Beim Betonstein „Execk“ entsteht die Sickerfläche durch Eckaussparungen. (Quelle: EHL AG)

Plus 2023-12-07T10:20:30.813Z Wasserdurchlässige Pflasterflächen

Für Mensch und Natur hat es viele Vorteile, wenn Regenwasser, dort wo es anfällt, direkt in den Erdboden versickern kann. Unversiegelte Bodenflächen sind ideal für einen natürlichen Wasserkreislauf. Sie sind dann allerdings oft nur schlecht begeh- und allenfalls eingeschränkt befahrbar. Keine Frage: Wegebefestigungen haben ihren Sinn – auch auf privaten Grundstücken! Ein interessanter Kompromiss sind wasserdurchlässige Pflasterflächen.

Wenn gepflasterte Flächen den Boden nicht komplett versiegeln, sondern die Versickerung von Niederschlägen noch zulassen, verlieren Starkregenereignisse zumindest einen Teil ihres Schreckens: Eine Überschwemmung von Grundstücken wird unwahrscheinlicher, die öffentliche Kanalisation wird geschont und langfristig entsteht neues Grundwasser. Seit es hierzulande die gesplittete Abwassergebühr gibt, können Grundstücksbesitzer mit wasserdurchlässigen Pflasterflächen aus Materialien wie etwa Betonstein oder Pflasterklinker sogar bares Geld sparen.

Nur eingeschränkt einsetzbar

Gleichwohl sind versickerungsfähige Pflaster nicht auf allen Flächen geeignet und auch nicht überall ökologisch vorteilhaft. In stark belasteten Verkehrs- und Gewerbereichen etwa scheiden sie als Lösung aus. Nicht nur, weil teilversiegelte Flächen rein physisch weniger stark belastbar sind, sondern auch, weil sich die Niederschläge in den genannten Bereichen automatisch mit Schadstoffen vermischen. Eine direkte, ungefilterte Versickerung wäre dann sogar Gift für Boden und Grundwasser.

Der Öffnungsanteil sollte bei Sickerklinkern mindestens 10 % betragen. (Quelle: ABC Klinkergruppe)

Im privaten Bereich lassen sich wasserdurchlässige Pflasterflächen dagegen meist problemlos anlegen – etwa im heimischen Garten oder auf der Terrasse. Auch Hofflächen und Pkw-Stellplätze mit wasserdurchlässigem Pflaster sind oft konstruktiv sinnvoll und ökologisch wertvoll zugleich. Die Arbeitsgemeinschaft Pflasterklinker weist darauf hin, dass man auf diesen Flächen allerdings keine Taumittel verwenden sollte.

Auch für öffentliche Plätze, Fuß- und Radwege, Parkflächen und sogar für kleinere Wohn- und Anliegerstraßen ist Sickerpflaster grundsätzlich eine Option, sofern dort nur von einer begrenzten Verkehrsbelastung der Belastungsklasse Bk0,3 RStO auszugehen ist. Nach Angaben der AG Pflasterklinker gilt das allerdings nur außerhalb von Wasserschutzgebieten und auf Flächen mit einem Mindestabstand von 2 m zum Grundwasser. Der Untergrund muss zudem mindestens 1 m mächtig sein, damit die Filterung des eindringenden Niederschlagswassers gewährleistet ist.

Versickerung über die Fugen

Da Pflasterbeläge aus vielen Einzelsteinen bestehen, ist Wasserdurchlässigkeit natürlich auch über die Fugen möglich. Sind diese ausreichend breit und mit losen Gesteinskörnungen gefüllt, lassen sich ordentliche Versickerungsergebnisse erzielen. Um die Einhaltung der Fugenbreite dauerhaft zu garantieren, gibt es spezielle Abstandhalter. Ein stabiles Steinmaterial – etwa aus Pflasterklinker, Natursteinen oder Beton – ermöglicht auch bei ungebundenen Fugen belastbare Flächen, die man zumindest gelegentlich sogar noch mit einem Wohnmobil befahren kann.

Der Bewuchs der Fugen kann auch schön aussehen. (Quelle: EHL AG)

Aus Ton gebrannte Pflasterklinker sind an sich ein sehr dichtes Belagsmaterial. Die AG Pflasterklinker empfiehlt deshalb aufgeweitete Fugen zwischen 1,5 cm und 3 cm Breite. Sie verweist zudem auf die Bedeutung des Fugenmaterials. Um eine ausreichende Versickerungsfähigkeit der Fugen sicherzustellen, seien grobe Gesteinskörnungen der Größen 1/3, 2/4 oder 2/5 zu verwenden. Die Größenangaben bezeichnen das Kleinstkorn und das Größtkorn der jeweiligen Kornmischungen in Millimeter. Ein Kleinstkorn der Größe 1 mm bedeutet, dass diese Gesteinskörnung durch ein Sieb mit einer Siebweite von 1 mm gerade nicht mehr durchfällt.

Die AG Pflasterklinker weist aber auch darauf hin, dass Pflasterdecken bei Verwendung solcher Gesteinskörnungen eine relativ geringe Verformungsbeständigkeit aufweisen, sodass sie nur in Bereichen mit begrenzter Verkehrsbelastung verwendet werden können. Außerdem werden Fugen aus losen Körnungen bei starkem Regen natürlich leicht ausgeschwemmt, was die Stabilität des Pflasterbelags bedroht. Deshalb entscheiden sich viele Hausbesitzer für Fugen in gebundener Bauweise, die die Versickerung zwar nicht komplett, aber doch stark behindern.

Bei gebundenen Fugen besteht das Fugenmaterial aus festem Mörtel, dem weder Regen noch Reinigungsmaschinen etwas anhaben können. So entsteht ein fester Pflasterverbund, der das Herauslösen einzelner Steine erschwert und Unkraut zwischen den Steinen verhindert. Selbst Fugenmörtel, die als wasserdurchlässig vermarktet werden, verlangsamen die Versickerung aber deutlich. Bei Starkregen hilft das wenig. Letztlich muss man sich entscheiden, ob möglichst wasserdurchlässige oder möglichst stabile Fugen gewollt sind. Beides gleichzeitig geht nicht.

Versickerung durch die Steine

Die Versickerungsleistung von Pflasterflächen lässt sich deutlich erhöhen, wenn nicht nur die Fugen, sondern auch die Pflastersteine selbst wasserdurchlässig sind. Das funktioniert zum Beispiel mit Pflastersteinen aus Leichtbeton mit haufwerksporiger Struktur. Diese Produkte haben ein „löchriges“ Betongefüge, das Regenwasser relativ einfach durchlässt. Zum einen besteht der Beton aus porenreichen Gesteinszuschlägen, zum anderen gibt es auch keine dichte Zementmatrix, die die Zwischenräume zwischen den Gesteinskörnern vollständig schließt. Der Zement verkittet die Steinkörner stattdessen nur punktuell.

Drainflow lässt 40 % mehr Wasser durch als klassische Pflasterklinker. (Quelle: Vandersanden Deutschland GmbH)

Haufwerksporige Betonsteine für den Garten- und Landschaftsbau werden auch oft als Filter- oder Porensteine bezeichnet. Da bei ihnen die Versickerung auf der gesamten Pflasterfläche erfolgt, müssen die Fugen nicht so breit sein, was wiederum Ausschwemmungen und Instabilitäten des Gesamtbelags unwahrscheinlicher macht. Zugleich ist das Pflastermaterial allerdings deutlich weniger belastbar als gefügedichter Beton, sodass es uneingeschränkt eigentlich nur für Gehwege empfohlen werden kann. Ferner besteht die Gefahr, dass die Poren in den Steinen durch das Einspülen von Sanden auf Dauer verstopfen.

Übrigens gibt es mittlerweile nicht nur Betonsteine, sondern auch Klinker mit erhöhter Versickerungsfähigkeit. Der belgische Pflasterklinkerhersteller Vandersanden hat vor einigen Jahren ein solches Produkt auf den Markt gebracht. Der gebrannte Klinker „Drainflow“ (siehe Foto) soll 40 % mehr Wasser durchlassen als herkömmliche Pflasterklinker und damit die Gefahr von Überschwemmungen deutlich verringern. Nach Angaben des Herstellers bleiben mit Drainflow trotzdem das authentische Aussehen und die Qualität klassischer Pflasterklinkerflächen erhalten.

Steine mit Sickeröffnungen

Versickerungsfähige Pflasterflächen lassen sich auch mit Steinen realisieren, die eigentlich weitgehend wasserdicht sind, aber mit Sickeröffnungen ausgestattet sind. Der Klassiker in diesem Bereich sind die so genannten Rasengittersteine. Sie ermöglichen eine relativ stabile Flächenbefestigung, die sich nicht nur für Gehwege, sondern auch für Zufahrten und Parkplätze eignet.

Rasengittersteine werden meist aus Beton oder aus Tonklinker hergestellt. Sie vereinen eine hohe Versickerungsleistung mit „grüner Optik“. Die wabenförmigen Öffnungen in den Lochpflastersteinen bepflanzt man nämlich mit Gras. Der Rasenanteil an der gesamten Pflasterfläche beträgt in der Regel um die 40 %. Das sieht nicht nur hübsch aus, sondern verringert auch die Gefahr, dass die Grünwaben durch Regenfälle ausgewaschen werden.

Rasengittersteine vereinen eine hohe Versickerungsleistung mit „grüner Optik“. (Quelle: ABC Klinker)

Neben der klassischen Rasengitterstein-Optik gibt noch etliche Varianten an Pflastersteinen mit Versickerungs-Aussparungen. Die AG Pflasterklinker spricht etwas allgemeiner von „Drainklinkern“ und meint damit alle Pflasterklinker mit Aussparungen am oder im Stein, wobei der Öffnungsanteil mindestens 10 % betragen sollte. Damit diese Steine auch tatsächlich ausreichend wasserdurchlässig sind, müssen sie bei der Verlegung natürlich mit geeigneten Gesteinskörnungen gefüllt werden.

Durchlässiger Untergrund wichtig

Für alle in diesem Beitrag genannten wasserdurchlässigen Pflasterflächen gilt übrigens, dass es keineswegs ausreicht, wenn nur die Pflasteroberfläche versickerungsfähig ist. Auch unterhalb des Belags muss das Wasser versickern können, sonst staut es sich an der Oberfläche auf. Das heißt im Klartext: Pflasterbett und -tragschicht müssen nicht nur standfest, sondern zugleich wasserdurchlässig sein. Wie die Schichten unterm Pflaster korrekt aufzubauen sind, verrät unser Beitrag „Pflasterbeläge benötigen ein Pflasterbett“.

Dieser Text ist eine Aktualisierung des BaustoffWissen-Beitrags „Entwässerung: Wasserdurchlässige Pflasterflächen“ von Juli 2018.

zuletzt editiert am 07. Dezember 2023