Säcke aus Kraftsackpapier lassen sich grundsätzlich gut recyceln. (Quelle: EUROSAC / CEPI Eurokraft)

Plus 2023-12-05T15:06:19.107Z Recycling von Baustoff-Papiersäcken

Die Europäische Union will Produkthersteller dazu verpflichten, nur noch wiederverwertbare Verpackungen einzusetzen. Das betrifft auch Papiersäcke, wie sie unter anderem für pulverförmige Baustoffe zum Einsatz kommen. Die Verbände der europäischen Papiersack- und Kraftsackpapier-Industrie bereiten ihre Mitglieder bereits auf die künftigen Anforderungen vor. Kürzlich veröffentlichten sie einen Leitfaden mit Empfehlungen für recyclinggerechte Papiersäcke.

Der Ende November vergangenen Jahres von der EU-Kommission vorgelegte Entwurf einer neuen Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR) muss noch vom Europäischen Parlament diskutiert werden. Inhaltliche Änderungen sind also noch möglich. Klar ist aber auch: Wenn die Verordnung – in welcher Form auch immer – irgendwann verabschiedet wird, gelten ihre Vorschriften einheitlich in allen 27 EU-Mitgliedstaaten.

Woraus bestehen Papiersäcke?

Mit der geplanten Verordnung will die EU das Problem steigender Abfallmengen eindämmen. Unter anderem sollen bis 2030 alle Verpackungen wiederverwertbar sein. Die Papiersackbranche bereitet sich bereits heute darauf vor.

Die Säcke bestehen vor allem aus Papierfasern, enthalten aber auch Druckfarben und Klebstoffe sowie häufig Kunststoff-Folien. (Quelle: GemPSI)

„Unsere Branche hat sich zum Ziel gesetzt, hochwertige und nachhaltige Verpackungen für trockene Schüttgutprodukte zu entwickeln, die den Wandel zu einer biobasierten, kohlenstoffarmen und kreislauforientierten Wirtschaft unterstützen“, sagt Catherine Plitzko-Kerninon, General Delegate bei EUROSAC. Bei dieser Organisation handelt es sich um die europäische Vereinigung der Papiersackfabrikanten, der über 80 % der europäischen Papiersackhersteller angehören.

Ein durchschnittlicher, aus mehreren Lagen gefertigter Papiersack besteht heute zu 91,7 % aus Papierfasern, zu 2 % aus Klebstoffen und zu 1,1 % aus Druckfarben. Hinzu kommen meist noch Kunststoff-Folien (5,2 %), die als Feuchtigkeitsbarrieren dienen. Die Klebstoffe wiederum werden eingesetzt, um die Seitennähte der Sacklagen zu versiegeln sowie den oberen und unteren Teil des Sacks zu schließen.

Verbände veröffentlichen Leitfaden

Die geplante EU-Verpackungsverordnung lässt Hersteller von Papiersäcken schon heute verstärkt darüber nachdenken, ob alle Bestandteile ihrer Verpackungsprodukte auch wirklich kompatibel mit den gängigen Recyclingsystemen sind. Zumindest dürfen sie die Recycelbarkeit des Papiersacks an sich nicht gefährden.

Den Leitfaden gibt es unter www.eurosac.org zum kostenlosen Download. (Quelle: www.eurosac.org)

Tatsächlich müssen nicht alle Sackbestandteile wiederverwendbar sein. Für die Klebstoffe etwa wäre eine solche Anforderung praktisch nur schwer realisierbar, und auch die Kunststofffolien geraten in den Recyclingbetrieben bisher meist in den Ausschussstrom. Solange dadurch nicht die Recycelbarkeit der Papierfasern an sich gefährdet wird, gelten Papiersäcke gleichwohl als recycelbar. Die „Nicht-Faser“-Bestandteile müssen selbst also nicht zwingend wiederverwendbar sein, sie sollten aber als Bestandteil des Gesamtprodukts die gängigen Recyclingprozesse zumindest nicht verhindern.

Um die künftigen Anforderungen und den fachgerechten Umgang mit ihnen in der Branche bekannter zu machen, hat EUROSAC im Juni zusammen mit CEPI Eurokraft – dem europäischen Verband der Hersteller von Kraftsackpapier für die Papiersackindustrie und Kraftpapier für die Verpackungsindustrie – den Leitfaden „Paper Sacks – Design for Recyclability Guidelines“ veröffentlicht. Er soll die Mitglieder der beiden Verbände – Hersteller von Kraftsackpapier beziehungsweise Betriebe, die Papiersäcke verarbeiten und abfüllen – dabei unterstützen, die Recyclingfähigkeit von Papiersäcken zu maximieren.

Catherine Plitzko-Kerninon: „Unser neuer Leitfaden bietet allen Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette nützliche Informationen darüber, wie sie die Recyclingfähigkeit ihrer Verpackungen sicherstellen können.“ Die englischsprachige Veröffentlichung enthält Empfehlungen für die Auswahl der Materialien und für den Aufbau der Papiersäcke. Da sich Technologien und Rechtsvorschriften für das Papiersack-Recycling in Europa rasch ändern können, soll der Leitfaden künftig regelmäßig aktualisiert werden.

Bewertung aller Sackbestandteile

Der klassische Papiersack für pulverförmige Baustoffe wie ZementTrockenmörtel oder Fliesenkleber besteht aus zwei Lagen Kraftpapier und dazwischen eine Folien-Mittelschicht. Es handelt sich also nicht um ein reines Papierprodukt, sondern um ein Verbundmaterial. Die Kunststofffolie dient als Barriere, um die vor der Verarbeitung staubtrockenen Baustoffe vor äußerer Feuchtigkeit zu schützen.

Nebenbei bemerkt, liefert die Forschung mittlerweile vielversprechende Ansätze zur Herstellung von feuchtigkeitsresistentem Papier. Wie bereits im BaustoffWissen-Beitrag „Sackware: Papier hat Potenzial“ berichtet, hat der Lebensmittelhersteller Frosta bereits Ende 2019 einen Papierbeutel für Tiefkühlkost auf den Markt gebracht, der ganz ohne Plastik-Beschichtungen auskommt. Die Barriere gegen Fett und Feuchtigkeit wird stattdessen durch ein rein physikalisches Verfahren erreicht. Auch für pulverförmige Baustoffe scheinen derartige Papiersäcke keine Utopie mehr zu sein.

Neben den Feuchtigkeitsbarrieren geht der Leitfaden auch auf die verschiedenen Papierfasertypen für Papiersäcke sowie auf möglicherweise vorhandene Zusatzstoffe, Druckfarben, Lacke und Klebstoffe ein. Die geläufigsten Materialien in all diesen Bereichen werden von den „Guidelines“ dahingehend bewertet, ob sie vollständig, nur bedingt oder auch gar nicht kompatibel mit den Standard-Recyclingprozessen sind.

Am wenigsten Probleme bereitet der Hauptbestandteil der Säcke – das Papier. Das lässt sich nicht nur kompostieren, sondern auch problemlos recyceln. Tatsächlich kann man Zellulosefasern sogar bis zu sechsmal wiederverwerten, und überhaupt ist Papier-Recycling eine langjährig erprobte Praxis mit funktionierender Infrastruktur.

Sammel- und Recycling-Infrastruktur

Apropos Infrastruktur: Der Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission fordert auch ganz grundsätzlich, dass für die Wiederverwertung von Verpackungen Sammel- und Recyclingstrukturen in großem Maßstab vorhanden sein müssen. Im Klartext: Es reicht künftig nicht mehr aus, dass eine Verpackung aufgrund ihrer Materialität theoretisch recycelbar ist. Es muss auch ausreichend Sammel- und Sortierstellen geben, damit die jeweiligen Verpackungen tatsächlich als recycelbar gelten. Und natürlich muss es auch überall in Europa ausreichend leistungsfähige Recyclingkapazitäten geben.

In den Guidelines von EUROSAC und CEPI Eurokraft wird darauf hingewiesen, dass es bisher kein europaweites Recyclingsystem speziell für Papiersäcke gibt. Das bedeutet aber nicht, dass die Säcke nicht recycelt werden. Stattdessen werden sie meist als Teil gemischter Papierverpackungsabfälle für die Wiederverwertung gesammelt. Hintergrund dieser Praxis ist, dass Papiersäcke nur einen kleinen Teil aller Papierverpackungen in Europa ausmachen. Dieser Anteil liegt bei etwa 1,5 %.

zuletzt editiert am 28. Februar 2024