Prinzip ist jeder Baum ein Unikat, und kein Stück Holz gleicht hundertprozentig einem anderen. Selbst bei einem einzigen Baum schwankt die Holzqualität, je nachdem, aus welchem Teil des Stammes man das Material herausschneidet.

Grundbestandteile von Holz

Aufbau des Stamms von außen nach innen: Borke (1), Bast (2), Kambium (3), Splintholz (4) und Kernholz (5).

Aufbau des Stamms von außen nach innen: Borke (1), Bast (2), Kambium (3), Splintholz (4) und Kernholz (5).

Doch trotz aller Individualität gibt es natürlich ein paar Dinge, die man über „Holz an sich“ sagen kann. So enthalten alle Bäume, egal ob es sich um Laub- oder Nadelhölzer handelt, drei Grundsubstanzen: Zellulose, Lignin und Hemizellulose. Hinzu kommen Wasser und kleinere Mengen weiterer Stoffe wie etwa Zucker, Stärke, Eiweiß, Harze, Wachse, Gerbstoffe und Mineralien.

Die einzelne Holzzelle ist ein röhrenförmiges Gebilde, das in seinem Inneren meist nur Wasser oder Luft enthält. Die Zellulose-Moleküle bilden das Gerüst der Zellwände und nehmen Zugkräfte von außen auf. Sie haben für das Holz eine vergleichbare Bedeutung wie die Metallbewehrung bei Stahlbeton. Etwa 60 bis 70 Zellulose-Moleküle verbinden sich zu größeren Einheiten – den so genannten Mikrofibrillen.

Das Lignin wirkt dagegen als Kittsubstanz. Es versteift das Zellulosegerüst und verstärkt insbesondere die Druckfestigkeit der Holzzellwände. Lignin ist wasserunlöslich und sorgt, ähnlich wie der Zementstein im Beton, für den festen Zusammenhalt der Zellwände. Auch die Hemizellulosen haben eine Kittwirkung: Sie sind sozusagen das Verbindungsglied zwischen den Zellulosefibrillen und der Ligninmatrix.

Das Kambium: Ursprung der Zellen

Was ist unscheinbar und doch der unentbehrlichste Bestandteil eines Baumstammes? Antwort: das so genannte Kambium. Dabei handelt es sich um ein dünnschichtiges Gewebe, das sich direkt unterhalb der Baumrinde befindet und den Stamm komplett umschließt. Man spricht auch von einem Bildungsgewebe, denn das Kambium ist das Material, aus dem heraus alle Zellen des Baums gebildet werden. Es produziert nach innen die eigentlichen Holzzellen und nach außen die Zellen der Innenrinde, die auch als „Bast“ bezeichnet wird. Das geschieht durch Zellteilung: Aus einer Kambiumzelle entstehen zwei Zellen, von denen eine zu Holz oder eben zu Bast wird, während die andere weiterhin als teilungsfähige Kambiumzelle zur Verfügung steht. Aus abgestorbenen Bastzellen entsteht übrigens die Außenrinde des Baums, die so genannte Borke.

Die Entstehungsweise der Zellen erklärt, warum sich das jüngere Holz eines Baumes in den Außenbereichen des Stammquerschnitts befindet, während das Material zur Mitte hin immer älter wird. Bäume wachsen eben nicht nur in die Höhe, sondern auch in die Breite. Bei diesem Dickenwachstum wird der Stammquerschnitt durch neue äußere Holzringe zunehmend breiter, wodurch die vorhandene Baumrinde irgendwann aufplatzt und abstirbt. Aus dem Kambium heraus bildet sich dann aber wieder neue Rinde.

Kernholz und Splintholz

Bei diesen Bäumen ist der farbliche Unterschied zwischen Kern- und Splintholz stark ausgeprägt. Foto: Dorothea Jacob / pixelio.de

Bei diesen Bäumen ist der farbliche Unterschied zwischen Kern- und Splintholz stark ausgeprägt. Foto: Dorothea Jacob / pixelio.de

Nach etwa 20-jähriger Lebensdauer eines Baumes beginnt auch das Holz in der Mitte des Stammes allmählich abzusterben. Das geschieht, weil die Wasserleitbahnen dorthin zunehmend unterbrochen werden. Und im Gegensatz zur Baumrinde, die zwar abstirbt, aber auch immer wieder erneuert wird, bleibt das so genannte Kernholz dauerhaft tot. Man unterscheidet bei einem Baumstamm daher das abgestorbene innere Kernholz vom jüngeren, frischeren Splintholz direkt unterhalb des Kambiums.

Kernholz ist meist deutlich trockener als Splintholz, und bei Baumarten wie der Eiche, Lärche oder Kiefer ist es auch dunkler als das Splintholz (Foto). Es gibt aber auch Baumarten, bei denen sich Kern und Splint farblich nicht unterscheiden (z. B. Fichte, Tanne und Buche). Eine Sonderstellung nehmen die so genannten Splintholzbäume ein (z. B. Birke und Erle). Diese bestehen ausschließlich aus saftführendem Splintholz, die Verkernung setzt bei ihnen nur zeitverzögert und sehr langsam ein. Bei diesen Bäumen gibt es daher über den gesamten Stammquerschnitt weder farbliche noch Feuchteunterschiede.

Die Tatsache, dass Kernholz totes Holz ist, bedeutet übrigens nicht, dass es unbrauchbar wäre. Ganz im Gegenteil: Bei vielen Baumarten ist das Kernholz härter, dauerhafter und weniger anfällig gegen Pilzbefall und Insektenbefall als das Splintholz. Tropenholz beispielsweise, das wegen seiner Härte und Widerstandsfähigkeit vor allem im Außenbereich von Haus und Garten geschätzt wird, besteht in der Regel aus dem Kernholz tropischer Laubholzarten. Und auch bei der guten alten Eiche nutzt man für Bauzwecke ausschließlich das Kernholz.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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