Beton ist der Massenbaustoff unserer Zeit. Meist kommt er heute als Transportbeton auf die Baustelle. Darunter versteht man Beton, der bereits im Betonwerk fertig gemischt und in frischem Zustand angeliefert wird. Was heute als selbstverständlich gilt, war lange Zeit undenkbar. Es brauchte einige (bau)technische Innovationen, damit Transportbeton den früher dominierenden Ortbeton verdrängen konnte.
Transportbeton nach DIN EN 206-1 beziehungsweise DIN 1045-2 hat viele baupraktische Vorteile. Das verarbeitungsfertige Material sorgt für schnellere Bauzeiten und mehr Sicherheit in Sachen Betongüte. Die Vorfertigung im Werk erlaubt eine konstantere Qualitätskontrolle als das Anmischen von Ortbeton. Auf der Baustelle gibt es zudem weniger Platzprobleme, weil dort keine mobilen Mischmaschinen und Betonrohstoffe (Zement, Sand und Kies, Wasser) vorzuhalten sind. Die meisten Bauunternehmer dürften zudem froh sein, dass beim Transportbeton die Verantwortung für die Materialqualität nicht mehr bei ihnen liegt, sondern beim Lieferanten.
Zweifel und Erfolgsbedingungen
Transportbeton und seine Vorteile erscheinen uns heute als selbstverständlich. Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmals die Idee diskutiert wurde, fertigen Frischbeton über längere Distanzen zum Einsatzort zu transportieren, hielten das allerdings nicht wenige Experten für eine unrealistische Spinnerei. Berechtigterweise war damals die Angst groß, dass sich die Betonbestandteile während der Fahrt zur Baustelle entmischen könnten und der Abbindevorgang des Zements so weit voranschreitet, dass sich das Material kaum noch verarbeiten lässt.

Eine wichtige Voraussetzung für den Siegeszug des heutigen Transportbetons war die Erfindung des Portlandzements, der in Deutschland allerdings erst ab den 1870er-Jahren in ausreichenden Mengen erhältlich war. Portlandzement zeichnet sich unter anderem durch eine längere Verarbeitbarkeit aus. Damit vergrößerten sich auch die zeitlichen Spielräume für den Transport von Frischbeton.
Eine weitere technologische Voraussetzung war die Verbreitung von Automobilen, die erst im 20. Jahrhundert spürbar zunahm. Man muss sich vergegenwärtigen, dass Beton gegen Ende des 19. Jahrhunderts oft noch mit Pferdefuhrwerken transportiert wurde. Die Anlieferung von Transportbeton über längere Strecken ist aber tatsächlich nur sinnvoll, wenn dafür Fahrzeuge mit deutlich mehr PS bereitstehen. Zugleich war natürlich auch ein gut ausgebautes Straßennetz unabdingbar.
Pionier aus Deutschland
Insofern überrascht es nicht, dass die Entwicklung der Transportbetonbranche erst im 20. Jahrhundert allmählich in Fahrt kam. Der entscheidende Impuls kam dabei von einem Deutschen. Der studierte Bauingenieur und Maurer Jürgen Hinrich Magens hatte die zündende Idee für eine „Methode, Beton ohne Verlust der Bindefähigkeit zu transportieren“. Anfang 1903 wurde ihm dafür das gleichnamige Patent erteilt.
Magens Methode bestand zunächst vor allem darin, fertig gemischten Beton einzufrieren und ihn auch während des Transports in einem geschlossenen Kastenwagen durchweg zu kühlen. Dadurch ließen sich Entmischung und vorzeitiges Abbinden des Materials bereits stark vermindern.
Jürgen Hinrich Magens war nicht nur ein Erfinder, sondern auch ein mutiger Geschäftsmann. 1903 gründete er in Hamburg das erste Transportbetonwerk der Welt. 1907 ließ er sich zudem eine weitere Idee patentieren. Diesmal ging es darum, das Abbinden des Frischbetons während längerer Fahrten weiter zu verzögern, indem das Material während der Fahrt einer kontinuierlichen Schüttelbewegung ausgesetzt wird. Damit schuf Magens die Grundlage für die heute meist eingesetzten Fahrmischer mit drehbarem Trommelbehälter.
Jürgen Hinrich Magens war ein visionärer Pionier, der die breite Umsetzung seiner Ideen freilich nicht mehr erlebte. Er starb Ende 1925, damals war Transportbeton in Deutschland allenfalls ein Nischenmarkt. Ein Massenmarkt entwickelte sich gegen Ende der 1920er-Jahre zunächst vor allem in den USA. Weltweit durchgesetzt hat sich der Transportbeton erst nach dem Zweiten Weltkrieg – dann auch in Deutschland. Ausschlaggebend dafür waren einerseits die Entwicklung der modernen Fahrmischer-Technik und andererseits die Etablierung eines dichten Netzes moderner Transportbetonwerke.
Flächendeckendes Betonwerke-Netz
2023 waren im Bundesverband der Deutschen Transportbetonindustrie (BTB) 540 Unternehmen mit 1.856 stationären und mobilen Transportbetonanlagen organisiert. Das dichte Netz regionaler Betonwerke ist eine weitere wichtige Voraussetzung für den Siegeszug des Transportbetons. Nur so lassen sich lange Anfahrtswege vermeiden und damit eine flächendeckende Transportbeton-Verfügbarkeit in ganz Deutschland realisieren.

Moderne Betonwerke verfügen über computergesteuerte Mischanlagen, die unterschiedliche Betonsorten normgerecht in gleichbleibend hoher Qualität herstellen. Nach Angaben des BTB gilt als allgemeine Regel, dass der werkgemischte Transportbeton innerhalb von 60 Minuten nach Mischungsende auf der Baustelle sein sollte. Ist dieses Zeitfenster nicht einzuhalten, können die Betonwerke auch fahrzeuggemischten Transportbeton anbieten.
Fahrzeuggemischter Transportbeton ist eine Option, weil die Betonwerke heute meist so genannte Fahrmischer einsetzen. Diese Fahrzeuge mit Mischtrommelaufbau erlauben nicht nur den Transport von werkgemischtem Beton, sondern können zuvor im Betonwerk abgemessene Rohstoffmengen auch separat transportieren. Der eigentliche Mischvorgang wird dann erst während der Fahrt oder auf der Baustelle gestartet.
Baustoff-Fachwissen verständlich erklärt: Jetzt Newsletter abonnieren!
Der BaustoffWissen-Newsletter bringt Sie thematisch immer auf den neuesten Stand. Sie erhalten die Branchen-News dann zwei Mal monatlich.
Nach Angaben des Unternehmens Spenner Herkules, das knapp 30 Betonwerke in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Berlin betreibt, wird Transportbeton überwiegend in der Druckfestigkeitsklasse C 20/25 und in der Regelkonsistenz F 3 (weich) hergestellt. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass sich das Material leicht verarbeiten lässt und ausreichend fließfähig für den Einsatz in Betonpumpen ist. Letztere werden bei Transportbeton häufig genutzt, um den Frischbeton aus dem Fahrmischer heraus direkt zur Einbaustelle auf der Baustelle zu befördern.
Historischer Produktionsrückgang
Die aktuelle Baukrise in Deutschland macht sich übrigens auch in der Transportbetonbranche bemerkbar. Der BTB meldete letzten September gar einen historischen Rückgang der Produktion. Demnach haben die 540 im Bundesverband organisierten Transportbetonunternehmen im Jahr 2023 nur noch 42,29 Mio. m3 Beton produziert. Das war ein Minus von 19 % gegenüber dem Vorjahr – laut BTB der höchste prozentuale Rückgang der Jahresproduktion seit Gründung des Verbands im Jahr 1966.
 
                     
                     
                    