Über Infrarot-Heizelemente, die man in Innenräumen an Decken oder Wände montiert, haben wir auf BaustoffWissen bereits informiert. Es gibt aber auch komplett transparente Infrarotscheiben. Mit deren Hilfe werden Fassaden- und Dachfenster zur unsichtbaren Heizung.
Herkömmliche Niedertemperatur-Infrarotheizungen, mit denen sich Innenräume effizient heizen lassen, waren Thema im BaustoffWissen-Beitrag „Was sind Infrarotheizungen?“. Die plattenförmigen Elemente bestehen aus einem stromdurchflossenen Heizelement und einem Gehäuse. Bei Infrarot-Fensterheizungen dagegen befindet sich die Heizschicht in der Innenscheibe der Fensterverglasung.
Unsichtbare Heizung
Infrarotscheiben ermöglichen eine völlig unsichtbare und zudem äußerst platzsparende Heizung. Normalerweise sind Fensterscheiben die kältesten Oberflächen in Innenräumen, doch mit Infrarottechnik werden sie zur Quelle wohliger Wärme. Angenehmer Nebeneffekt: Durch die Heizfunktion der Gläser ist es ausgeschlossen, dass die Fensterscheiben in der kälteren Jahreszeit von innen beschlagen. Damit wird eine mögliche Quelle für Schimmelbildung im Innenraum im wahrsten Sinne des Wortes ausgetrocknet.

Wie herkömmliche Infrarotheizungen werden auch Fenster mit Infrarotscheiben rein elektrisch betrieben. Es handelt sich um Stromdirektheizungen. Auf der Rückseite der wohnraumzugewandten Scheibe befindet sich in der Regel eine Schicht aus Metalloxid-Partikeln. Sie lässt sich durch Stromzufuhr erhitzen, wodurch auch die Scheibe selbst warm wird. Die Wärme wird dann in den Raum abgestrahlt. Die Metalloxidschicht besteht aus winzigen Nanopartikeln, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. Daher bleibt die Scheibe trotz integrierter Heiztechnik transparent.
Die erzeugte Wärme wird größtenteils in Form von Infrarotstrahlen abgegeben. Das ist der für Menschen unsichtbare Anteil der elektromagnetischen Strahlung, der auch dafür sorgt, dass unser Körper Wärme empfindet, wenn er zum Beispiel von der Sonne oder einem Lagerfeuer angestrahlt wird. Anders als bei klassischen Konvektionsheizungen erfolgt der Wärmetransport nicht durch die Bewegung von Luftteilchen. Stattdessen wird die angenehme Strahlungswärme direkt auf Wände, Möbel und sonstige Körper im Raum übertragen.
Aber besteht nicht die Gefahr, dass die in der Scheibe erzeugte Wärme statt in den Innenraum nach draußen abfließt? Grundsätzlich schon. Aber Infrarot-Fensterheizungen haben in der Regel einen Dreischeibenaufbau, und nur die Scheibe auf der Innenraumseite wird erhitzt. Die beiden anderen Scheiben verfügen über Low-E-Beschichtungen, welche die Strahlungswärme nach innen reflektieren. Außerdem sind die Scheibenzwischenräume mit einem Edelgas gefüllt, das sich durch eine sehr niedrige Wärmeleitfähigkeit auszeichnet. Kurzum: Der Scheibenaufbau bietet eine effektive Wärmedämmung nach außen.
Produktbeispiele
Zu den Anbietern von Infrarotscheiben für Fassadenfenster gehört der Spezialglasscheiben-Hersteller Vestaxx. Das Standardprodukt des Berliner Startups besteht aus einem Dreifach-Isolierglasscheiben-Aufbau mit einer Heizschicht und zwei Reflektorschichten (Low-E) sowie zwei Scheibenzwischenräumen (2 x 18 mm), die mit dem Edelgas Argon gefüllt sind.

Diese Spezialglasscheiben passen nach Herstellerangaben in alle Fenstersysteme und geben ihre Wärmestrahlung mit einem Gesamtsystemwirkungsgrad von circa 95 % an das Gebäude ab. Vestaxx fertigt die Scheiben bis zu einer Maximalgröße von 2,5 x 3 Metern. Die Minimalgröße liegt bei 60 x 60 cm. Zum Einsatz kommen die Scheiben übrigens auch beim Holzfertighaus-Anbieter Talishaus aus Husum. Der Premium-Partner empfiehlt die Fensterheizungen standardmäßig für seine „Nullenergiehäuser“.
Auch im Dachfensterbereich ist der Einsatz von Infrarotscheiben natürlich möglich. Ganz aktuell hat Roto für das Frühjahr 2024 den Verkaufsstart seines neuen Dachfensters „Roto Designo Heat“ angekündigt. Dieses Produkt mit Dreischeiben-Aufbau verfügt ebenfalls über eine innenseitige Infrarotscheibe, die ähnlich funktioniert wie die Vestaxx-Produkte. Nach Roto-Angaben wurde die Verglasungstechnik allerdings in Kooperation mit einem anderen Glashersteller entwickelt.
Roto bezeichnet das neue Fenster in einer Pressemitteilung als „Gamechanger im Renovierungsmarkt“. Warum? Weil Fensterheizungen deutlich leichter zu installieren sind als etwa eine Fußbodenheizung mit Wärmepumpen-Antrieb. In Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels ist das ein großer Vorteil, der sich zudem kostensenkend auswirkt. Für Fensterheizungen sind keine bauseitigen Eingriffe wie das aufwändige Verlegen von Heizungsrohren unter das Dach erforderlich. Montage, Anschluss und Inbetriebnahme des Roto Designo Heat“ unterscheiden sich kaum vom Einbau eines klassischen Elektro-Dachfensters.
Ein großer Vorteil solcher Fensterheizungen besteht darin, dass sie – wie Infrarotheizungen generell – vergleichsweise schnelle Aufheizzeiten ermöglichen. Die Scheibe wird innerhalb weniger Minuten von innen warm, außen bleibt sie dagegen kühl.
Wie groß müssen die Fenster sein?
Die grundsätzliche Frage ist natürlich, wie groß die Fenster sein müssen, damit man mit ihnen die Wohnung tatsächlich warm bekommt. Das hängt zunächst mal auch vom energetischen Zustand der Gebäudehülle ab. Ähnlich wie Fußbodenheizungen sind auch die Fensterheizungen nur für gut gedämmte Gebäude zu empfehlen. Die Infrarotscheiben selbst verfügen wie beschrieben über ein hohes Wärmedämmniveau. Schon deshalb würde der Einsatz in einer ungedämmten Außenwand keinen Sinn machen – Stichwort: Wärmebrücke.

Doch zurück zur Frage nach der Fenstergröße. Vestaxx-Geschäftsführer Andreas Häger hat eine ungefähre Faustregel parat. Demnach muss die Scheibengröße einer Infrarot-Fensterheizung in einem gut gedämmten Neubau etwa 10 bis 15 % der Grundfläche des jeweiligen Raumes ausmachen, um eine auskömmliche Heizleistung sicherzustellen. Derartige Fenstergrößen sind nichts Außergewöhnliches, sondern bewegen sich schon seit Jahrzehnten im Rahmen der Mindestanforderungen zur Tageslichtversorgung im Neubaubereich.
Häger betont zugleich, dass Infrarot-Fensterheizungen für jedes einzelne Objekt einzeln auszulegen sind. Bei Vestaxx beziehungsweise Talishaus gehöre eine entsprechende Beratungsleistung zum Kundenservice.
Auch Roto erläutert auf Nachfrage, dass man die „richtige“ Größe der Infrarotscheibe nicht so einfach pauschal benennen könne. Sie hänge von verschieden Faktoren ab – etwa dem Sanierungsstand des Gebäudes oder der Frage, ob noch weitere Heizquellen vorhanden sind. Zum Verkaufsstart des „Roto Designo Heat“ will der Hersteller einen Heizkostenrechner auf seiner Website anbieten, der es den Kunden ermöglichen soll, nach Angabe ihrer individuellen Daten das passende Fensterheizungsprodukt berechnen zu lassen.
Kombination mit Photovoltaik
Vestaxx empfiehlt ausdrücklich, die strombetriebenen Fensterheizungen mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach zu kombinieren. Das garantiert, dass man sie auf lange Sicht mit kostengünstigem grünem Strom betreiben kann.
Wie sich die allgemeinen Strompreise in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten entwickeln werden, bleibt natürlich ein Unsicherheitsfaktor. Die Anschaffungskosten einer Infrarotscheiben-Fensterheizung sind allerdings vergleichsweise gering. Bei einem Einfamilienhaus lassen sich nach Angaben von Vestaxx im Vergleich zu einer Wärmepumpe rund 20.000 Euro einsparen. Das so gesparte Geld könne man in eine leistungsfähige Photovoltaik-Anlage investieren.