Forschende des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung haben ein biobasiertes Bindemittel auf Humin-Basis entwickelt, das sich für den Einsatz in Holzwerkstoffen wie Sperrholz oder Span- und Faserplatten eignet. Humine werden künftig voraussichtlich in größeren Mengen kostengünstig zur Verfügung stehen, da sie als Nebenprodukt des biobasierten Kunststoffs Polyethylenfuranoat (PEF) anfallen.
Die Bindemittel-Entwicklung erfolgte im Rahmen des knapp vierjährigen Projekts „Humine zur Verklebung und Imprägnierung von Holz“, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert und Ende November 2024 abgeschlossen wurde. Die Forschung wurde vom PEF-Hersteller Avantium (Niederlande) und dem Holzwerkstoff-Experten Pfleiderer als Projektpartner begleitet. Als weiterer Industriepartner war die Delignit AG mit an Bord, zu der unter anderem der Sperrholzhersteller Blomberger gehört.
Was sind Humine?
Humine sind dunkle hochviskose Verbindungen. Sie entstehen unter anderem als Nebenprodukt bei der Herstellung von Polyethylenfuranoat (PEF), einem neuen biobasierten Ersatz für den Massenkunststoff Polyethylenterephthalat (PET). Berechnungen zufolge werden mittel- bis langfristig mehrere zehntausend Tonnen Humine pro Jahr anfallen, für die bislang keine Anwendungen existieren – heißt es in einer Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung (Fraunhofer WKI).

Aufgrund ihrer komplexen chemischen Struktur sind für Humine perspektiv allerdings durchaus für vielseitige Anwendungsmöglichkeiten denkbar – zum Beispiel als Bindemittel-Bestandteil in Holzwerkstoffen, aber auch als Imprägnierung für Holz. Beides spielte im Humine-Projekt des Fraunhofer WKI eine Rolle. Den Forschenden gelang es, Humine erfolgreich als Bindemittel für Holzwerkstoffe einzusetzen. Mit diesen Bindemitteln stellten sie dann Sperrholz und einschichtige Spanplatten her und untersuchten die erzielbaren Platteneigenschaften.
Außerdem testeten das Fraunhofer-Institut und seine Industriepartner Humine zur Imprägnierung und Modifikation von Holz. Dabei zeigte sich, dass das biobasierte Nebenprodukt die Widerstandsfähigkeit gegenüber holzzerstörenden Pilzen um ein bis zwei Dauerhaftigkeitsklassen erhöht. Außerdem wirken Humine hydrophobierend und reduzieren das Quell- und Schwindverhalten von Holz.
Humin-basierte Formulierung
Wie oben schon erwähnt, fallen Humine als Nebenprodukt bei der Herstellung von PEF an. Dieser thermoplastische Kunststoff ist zu 100 % biobasiert und wird aus 2,5-Furandicarbonsäure (FDCA) und dem einfachen Alkohol Mono-Ethylenglycol (MEG) hergestellt. Die FDCA-Säure lässt sich ganz einfach aus Fructose (Fruchtzucker) gewinnen. Als Ausgangsmaterial verwendet man in der Regel aber keine Früchte, sondern Zuckerrohr, Mais oder Weizen.
Die bei der PEF-Produktion als Nebenprodukt anfallenden Humine sind heterogene, polydisperse Makromoleküle mit furanischer Struktur sowie Alkohol-, Keton- und Aldehydgruppen. Sie entstehen auch natürlich bei der Zersetzung von Pflanzenmaterial und gehören dann zu den typischen Stoffen im Bodenbestandteil Humus.
Für die Bindemittelproduktion interessant ist, dass Humine unter Wärmezufuhr duroplastisch aushärten. Sie enthalten niedermolekulare und hochmolekulare Fraktionen. Für die Verwendung in Holzwerkstoff-Bindemitteln haben die Fraunhofer-Forschenden die Humine nicht chemisch modifiziert, sondern zusammen mit geeigneten Härtern, Vernetzern und Additiven formuliert. Als besonders geeignet erwies sich dafür die niedermolekulare Fraktion.
Die Verwendung humin-basierter Bindemittel gelang übrigens auf herkömmlichen Produktionsanlagen für Span- beziehungsweise Sperrholzplatten. Diese ließen sich anschließend einfach mit Wasser reinigen. Während des Projekts zeigte sich im Übrigen, dass man Humine auch gut mit Standardharzen mischen kann.
Leistungssteigerung notwendig
Und noch etwas zeigte das Forschungsprojekt: Humin-gebundene Holzwerkstoffe lassen sich wie klassische verklebte Platten bearbeiten, also beispielsweise sägen, bohren oder schleifen.
Bei einigen anderen Eigenschaften muss man bislang aber noch Abstriche machen. Einige der im Projekt hergestellten Spanholzprodukte erreichten zwar eine Querzugfestigkeit wie sie für Platten vom Typ P2 gefordert wird – also für nicht-tragende Platten mit dem Anwendungsbereich Innenraum. Ihre Dickenquellung war jedoch signifikant höher als bei konventionell gebundenen Platten.
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Humin-gebundenes Sperrholz stellten die Projektpartner mit bis zu sieben Lagen her. Die Qualität der Verklebung erreichte ohne Vorbehandlung nur eine Zugscherfestigkeit von bis zu 3 N/mm². Zum Vergleich: Die Zugscherfestigkeit von herkömmlichen Sperrholzplatten liegt typischerweise im Bereich von 3,5 bis 11 N/mm². Und auch in Sachen Feuchtebelastung scheint Humin-gebundenes Sperrholz noch nicht konkurrenzfähig zu sein. Jedenfalls musste das Fraunhofer WKI feststellen, dass die Platten eine Vorbehandlung gemäß EN 314-2, durch die das Sperrholz auch für den Feuchtbereich geeignet wäre, bislang nicht überstehen.
Trotz dieser Einschränkungen bezeichnet das Fraunhofer WKI Humine als „vielversprechende Komponente zur Erhöhung des Anteils nachwachsender Rohstoffe in Bindemitteln für Holzwerkstoffe“. Das Wort „Komponente“ steht an dieser Stelle sicher nicht zufällig. Es verweist offenbar darauf, dass Humine – Stand jetzt – nur gemischt mit klassischen Kleberkomponenten als Bindemittel-Bestandteil in Frage kommen.
Doch das muss nicht das letzte Wort bleiben. In der Pressemitteilung des Fraunhofer WKI vom November 2024 heißt es nämlich weiter: „Gelingt es, die Leistungsfähigkeit der Bindemittel weiter zu steigern, zum Beispiel in Bezug auf Festigkeit und Wasserstabilität, stünde eine breit verfügbare Klebstoffalternative zur Verfügung. Dies wäre ein Baustein auf dem Weg zu einer rohstoffeffizienten Wirtschaft, die auf nachwachsenden statt fossilen Rohstoffen basiert“.