
Wer in einem Hochregallager nicht die Übersicht verlieren möchte, benötigt ein gut funktionierendes Warenwirtschaftssystem. Foto: Marcus Walter / www.pixelio.de
Warenwirtschaftssysteme
Die TV-Doku-Soap „Die Ludolfs“ handelt von vier Brüdern, die einen Autoschrotthandel betreiben. Die liebenswerten Chaoten sitzen die meiste Zeit des Tages einfach nur stoisch herum, bis irgendwann mal ein Kunde anruft. Dann kommt der große Moment von „Computerhirn“ Peter Ludolf. Der denkt kurz nach und kann dann zu jedem nachgefragten Autoteil exakt sagen, wo es sich innerhalb der riesigen Schrotthaufen befindet, die in der Lagerhalle der Brüder aufgetürmt sind. Ein solches Wissen über Warenbestände ist für alle Unternehmen wichtig. Wer keinen Peter Ludolf hat, setzt heute auf computergestützte Warenwirtschaftssysteme.
Ein Warenwirtschaftssystem (WWS) ist ein System aus Hard- und Software, mit dem man sämtliche Warenbewegungen in einem Unternehmen dokumentieren und verwalten kann. Dabei werden die einzelnen Artikel meist mithilfe von Scannern oder sonstigen Lesegeräten digital erfasst, wenn sich ihr „Status“ verändert: vom Wareneinkauf über die Einlagerung bis hin zu Verkauf und Verladung. Auf Grundlage dieser Daten liefert das WWS jederzeit genaue Infos zum Lagerbestand sämtlicher Einzelartikel. Eine Inventur ist also nicht mehr notwendig. Das System bietet zudem auch Daten darüber, welche Waren sich besonders gut verkaufen und zu welchem Zeitpunkt sie nachbestellt werden sollten, um Lieferengpässe zu vermeiden. Nicht zuletzt wird im WWS auch hinterlegt, wo genau sich ein Artikel im Lager befindet – die „Funktion Peter Ludolf“ sozusagen.
Mehr als nur Lagerverwaltung
Mithilfe von Warenwirtschaftssystemen lassen sich viele Lagerprozesse weitgehend automatisieren. So kann zum Beispiel eine Bestellung aus dem WWS heraus direkt auf den Bildschirm eines Gabelstaplers weitergeleitet werden, sodass der Fahrer die Artikel für den Versand kommissionieren kann. Das Praktische: Der Lagermitarbeiter erhält dann auch gleich die genaue Angabe, in welchem Regalfach sich das bestellte Produkt befindet. Bei Handelsunternehmen gibt es zudem oft auch eine Schnittstelle zwischen dem WWS und den Verkaufskassen.
Doch das ist längst nicht alles. Moderne WWS beinhalten Funktionen, die weit über die Lagerverwaltung hinausgehen. In der Regel bieten sie Zugriff auf zentrale Datenbanken zu Firmenkunden und -lieferanten oder auch zu allgemeinen Artikelstammdaten der Branche. Auch die Erstellung von Angeboten, Lieferschein oder Rechnungen läuft heute in vielen Unternehmen über das WWS. Bei den Systemen vieler Softwareanbieter sind zudem Funktionen zu Bereichen wie Finanzbuchhaltung, Mahnwesen, Berichtswesen, Controlling und Mitarbeiter-Zeiterfassung integriert. Nicht zu vergessen das elektronische Bestellwesen, das mitsamt Online-Shop oft als Teil des WWS betrieben wird.
Trend zu ganzheitlichen Systemen

Wolfgang König (links, Geschäftsführer der Dreyer Baumarkt GmbH, und Ralf Hoffmeister, Systemverwalter des Unternehmens, setzen auf das hagebau-Programm „Prohibis“. Foto: hagebau
Mittlerweile sind bei manchen WWS-Lösungen so viele Funktionen angedockt, dass man sich fragen kann, ob der Name „Warenwirtschaftssystem“ überhaupt noch passend ist. Handelt es sich nicht vielmehr um eine universelle Unternehmenssoftware? Für viele Produkte gilt das eindeutig. Die hagebau etwa, die ihren Gesellschaftern seit 2007 das Warenwirtschaftssystem „Prohibis“ anbietet, bezeichnet diese Software als vollständige ERP-Lösung. Die Abkürzung steht dabei für Enterprise-Resource-Planning (Unternehmensressourcenplanung) und damit für ein System, das alle Geschäftsprozesse einer Firma abbildet – nicht nur die Materialwirtschaft.
Der Trend bei WWS geht derzeit zu ganzheitlichen Software-Lösungen für alle Anwendungen – von der Materialwirtschaft über Stammdatenverwaltung, Dokumentenmanagement und Marketinganwendungen bis hin zu Buchhaltung und Controlling. Das wird nicht zuletzt dadurch begünstigt, dass sich solche Systeme heute relativ leicht auch in mittelständischen Unternehmen einführen lassen, ohne dass Großinvestitionen in Rechnerleistung und Hardware notwendig wären. Dank „Cloud-Computing“ ist es mittlerweile möglich, mit einem einfachen Rechner praktisch von jedem Ort aus jede noch so umfangreiche Software zu nutzen. Vorausgesetzt, man hat per Internet Zugriff auf die Soft- und Hardware eines leistungsfähigen Rechenzentrums.