RM Rudolf Müller
Bauelektriker sowie Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker fehlen derzeit besonders.  Foto Pixabay

Bauelektriker sowie Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker fehlen derzeit besonders.  Foto Pixabay

Hintergrundwissen
02. August 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Fachkräftemangel im Handwerk

Der Fachkräftemangel im deutschen Handwerk hat 2021 wieder zugenommen. Nachdem die Nachfrage nach Handwerksfachkräften in den beiden Vorjahren zwischenzeitlich zurückgegangen war, macht sich der personelle Mangel nun wieder verstärkt bemerkbar. Am größten war die Personallücke in den Berufen der Bauelektrik sowie der Sanitär-, Heizungs-, und Klimatechnik. Das ergaben Analysen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung.

Das am Institut der deutschen Wirtschaft angesiedelte Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) veröffentlicht im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz regelmäßig Analysen und Fakten zur Fachkräftesituation. In Ausgabe 5/2022 der Veröffentlichungsreihe „KOFA Kompakt“ ziehen die Forschenden Bilanz zur Entwicklung des Fachkräftemarktes im vergangenen Jahrzehnt.

87.485 unbesetzte Stellen

2021 kamen auf 201.411 offene Stellen bundesweit nur 139.256 arbeitslose Handwerker.

2021 kamen auf 201.411 offene Stellen bundesweit nur 139.256 arbeitslose Handwerker.

Bereits seit 2015 gibt es mehr offene Stellen im Handwerk als arbeitslose Handwerkerinnen und Handwerker. Von 2012 bis 2018 ist die Zahl der offenen Stellen im Handwerk durchgängig gestiegen. 2019 ging die Nachfrage nach Handwerksfachkräften infolge des damaligen konjunkturellen Abschwungs etwas zurück, ein kurzzeitiger Trend, der sich 2020 durch die beginnende Corona-Pandemie zunächst fortsetzte. Doch auch in diesen beiden Jahren lag die Anzahl der bundesweit offenen Stellen stets über der Gesamtanzahl der arbeitslosen Handwerkskräfte.

Im letzten Jahr hat sich der Personalmangel weiter verstärkt. Wie die KOFA-Analyse zeigt, konnten 2021 rechnerisch insgesamt 87.485 offene Stellen in Handwerksberufen nicht besetzt werden, weil es bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen in den jeweiligen Berufen gab. Diese so genannte Fachkräftelücke war damit deutlich größer als im ersten Corona-Jahr (2020: 65.000) und auch deutlich höher als zum Zeitpunkt der ersten KOFA-Analysen vor zehn Jahren.

2021 fehlten den Betrieben im Jahresdurchschnitt 75.452 Gesellen mit Berufsausbildung, 7.239 Personen mit Meisterabschluss und 4.794 Fortbildungsabsolventen. Besonders die Baubranche ist davon betroffen, denn rund die Hälfte der Handwerksbetriebe in Deutschland lassen sich dem Baugewerbe zuordnen.

Obwohl Gesellen zahlenmäßig am meisten fehlten, waren Fachkräfte mit Meisterabschluss am schwersten zu finden. Betrachtet man den Anteil der offenen Stellen im Handwerk, für die es bundesweit keinen passend qualifizierten Arbeitslosen gibt (Stellenüberhangsquote), dann konnte 2021 gut jede zweite Meisterstelle (52,6 %) rechnerisch nicht besetzt werden. Bei den Jobangeboten für Gesellen und Fortbildungsabsolventen traf dies „nur“ auf etwa 40 % der offenen Stellen zu.

Besonders betroffene Berufe

Betrachtet man einzelne Handwerksberufe, dann war die Fachkräftelücke 2021 am größten bei den Gesellinnen und Gesellen der Bauelektrik. Auch die Berufe der Sanitär-, Heizungs-, und Klimatechnik waren in besonders hohem Maße von Engpässen betroffen – sowohl bei den Gesellen als auch bei den Meistern. In diesen Berufen gab es für 100 offene Stellen bundesweit nur etwas über 20 passend qualifizierte Arbeitslose. Rechnerisch konnten hier also nur etwa 20 % der offenen Stellen mit Personal besetzt werden, das über die ursprünglich gewünschte berufliche Qualifikation verfügt.

In absoluten Zahlen betrachtet lag 2021 die Fachkräftelücke im Bereich Bauelektrik bei 14.760 Personen. Rechnerisch konnte also diese Anzahl an offenen Bauelektrikerstellen nicht besetzt werden, weil es bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen gab. Im Bereich Sanitär-, Heizungs-, und Klimatechnik betrug die Fachkräftelücke 12.977. Auf Platz drei folgten die Kraftfahrzeugtechniker (7.189). Der Wert für den Holz-, Möbel- und Innenausbau lag bei 5.763.

Entwicklung des Ausbildungsmarktes

Die duale Ausbildung bleibt im Handwerk der wichtigste Weg der Fachkräftesicherung. In den vergangenen rund zehn Jahren sank das Ausbildungsangebot in handwerklichen Berufen zunächst zwischen 2011 und 2013 und stieg dann anschließend bis 2018 an. Nach einem leichten konjunkturbedingten Rückgang 2019 sank die Anzahl der angebotenen Ausbildungsplätze durch die Corona-Pandemie 2020 deutlicher.

Laut KOFA-Analyse war das Angebot 2021 bereits größer als im Vorjahr, das Vorkrisenniveau wurde allerdings noch nicht wieder erreicht. Gleichwohl gab es im letzten Jahr bundesweit gut 20.000 unbesetzte Ausbildungsplätze. Zugleich blieben etwa 22.000 Bewerberinnen und Bewerber unversorgt. Diese Passungsproblematik spiegelt sich auch im langfristigen Trend der letzten zehn Jahre wider, wonach deutsche Handwerksunternehmen zunehmend Schwierigkeiten haben, ihre angebotenen Ausbildungsstellen zu besetzen.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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