In Deutschland sind große Teile der Siedlungs- und Verkehrsflächen versiegelt, und täglich kommen weitere bebaute, asphaltierte, betonierte oder anderweitig verdichtete Flächen hinzu. All das behindert den natürlichen Wasserkreislauf. Eine Lösung für den Straßen- und Wegebau wären Schichtaufbauten, die sowohl befahrbar sind als auch ein hohes Maß an Versickerung ermöglichen. Blähglasschotter ist in diesem Zusammenhang ein interessanter neuer Baustoff.
Deutschland ist bereits ein sehr dicht besiedeltes Land. Trotzdem nimmt die Urbanisierung weiter zu. Jeden Tag kommen 52 Hektar Verkehrs- und Siedlungsflächen hinzu. Laut einer Statistik des Umweltbundesamtes sind hierzulande 45 % der Siedlungs- und Verkehrsflächen so stark versiegelt, dass Niederschläge nicht direkt im Untergrund versickern, sondern nur oberflächig abfließen können. Das führt vielerorts zum Absinken des Grundwasserspiegels.
Störung des natürlichen Wasserkreislaufs
Die großflächige Störung des natürlichen Wasserkreislaufs hat zudem weitere negative Folgen. Der auf den versiegelten Flächen abgeleitete Regen versickert nämlich in vielen Fällen nicht etwa andernorts, sondern fließt in die Abwasserkanalisation. Vor allem bei Starkregenereignissen führt dies regelmäßig zur Überlastung der Kanalisation.

Als Folge dieser Überlastung fließt ein Teil des schmutzigen und mit Schadstoffen belasteten Abwassers nicht mehr ins Klärwerk, sondern gerät in Flüsse und Bäche. Das erhöht einerseits die Überschwemmungsgefahr und fördert andererseits natürlich die Verschmutzung der Binnengewässer. Doch nicht nur diesen droht Verunreinigung – Flüsse und Bäche interagieren ja auch mit dem verringerten Grundwasserspiegel. Drückt dieser weniger stark nach oben, kann es zur Druckumkehr kommen: Dann infiltriert das verschmutzte Flusswasser das Grundwasser.
Dieser durch versiegelte Böden verursachte „künstliche“ Wasserkreislauf ist tatsächlich ein Teufelskreislauf. Am Ende sind nicht nur die Binnengewässer, sondern auch das Trinkwasser verunreinigt. Ein Ausweg aus diesem Schreckensszenario kann – gerade in Zeiten zunehmender Starkregenereignisse – nur gelingen, wenn Regenwasser künftig viel häufiger direkt vor Ort versickert und auch Straßen und Wege nicht mehr so gebaut werden, dass sie stark versiegelt sind. Für Letzteres bietet der baden-württembergische Hersteller Veriso Geomaterials eine interessante Baustofflösung: wasserspeichernden Blähglasschotter.
Neuartiges Blähglas-Produkt
Beim Blähglasschotter von Veriso („Red Blähglasschotter“) handelt es sich um ein rötlich schimmerndes Schüttgut mit Korngrößen von 10 bis 63 mm. Für die Herstellung wird Altglas sortiert, gereinigt, gemahlen und mit Zuschlagstoffen gemischt. Aufgrund des Additivs Manganoxyd entsteht beim anschließenden Brennvorgang im Tunnelofen reiner Sauerstoff. Dieser bläht das Material auf. Dabei entsteht eine gerüstartige, stäbchenförmige Zellstruktur mit nach außen offenen Hohlräumen im Einzelkorn.

Veriso-Geschäftsführer Christian Droste betont, dass der „Red Blähglasschotter“ ein völlig neuartiges Blähglas-Produkt ist. Es ist weder mit Blähglas-Granulat noch mit Schaumglasschotter zu verwechseln, obwohl auch diese Materialien aus Altglas gefertigt werden.
Zur Erinnerung: Blähglas-Granulat besteht aus kugelförmigen Glaskörnern, die mit Gas gefüllt sind. Diese gut dämmenden Körner kommen unter anderem als Leichtzuschlag für Mörtelprodukte und Leichtbeton zum Einsatz. Aus Schaumglas dagegen fertigt man Dämmstoffplatten. Wird das Material gebrochen, erhält man scharfkantige Schotterbrocken, die aber andere Eigenschaften und Einsatzgebiete als Blähglasschotter haben.
Im Vergleich zu Schaumglasschotter dämmt Blähglasschotter nicht besonders gut. Doch dafür hat das Material eine andere interessante Eigenschaft: Es kann vorübergehend bis zu 50 % seiner Masse an Wasser aufnehmen und zeitversetzt wieder abgegeben. Nach acht Stunden reduziert sich die Aufnahmemenge auf zwölf Masseprozent, nach vier Tagen sind es nur noch drei. Vor allem diese Eigenschaft macht Blähglasschotter interessant für den „versickerungsfreundlichen“ Einsatz im Straßen- und Wegebau.
Einfache Vor-Ort-Versickerung
Kommt Blähglasschotter für den Schichtaufbau von Straßen, Parkplätzen oder sonstigen versiegelten Verkehrsflächen zum Einsatz, ist es in vielen Fällen möglich, das an der Fahrbahnoberfläche anfallende Oberflächenwasser direkt wieder in die Unterkonstruktion einzuleiten. Bei Straßen geschieht dies meist über Entwässerungsrinnen am Rand der Fahrbahnen. Der wasserspeichernde Blähglaschotter kann das Wasser aufnehmen und zeitversetzt wieder ins Erdreich versickern lassen.
Eine solche Bauweise stärkt den natürlichen Wasserkreislauf, unterstützt die Grundwasserbildung und trägt dazu bei, dass die Böden unterhalb versiegelter Flächen nicht austrocknen. So lässt sich die Niederschlagversickerung vor Ort realisieren, ohne dass zusätzliche Regenrückhaltebecken im Untergrund notwendig werden. Mit herkömmlichem Schaumglasschotter ist das dagegen nicht möglich, weil das Material aufgrund seiner geschlossenen Zellstruktur kein Wasser speichert. Im Gegenteil: Es ist komplett wasserabweisend.
In einer Pressemitteilung betont Veriso allerdings, dass ein Wasserspeichersystem mit Blähglasschotter immer eine Sonderanfertigung darstellt, die an die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten anzupassen ist. Wird die Wasserspeicherung durch das Halten und verzögerte Entwässern realisiert, spricht der Hersteller von einer „wasserdichten Ausführung“. Alternativ könne man mit Blähglasschotter auch eine „wasserdurchlässige Speicherung“ realisieren. Dann versickern Niederschläge direkt im Boden.
Einsatz im Straßen- und Verkehrswegebau
Blähglasschotter ist selbst auf Torf- und Moorgrund problemlos für Straßen-Tragschichten verwendbar. Schaumglasschotter dagegen wäre auf wassergesättigten Böden ungeeignet, da das Material dann aufschwimmt.

Schaumglasschotter verträgt zudem keine zyklisch-dynamischen Lasten, sodass im Straßen- und Verkehrswegebau über dem Schaumglas immer noch ein Mineralgemisch von mindestens 90 cm Höhe als Lastverteilungsebene notwendig ist. Blähglasschotter kann aufgrund seiner stäbchenförmigen Zellstruktur besser mit solchen Lasten umgehen und benötigt daher nach Angaben von Veriso eine weniger dicke bis gar keine Lastverteilungsebene. Bei Fahrradwegen etwa könne man in vielen Fällen direkt auf dem Blähglasschotter asphaltieren.
Apropos Asphaltierung. Blähglasschotter verträgt sich mit unterschiedlichsten Deckschichten für Verkehrsflächen. Neben Asphalt sind beispielsweise auch Beton, Dränagepflaster oder traditionelle Pflastersteine einsetzbar. Um die Umwelt nicht durch Schadstoffe zu belasten, stehen nach Angaben von Veriso für Konstruktionen mit Blähglasschotter auch verschiedene Trennschichten zur Verfügung. So wird etwa durch Öl- und Benzinabscheider ein Durchdringen dieser Flüssigkeiten in das Erdreich verhindert.
Die unterschiedlichen Eigenschaften von Blähglas- und Schaumglasschotter beruhen auf dem unterschiedlichen Herstellungsprozess und der daraus resultierenden andersartigen Zellstruktur im Einzelkorn. Christian Droste weist zudem darauf hin, dass die Blähglasschotter-Produktion umweltfreundlicher ist. Schließlich erfolgt der Blähprozess mit Sauerstoff. Bei der Produktion von Schaumglasschotter dagegen kommt CO2 als „Schäumer“ zum Einsatz.
Über Veriso
Die Veriso GmbH & Co. KG mit Sitz in Knittlingen und Produktionsstätten in Edewecht sowie Husum hat sich auf die Fertigung, den Vertrieb und die Weiterentwicklung von Bläh- und Schaumglas sowie Blähglasschotter spezialisiert. Das Unternehmen entstand 2023 aus dem Zusammenschluss des Schaum- und Blähglasherstellers Schlüsselbauer Geomaterials mit dem Recyclingexperten Reiling.