RM Rudolf Müller

Rechte und Pflichten
28. Juli 2015 | Artikel teilen Artikel teilen

Kann mir als Azubi gekündigt werden?

KündigungWährend der Probezeit kann ein Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Doch danach wird es schwierig für den Ausbildungsbetrieb. Für Azubis gilt nämlich ein besonders strenger Kündigungsschutz.

Nach der meist viermonatigen Probezeit kann dir als Azubi nur „aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist“ gekündigt werden. Diese knappe Formulierung aus §22 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) bedeutet im Grunde zweierlei. Zum einen können Auszubildende überhaupt nicht – wie normale Arbeitnehmer – unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen „ordentlich gekündigt“ werden. Zum anderen muss der Arbeitgeber nach der Probezeit zwingend „wichtige Gründe“ nachweisen können, um eine außerordentliche, fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Und „wichtig“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wirklich schwerwiegende Gründe vorliegen müssen.

Ordentliche Kündigung unmöglich

Normalen Arbeitnehmern kann auch aus „weniger wichtigen“ Gründen gekündigt werden – zum Beispiel, wenn der Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen Personal abbauen möchte (betriebsbedingte Kündigung). Bei Azubis ist das nicht möglich. Dein Ausbildungsbetrieb kann dir nur fristlos kündigen, und auch das nur, wenn es einen schwerwiegenden Grund gibt.

Die außerordentliche Kündigung muss nach §22 BBiG schriftlich und unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber festgelegt, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund nur dann wirksam ist, wenn die Tatsachen, die zur Kündigung führen, nicht länger als 14 Tage her sind. Das heißt im Klartext: Der Ausbildungsbetrieb darf wichtige Kündigungsgründe nicht erst einmal sammeln, um sie zu einem späteren Zeitpunkt aus der Schublade zu ziehen und gegen den Azubi zu verwenden, sondern muss sich immer auf einen konkreten Grund beziehen, der noch nicht lange her ist. Wird aufgrund eines „Vorfalles“, der bereits 15 Tage her ist, gekündigt, ist diese Kündigung unwirksam.

Was sind „wichtige Gründe“?

„Ist ja alles schön und gut“, denkst du jetzt vielleicht, „aber kann mein Betrieb nicht jederzeit einfach einen wichtigen Grund erfinden, wenn er mich loswerden will?“. Tatsächlich wird im Berufsbildungsgesetz an keiner Stelle näher erläutert, was wichtige Gründe sind. Etwas mehr zu diesem Thema findet man in §626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dort heißt es sinngemäß, dass für eine Kündigung aus wichtigem Grund Tatsachen vorliegen müssen, die ein Fortführen des Arbeitsverhältnisses bzw. eine reguläre Kündigungsfrist nicht zumutbar erscheinen lassen. Hierbei müssen immer alle Einzelfall-Umstände sowie die Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers berücksichtigt werden.

Damit kommt es also immer auf den Einzelfall an. Im konkreten Streitfall entscheiden hier die Arbeitsgerichte „unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile“, ob eine Kündigung rechtmäßig ist oder nicht. Die Urteile der Arbeitsgerichte zeigen aber, dass am Vorliegen eines wichtigen Grundes strenge Anforderungen gestellt werden. Typische Beispiele für rechtmäßige Kündigungen sind etwa Fälle, in denen Azubis Diebstahl am Arbeitsplatz begehen, Firmeneigentum mutwillig beschädigen, Arbeitsanweisungen dauerhaft missachten oder die Arbeit häufig unentschuldigt schwänzen.

Muss vorher abgemahnt werden?

Häufig hört man, dass einer außerordentlichen Kündigung mindestens zwei Abmahnungen vorausgehen müssen. Das steht so aber in keinem Gesetz, sondern hat sich eher als Praxisregel aus der bisherigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte durchgesetzt. Als Arbeitnehmer sollte man es jedenfalls nicht darauf ankommen lassen. Bei schweren Vergehen wie etwa Diebstahl oder Körperverletzung im Betrieb werden Arbeitsgerichte im Einzelfall vermutlich auch einer fristlosen Kündigung ganz ohne Abmahnung zustimmen.

Der Sinn einer Abmahnung ist es, den Arbeitnehmer zu warnen. Das gilt auch für Azubis. Wenn du eine Abmahnung bekommst, ist das wie eine gelbe Karte beim Fußball. Dein Arbeitgeber sagt dir damit, dass du gegen Pflichten aus deinem Ausbildungsvertrag verstoßen hast. Wenn du dich nicht besserst, also aufhörst „Foul zu spielen“, dann droht dir die „rote Karte“ – die Kündigung.

Wie müssen Abmahnungen aussehen?

Zum Thema Abmahnung findet man – wie bei der „Kündigung aus einem wichtigen Grund“ – kaum konkrete Regelungen in den Gesetzen. Lediglich in §314 BGB heißt es allgemein: „Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig.“ Ansonsten handelt es sich um ein Rechtsgebiet, das weitgehend durch die praktischen Urteile der Gerichte ausgeformt wird.

Immerhin haben sich drei Praxisregeln in Bezug auf die richtige Form von Abmahnungen durchgesetzt. So muss der Arbeitgeber in der Abmahnung genau ausführen, warum er den Mitarbeiter abmahnt und er muss ihn zugleich auffordern, das beanstandete Verhalten in Zukunft zu ändern. Schließlich muss die Abmahnung auch die Androhung einer Kündigung enthalten, falls der Beschäftigte sein Verhalten trotz der Verwarnung nicht ändert.


Bitte beachten Sie: Der Inhalt dieses Beitrages stellt keine Rechtsberatung dar und kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen! Unser Anspruch ist es, immer rechtlich korrekte Artikel zur Verfügung zu stellen. Allerdings ändern sich Gesetze bzw. gesetzliche Regelungen häufig. Wir können daher keine Garantie für die aktuelle oder zukünftige Richtigkeit übernehmen. Im Zweifel wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an eine juristisch fundierte Person (z.B. Rechtsanwälte, Gewerkschaften, IHK etc.).

Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

Wann endet meine Ausbildungszeit?

„Schau einfach in deinen Ausbildungsvertrag“, könnte man auf diese Frage lapidar antworten. Dort steht schließlich schwarz auf weiß, an welchem...

mehr »
 

Wann dürfen Azubis den Betrieb wechseln?

Ein Azubi darf nicht einfach jederzeit seinen Betrieb verlassen, um dieselbe Ausbildung in einer anderen Firma fortzusetzen. Was geht und...

mehr »
 

Social Media: Chefkritiker leben gefährlich

„Wie war dein Tag, Schatz?“ Wenn in Partnerschaften diese Frage gestellt wird, geht es meist um die Arbeit. Wer redet...

mehr »
Nach oben
nach oben