Ideal für die dezentrale Wiederaufbereitung: Duschwasser ist eigentlich viel zu sauber für die städtische Kläranlage. (Quelle: Pixabay)

Entwässerung 2024-12-16T12:50:00Z Was ist Grauwasser-Recycling?

Grauwasser ist fäkalienfreies, nur leicht verschmutztes Abwasser – etwa aus dem Waschbecken oder der Dusche. Bislang belastet auch dieses Abwasser meist die kommunalen Kläranlagen, obwohl es sich leicht vor Ort aufbereiten und für viele häusliche Zwecke wiederverwenden ließe. Dezentrale Recyclinganlagen gibt es längst. Mit ihnen kann man Abwassermengen reduzieren und Trinkwasser einsparen.

Wann immer wir den häuslichen Wasserhahn aufdrehen, produzieren wir Abwasser. Was in Sekundenschnelle im Abflussrohr verschwindet, landet bald darauf in der städtischen Kläranlage. Dort erfolgt ein intensiver Reinigungsprozess, an dessen Ende wieder Trinkwasserqualität erreicht wird. Dieser permanente Kreislauf gewaltiger Wassermassen ist aufwändig und teuer und führt vielerorts zur Überlastung von Kläranlagen.

Vom Grau- zum Betriebswasser

Der hohe Reinigungsaufwand in einer Kläranlage ist natürlich gerechtfertigt, sofern das zu behandelnde Wasser anschließend wieder von Menschen getrunken oder zum Kochen verwendet werden soll. An die Flüssigkeit, die aus unseren Wasserhähnen fließt, stellen wir zurecht hohe Hygieneanforderungen. Andererseits verbrauchen wir im Haushalt oder Garten aber auch große Mengen an Wasser für Anwendungen, für die eigentlich gar keine Trinkwasserqualität erforderlich ist. An dieser Stelle kommt nun das so genannte Grauwasser-Recycling ins Spiel.

Schema eines Grauwasser-Recyclingsystems mit verschiedenen Tanks und Filtrationseinheiten.
Dehoust setzt bei seinen Grauwasser-Recyclinganlagen der Marke „GWtec“ auf eine Kombination aus Abwasserbakterien und Ultrafiltration. (Quelle: Dehoust, Leimen)

Grauwasser ist nicht mit Schwarzwasser zu verwechseln, das fäkale Feststoffe enthält. Letzteres ist definitiv ein Fall für die kommunale Kläranlage. Grauwasser dagegen lässt sich relativ einfach dezentral so weit aufbereiten (und in Tanks zwischenspeichern), dass man es zum Beispiel für die Gartenbewässerung und Autowäsche, aber auch zur Gebäudereinigung bedenkenlos benutzen kann. Für die Aufbereitung gibt es kompakte Grauwasser-Recyclinganlagen, die meist im häuslichen Keller aufgestellt werden. Sie produzieren ein relativ sauberes Betriebswasser, das nicht nur fäkalienfrei, sondern auch klar und nahezu schwebstofffrei ist und von dem kein unangenehmer Geruch ausgeht.

Grauwasser-Recyclinganlagen reinigen fäkalienfreies Abwasser wie es zum Beispiel beim Duschen oder Händewaschen anfällt. Das Ergebnis ist zwar nicht für den menschlichen Genuss geeignet, lässt sich aber bedenkenlos für viele andere Zwecke im Haushalt verwenden – sogar für die Waschmaschine. „Eigene hygienische/mikrobiologische Untersuchungen haben bereits in den 90er-Jahren gezeigt, dass kein qualitativer Unterschied zwischen Wäsche, die mit Trinkwasser und Wäsche, die mit Betriebswasser gewaschen wurde, feststellbar ist“, sagt Diplom-Ingenieur Erwin Nolde, dessen Ingenieurbüro schon seit Jahren ein eigenes Grauwasser-Aufbereitungssystem mit integrierter Wärmerückgewinnung entwickelt.

Hohe Trinkwassereinsparungen möglich

Natürlich kann man Grauwasser auch für die WC-Spülung verwenden. Wenn man bedenkt, dass in einem typischen Privathaushalt allein die Toilettenspülung und das Wäschewaschen etwa die Hälfte des gesamten Trinkwasserbedarfs ausmachen, wird deutlich, dass sich mit konsequentem Grauwasser-Recycling deutliche Trinkwassereinsparungen realisieren lassen.

Ein großer schwarzer Betriebswassersammeltank in einem Technikraum, umgeben von Rohrleitungen und Armaturen.
Das Betriebswasser wird bis zur Verwendung gespeichert. (Quelle: Dehoust, Leimen)

Auch wenn Grauwasser-Recyclinganlagen keine Trinkwasserqualität produzieren, helfen sie dennoch, Trinkwasser zu sparen. Warum? Weil im Haushalt weniger Trinkwasser für Aktivitäten wie Rasensprengen oder die Toilettenspülung verschwendet wird. Dort wo Grauwasser zum Einsatz kommt, nutzt man die entsprechenden Verbrauchsmengen nicht nur einmal, sondern mehrfach.

Schätzungen zufolge kann eine Grauwassernutzungsanlage den jährlichen Trinkwasserverbrauch eines Vier-Personen-Haushalts um bis zu 50 % senken. Da auf diese Weise insgesamt weniger Abwasser anfällt, sinken auch die Abwassergebühren. Auf der anderen Seite kosten Anschaffung und Installation einer Recyclinganlage natürlich Geld, und es dauert sicher viele Jahre, bis sich die Investition rein finanziell betrachtet amortisiert. Gleichwohl ist das Einsparen von Trinkwasser ein Gebot der Stunde. In Zeiten neuer Hitzerekorde sinkt auch hierzulande der Grundwasserspiegel. Trinkwasser wird knapper, es ist einfach zu kostbar, um damit Fäkalien die Toilette hinunterzuspülen. Und auch in Deutschland kommt es bereits heute regional verstärkt zu Bewässerungsverboten.

Recycling-Pflicht notwendig?

Toilettenspülung mit Grauwasser ist okay, nur andersherum geht es nicht: Grauwasser-Recyclinganlagen sind nicht zur Reinigung des Schwarzwassers gedacht, die aus der Toilette abfließen. Aber auch Abwasser aus der Küche ist insofern kritisch, da es oft Speisereste und Fette enthält. Bislang erfolgt Grauwasser-Recycling daher meist nur mit dem Brauchwasser aus Handwaschbecken, Badewanne und Dusche.

Diplom-Ingenieur Erwin Nolde spricht sich allerdings dafür aus, weitere Quellen anzuzapfen – vor allem, weil in Deutschland der Bedarf an Bewässerungswasser steige, der durch Grundwasserentnahmen nicht mehr gedeckt werden könne. „Für das Grauwasserrecycling bedeutet dies, dass neben dem gering belasteten Grauwasser aus Badewannen und Duschen auch die deutlich höher belasteten Quellen aus Waschmaschinen und Küchen aufbereitet werden sollten, was mit dem mehrstufigem Wirbelbettverfahren bereits seit 18 Jahren erfolgreich praktiziert wird“.

Aufbereitetes Grauwasser lässt sich wie schon erwähnt zum Beispiel für die Autoreinigung, zum Blumengießen, für die Toilettenspülung oder auch zur Speisung der Waschmaschine verwenden. Doch was ist mit Duschen und Baden?

„Das Wasser für die Dusche und Badewanne sollte den hygienischen Anforderungen der novellierten europäischen Richtline über die Qualität der Badegewässer und deren Bewirtschaftung unterliegen“, erläutert Andreas Bichler, CEO des Leimener Behälter- und Anlagenbauers Dehoust, der auch Anlagen zur Grauwasseraufbereitung baut. „Mit unseren Anlagen übertreffen wir deren Anforderungen sogar. Auch die Spülmaschine könnte durchaus gespeist werden. Dem entgegen steht die Gesetzgebung, die in diesen Bereichen nur die Verwendung von Trinkwasser zulässt. Ein Umdenken seitens der Politik ist dringend erforderlich. Es gibt Länder auf dieser Erde, die froh wären, wenn sie unser Betriebswasser nutzen könnten.“

Branchenexperte Erwin Nolde wünscht sich sogar verpflichtende Regeln zum Grauwasser-Recycling: „Wenn man bedenkt, dass circa 70 % des abgegebenen Wassers eines kommunalen Wasserversorgers in den Wohnbereich geliefert wird, wünsche ich mir schon lange, dass hier – ähnlich wie im Energiebereich – Trinkwassersparmaßnahmen zur Pflicht werden. Diese müssten klar in Bauordnungen oder Bebauungsplänen fest vorgeschrieben werden.“

Anlagentechnik

Grauwasser-Recycling setzt allerdings voraus, dass es im Haushalt zu keiner Vermischung von Grau- und Schwarzwasser kommt. Von den klassischen Grauwasserquellen – Waschbecken, Dusche, eventuell auch die Waschmaschine – sind daher separate Wasserleitungen zur Recyclinganlage notwendig. Übrigens lässt sich auch gesammeltes Regenwasser in die Aufbereitungsanlagen einspeisen.

Schema zur Grauwasserrecyclinganlage mit integrierter Wärmerückgewinnung, das den Prozess der Wasseraufbereitung und Wärmerückgewinnung zeigt.
Das Wirbelbettverfahren eignet sich auch für hoch belastetes Grauwasser und erlaubt die Integration von Wärmerückgewinnung – hier mittels Wärmepumpe. (Quelle: Nolde – innovative Wasserkonzepte GmbH)

Grauwasser-Recyclinganlagen für den Hausgebrauch sind Mini-Kläranlagen, die je nach Hersteller unterschiedlich funktionieren können. In der Regel bestehen aber alle Anlagentypen aus mehreren Sammelbehältern, durch die das Grauwasser nach und nach fließt. Gröbere Verunreinigungen – wie Haare oder Schmutzpartikel – werden durch mechanische Grobfilter entfernt. Daneben kommen auch sehr feine Ultrafiltrationsmembrane mit Porengrößen von nur 0,00005 mm Durchmesser zum Einsatz.

Viele Anlagen kombinieren solche Filtertechnik mit zusätzlichen Reinigungsmethoden. Verbreitet ist insbesondere die biologische Reinigung mithilfe von Mikroorganismen. Auch die Entkeimung per UV-Licht zählt zu den gängigen Methoden.

Dehoust setzt bei seinen Grauwasser-Recyclinganlagen der Marke „GWtec“ auf eine Kombination aus Abwasserbakterien und Ultrafiltration. Im ersten Schritt erfolgt die Grobfiltration. Danach werden organische Schmutzstoffe wie Duschgel oder Seife durch Abwasserbakterien aerobisch-biologisch abgebaut. Bei der Ultrafiltration reinigt der Membranfilter das vorbehandelte Grauwasser.

Kooperation von Dehoust und Nolde

Im August kündigte Dehoust eine Kooperation mit Erwin Noldes Firma „Nolde – Innovative Wasserkonzepte GmbH“ an. Laut Pressemitteilung wollen die Unternehmen gemeinsam Aufbereitungsanlagen „der nächsten Generation“ entwickeln. Dehoust sei zur Realisierung derartiger Anlagen auf der Grundlage des Systems Nolde – mit oder auch ohne Wärmerückgewinnung – bereit. Gleichzeitig will das Leimener Unternehmen weiterhin auch die eigene Membrantechnologie vertreiben.

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Das Nolde-System setzt statt Ultrafiltration auf das mehrstufige Wirbelbettverfahren. Die beiden Kooperationspartner wollen für diese Technik nun ein modular einsetzbares „Plug & Play“-System entwickeln, um so künftig einen breiteren Markt bedienen zu können.

Den Unterschied zwischen Wirbelbettverfahren und Ultrafiltrations-Membrantechnologie erklärt Erwin Nolde wie folgt: „Bei beiden Verfahren wird das Grauwasser zunächst rein biologisch behandelt, sodass nahezu alle biologisch abbaubaren Stoffe abgebaut werden. Dem mehrstufigen Wirbelbettverfahren ist dann anstelle der Membran ein automatisch rückspülbarer Sandfilter und eine UV-Desinfektion nachgeschaltet, was der Funktion der Membran weitgehend entspricht. Hinsichtlich der Wasserqualität sind beide Verfahren – richtig dimensioniert – gleichwertig“.

Dieser Text ist eine Aktualisierung des gleichnamigen BaustoffWissen-Beitrags von Januar 2019.

zuletzt editiert am 16. Dezember 2024