Betriebsrat und JAV: Mitbestimmung im Unternehmen
Auch in kleineren Betrieben haben Arbeitnehmer in der Regel das Recht, einen Betriebsrat zu gründen. So steht es im deutschen Betriebsverfassungsgesetz. Das sieht außerdem so genannte Jugend- und Auszubildendenvertretungen vor (JAV).
Gibt es in deiner Firma etwa gar keinen Betriebsrat? Das wäre im Grunde nichts Besonderes, sondern eher die Regel. In der westdeutschen Privatwirtschaft waren 2013 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zwar 43% der Beschäftigten in einem Unternehmen mit Betriebsrat tätig. In Ostdeutschland waren es 36%. Aber diese Zahlen geben die tatsächliche Verbreitung von Betriebsräten nicht wirklich wieder. Interessensvertretungen von Arbeitnehmern findet man nämlich vor allem bei den relativ wenigen großen Unternehmen, während sie bei der Masse der kleineren Firmen nur selten vorkommen.
Verbreitung von Betriebsräten
Nach einer repräsentativen Arbeitgeberbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatten 2012 in Westdeutschland 86% aller Betriebe mit mehr als 500 Mitarbeitern einen Betriebsrat. Bei den Betrieben mit 51 bis 100 Mitarbeitern waren es bereits nur 38%, und bei Unternehmen mit fünf bis 50 Beschäftigten nur noch 6%. Insgesamt hatten nur 9% aller Firmen einen Betriebsrat – sowohl in West- als auch in Ostdeutschland.
Die Gründe für diese geringe Verbreitung sind vielfältig. Sicher spielt es eine Rolle, dass Beschäftigte in kleinen, inhabergeführten Unternehmen eher Hemmungen haben, einen Betriebsrat zu gründen, wenn bekannt ist, dass der Chef nichts von Arbeitnehmer-Mitbestimmung hält. Andererseits gibt es aber auch viele kleine Firmen mit flachen Hierarchien, in denen die Mitarbeiter gar nicht auf die Idee kommen, einen Betriebsrat zu gründen, weil sie ihre Interessen mit kurzem Draht zum Arbeitgeber selbst vertreten können.
Betriebsratswahl
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) räumt Arbeitnehmern grundsätzlich das Recht ein, einen Betriebsrat zu gründen, wenn im Unternehmen mindestens fünf erwachsene Mitarbeiter (18 Jahre alt oder älter) beschäftigt sind. Eine weitere Voraussetzung ist, dass es mindestens drei wählbare Beschäftigte geben muss. Das sind erwachsene Arbeitnehmer, die mindestens eine sechsmonatige Betriebszugehörigkeit vorweisen können. Leitende Angestellte werden dabei nicht mitgezählt. Übrigens spricht nichts dagegen, dass auch erwachsene Azubis in einen Betriebsrat gewählt werden, sofern die geforderte Betriebszugehörigkeit gegeben ist.
Die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder hängt von der Mitarbeiteranzahl ab: Bei Firmen mit fünf bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern wird nur eine Person gewählt, bei 21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern sind es drei – und so weiter. Die genauen Regeln findet ihr in §9 BetrVG. Ab 200 Beschäftigten muss ein Unternehmen übrigens einen oder mehrere Betriebsratsmitglieder von der Arbeit freistellen.
Neugründungen
Wie gesagt: Arbeitnehmer haben das Recht, einen Betriebsrat zu gründen, aber keineswegs die Pflicht dazu. Die Initiative muss von den Beschäftigten ausgehen, der Arbeitgeber darf sie dabei nicht behindern. In Unternehmen, die noch keinen Betriebsrat haben, ist es zur erstmaligen Gründung notwendig, dass mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer eine Betriebsversammlung einberufen, auf der die Beschäftigten einen mindestens dreiköpfigen Wahlvorstand wählen. Dieser Wahlvorstand ist dann für die unverzügliche Organisation und Durchführung der Wahl verantwortlich. Wenn mindestens ein Arbeitnehmer im Betrieb Gewerkschaftsmitglied ist, kann die Einladung zur Betriebsversammlung übrigens auch durch diese Gewerkschaft erfolgen.
Aufgaben des Betriebsrates
Die Aufgaben und Rechte eines Betriebsrates sind durchaus vielfältig. Sie werden in §80 BetrVG („Allgemeine Aufgaben“) und §87 BetrVG („Mitbestimmungsrechte“) detailliert aufgelistet. Der Betriebsrat soll zum Beispiel darüber wachen, dass zugunsten der Arbeitnehmer geltende Bestimmungen in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, aber auch in allgemeinen Gesetzten und Verordnungen auch tatsächlich im Betrieb eingehalten werden. Er soll innerbetrieblich die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit, die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer, die Integration ausländischer Arbeitnehmer oder auch die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen fördern. Er soll sich für Maßnahmen des Arbeitsschutzes einsetzen. Er hat im Betrieb außerdem weitreichende Mitbestimmungsrechte – zum Beispiel bei allen Fragen zu Arbeitszeiten, Urlaubsregelungen, Akkord- und Prämiensätzen sowie zur Lohngestaltung.
Jugend- und Auszubildendenvertretung
Zu den Aufgaben des Betriebsrates gehört es ferner, die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) durchzuführen und mit dieser eng zusammenzuarbeiten. Die JAV wird ausschließlich von jugendlichen Arbeitnehmern sowie von Auszubildenden bis zum Alter von 24 Jahren gewählt. Sie soll die speziellen Interessen dieser Personengruppe im Betrieb vertreten. Gewählt werden dürfen nur Personen bis zum Alter von 24, die nicht gleichzeitig dem Betriebsrat angehören. Sie müssen aber keine Azubis sein.
Die Einrichtung einer JAV ist verpflichtend für alle Unternehmen, die einen Betriebsrat haben und in denen mindestens fünf Jugendliche und/oder Azubis unter 25 Jahren arbeiten. Je größer dieser Personenkreis ist, umso mehr Vertreter werden in die JAV gewählt. Genaueres regelt §62 des BetrVG. Die JAV hat das Recht, mit mindestens einem Vertreter an Betriebsratssitzungen teilzunehmen. Sie ist außerdem auch in Besprechungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber einzubinden, wenn es dabei um Angelegenheiten geht, die speziell die Beschäftigtengruppe der unter 25-Jährigen betrifft.
Aufgaben der JAV
Ähnlich wie der Betriebsrat überwacht auch die JAV die zugunsten von Arbeitnehmern geltenden Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Gesetze, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften – nur eben mit speziellem Blick auf Jugendliche und Azubis. Die JAV nimmt Anregungen und Beschwerden dieser Beschäftigtengruppe entgegen und trägt sie in den Betriebsrat. Nach §70 BetrVG hat sie zudem die Aufgabe, Maßnahmen beim Betriebsrat zu beantragen, die den Interessen der Jugendlichen und Azubis dienen – insbesondere, wenn es um die Berufsbildung oder die Übernahme nach der Ausbildung geht.
Die JAV hat sogar das Recht, Beschlüsse des Betriebsrats zeitweilig auszusetzen, wenn sie der Meinung ist, dass dadurch wichtige Interessen der jungen Beschäftigten erheblich beeinträchtigt werden. In diesem Fall ist der Beschluss nach 66 BetrVG „auf die Dauer von einer Woche auszusetzen, damit in dieser Frist eine Verständigung, gegebenenfalls mit Hilfe der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften, versucht werden kann“.
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