
Fließestrich auf Calciumsulfat-Basis – hier in Verbindung mit einer Fußbodenheizung. Foto: Knauf
Fließestrich: Schneller Boden gutmachen
Fließestriche lassen sich deutlich schneller und bequemer verarbeiten als konventionelle Estriche. Allerdings dauert es relativ lange, bis sie trocknen und belegreif sind. Mit bauchemischen Zusätzen versucht die Industrie daher, die Trocknungszeiten von Fließestrichen zu verkürzen.
Fließestrich heißt so, weil er fließt – und zwar selbstständig bis in die „hintersten Winkel“ der zu bearbeitenden Bodenfläche. Die fließfähige Konsistenz hat er natürlich nicht dauerhaft, sondern nur zum Zeitpunkt der Verarbeitung, wenn ihn der Estrichleger mit einem Gießschlauch gleichmäßig auf dem Untergrund verteilt.
Fließestrich ist außerdem selbstnivellierend. Einfach durch die Wirkung der Schwerkraft entsteht automatisch eine ebene Oberfläche, die flüssige Estrichmasse „pendelt sich“ automatisch überall auf eine einheitliche Bodenhöhe ein. Die Verarbeitung von Fließestrich ist daher wesentlich bequemer als die von konventionellem Estrich. Den verteilt der Verarbeiter auf der Baustelle zuerst mit der Schaufel, bevor er ihn mühsam verdichten und glätten muss.
Vorteile von Fließestrich
Fließestrich verteilt und nivelliert sich nicht nur mehr oder weniger automatisch, er verdichtet sich auch von selbst. Das ist ein weiterer Arbeitsschritt weniger, also ein weiterer Vorteil von Fließestrich. Nach dem Trocknen enthält das flüssige Material kaum noch Poren oder Lufteinschlüsse, ohne dass der Estrichleger dafür etwas tun müsste.
Konventioneller Estrich muss dagegen unter großer Kraftanstrengung aufwändig verdichtet werden. Das aber gelingt immer nur teilweise. In den tiefer gelegenen Schichten verbleiben in der Regel dauerhaft Poren und Lufteinschlüsse. Deshalb sind bei konventionellem Estrich vergleichsweise dicke Bodenschichten notwendig. Fließstrich lässt sich dagegen bei gleicher Belastbarkeit schlanker einbauen.
Die selbstverdichtenden Eigenschaften von Fließestrich und seine geringe Porosität sind auch ein großer Vorteil beim Verlegen von Fußbodenheizungen. Der Estrich umschließt die Heizungsrohre gleichmäßig, was die Effektivität der Heizung erhöht. Die Wärme des in den Rohren fließenden Wassers wird so nämlich schneller an die Bodenoberfläche transportiert.
Die meisten Fließestriche enthalten Calciumsulfat – also im Prinzip Gips – als Bindemittel. Das hat den Vorteil, dass der Estrich beim Trocknen vergleichsweise wenig schwindet. Dagegen ist das Schwinden bei konventionellem Estrich relativ stark, da er mit Zement angemischt wird. Der Verarbeiter muss deshalb Bewegungsfugen in die Bodenfläche einarbeiten, die auch in den Bodenoberbelag zu übernehmen sind. Anders bei Fließestrich: Das Material ermöglicht durchgängige Bodenoberflächen ohne Bewegungsfugen.
Vorteile von konventionellem Estrich

Das Verlegen eines konventionellen Zement-Estrichs ist eine mühevolle Arbeit. Foto: Knauf
Spricht also alles für Fließestrich? Ist konventioneller Estrich heute bedeutungslos? Nicht ganz: In manchen Bereichen bleibt herkömmlicher, nicht fließfähiger Zementestrich weiterhin unverzichtbar. Das gilt zum Beispiel für Böden mit Gefälle. Dass man diese nicht mit Fließestrich aufbauen kann, leuchtet unmittelbar ein.
Auch in Feuchträumen und im gesamten Außenbereich bleibt althergebrachter Estrich weiterhin das Mittel der Wahl. Calciumsulfat-Fließestriche sind nämlich nicht wasserbeständig und dürfen daher im Freien nicht zum Einsatz kommen. Im häuslichen Badezimmer sind sie durch eine vollflächige Abdichtung zu schützen. Das Bindemittel Zement ist dagegen viel unempfindlicher gegenüber Feuchtigkeit.
Als Kompromiss gibt es heute auch Estriche, die nicht Calciumsulfat, sondern Zement als Bindemittel enthalten, aber trotzdem fließfähig sind. Solche Zement-Fließestriche lassen sich leichter verarbeiten als konventionelle Zement-Estriche und sind feuchteresistenter als Calciumsulfat-Fließestriche. Dafür zeigen sie aber wiederum ein stärkeres Schwindverhalten während der Trocknungsphase, und für Flächen mit Gefälle eignen sich natürlich auch diese Fließestriche nicht.
Moderne Schnellestriche
Calciumsulfat-Fließestrich wird als Trockenmörtel-Sackware einfach auf die Baustelle geliefert und muss dort nur noch mit Wasser angerührt werden. Die Verarbeitung mit dem Gießschlauch geht schnell von der Hand, doch danach heißt es erst mal warten. Da das Material nun mal flüssig ist, dauert es ziemlich lange, bis das Anmachwasser verdunstet und der Boden mit den abschließenden Bodenbelägen belegt werden kann.
Verkürzen lässt sich die Trocknungszeit, wenn man die Räume ordentlich heizt oder besser noch, wenn man technische Trockner einsetzt. Wichtig ist zudem regelmäßiges Stoßlüften, denn die verdunstende Feuchtigkeit aus dem Estrich muss ja von der Luft aufgenommen werden, und wenn die Raumluftfeuchte zu hoch wird, dann gerät der Trocknungsprozess ins Stocken.
Darüber hinaus bringt die Baustoffindustrie auch immer wieder Fließestriche auf den Markt, die durch den Einsatz bauchemischer Zusätze schneller trocknen – so genannte Schnellestriche. Mithilfe neuartiger Bindemittelkombinationen konnten zum Beispiel Calciumsulfat-Fließestriche entwickelt werden, die bereits nach 24 Stunden begehbar und nach sieben Tagen belegbar sind. Bei solchen Schnellestrichen bewirkt die spezielle Rezeptur häufig, dass ein Teil des Anmachwassers im Estrich chemisch gebunden wird. Dadurch gibt es weniger Wasser, das verdunsten muss.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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