
Drei-Scheiben-Isoliergläser mit Krypton-Gasfüllung und „Low-E“-Beschichtung erreichen heute U-Werte von bis zu 0,5 W/m2K. Grafik: Interpane
Fensterglas: Von der Einfachverglasung bis zum Vakuumfenster
Fenstergläser haben sich in Europa erst ab dem 12. Jahrhundert zunehmend durchgesetzt. Allerdings hatten die damaligen „Butzengläser“ noch wenig gemein mit unseren heutigen Flachglasprodukten. Zudem scheinen sich die Menschen Jahrhunderte lang nicht wirklich für das Thema Wärmedämmung von Fenstern interessiert zu haben. Erst in den letzten Jahrzehnten erleben wir den Siegeszug der Mehrscheiben-Verglasung. Künftig könnte der Trend in Richtung Vakuumfenster gehen.
Fensterglas besteht zu etwa 70% aus Quarzsand. Auch die weiteren Bestandteile sind nach Angaben des Bundesverbandes Glasindustrie natürliche mineralische Rohstoffe: Soda (13%), Kalk (10%) sowie geringe Anteile an Dolomit, Feldspat und Pottasche. Während die Zutaten für die Glasherstellung im Laufe der Zeit eigentlich weitgehend gleich geblieben sind, hat es bei den Produktionsprozessen starke Veränderungen gegeben.
Herstellungsmethoden
Die alten Butzengläser entstanden aus vorgeblasenen Glaskugeln. Diese wurden an einer Stange befestigt, erneut erhitzt und dann starken Drehbewegungen ausgesetzt. Durch die Fliehkräfte bildeten sich daraufhin kreisrunde Scheiben, aus denen man rechteckige Fenstergläser herausschneiden konnte. Aufgrund ihrer Herstellungsweise hatten diese Gläser in der Mitte eine Verdickung: den so genannten Butzen.
Nach dieser Erfindung sollte es allerdings ein halbes Jahrtausend dauern, bis sich die Fensterglasproduktion entscheidend weiterentwickelte. Im Jahr 1688 gelang es schließlich in Saint Gobain, geschmolzenes Glas mithilfe eines Walzverfahrens zu verarbeiten. Das Ergebnis waren Scheiben mit annähernd gleichmäßiger Dicke. Das nordfranzösische Örtchen Saint Gobain muss man nicht kennen, aber der nach ihm benannte heutige Großkonzern dürfte zumindest in der Baustoffbranche allgemein ein Begriff sein. Das Walzverfahren wurde im Verlauf der Jahrhunderte immer weiter optimiert. Insbesondere gelang es nach und nach, von den anfangs ungleichmäßigen zu spiegelglatten Oberflächen zu gelangen. Außerdem lernte man, Scheiben in fast beliebig großen Dimensionen zu produzieren.
Heute wird Flachglas allerdings meist im so genannten Floatverfahren hergestellt. Bei dieser Methode, die sich in den 1960er-Jahren durchsetzte, wird die Glasschmelze in einen länglichen Behälter geleitet, der größtenteils mit flüssigem Zinn gefüllt ist. Das flüssige Glas ist leichter als das Zinn und schwimmt daher auf dessen Oberfläche, wobei es einen dünnen und gleichmäßigen Film ausbildet. Auf diese Weise entsteht die gewünschte Scheibenform, im weiteren Produktionsablauf muss das Glas nur noch schonend herabgekühlt werden.
Eins, zwei oder drei?

Vakuum-Isoliergläser erreichen Spitzendämmwerte bei relativ geringen Dicken. Grafik: Pilkington
Jahrhunderte lang hatten Fenster nur Einfachverglasungen. In Deutschland waren diese noch bis in die 1970er-Jahre Standard im Wohnungsbau. Das änderte sich erst nach Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung (1977) und der nachfolgenden Energieeinsparverordnungen (ab 2002). Bei Neubau und Sanierung gelten für Fenster seitdem Mindestdämmwerte, die mit Einfachverglasungen nicht mehr zu erreichen sind. Damit begann der Siegeszug der Mehrscheiben-Isoliergläser, die man auch als Wärmedämmgläser bezeichnet.
Bei Zweischeiben-Isolierglas befindet sich zwischen den Scheiben ein Hohlraum. Dieser ist entweder mit Luft gefüllt oder mit einem Edelgas, das eine noch höhere Wärmedämmung als Luft bietet. Am häufigsten setzt man hier das Gas Argon ein, seltener das noch besser dämmende, aber deutlich teurere Krypton. Erhöhen lässt sich der Dämmeffekt auch, indem man den Abstand zwischen den Scheiben vergrößert. Allerdings gilt das nur in gewissen Grenzen. Mit zunehmendem Volumen des Scheibenzwischenraums geraten die dortigen Gasmoleküle nämlich stärker in Bewegung, was auch den Wärmetransport begünstigt.
Kurzum: Man kann die Wärmedämmung durch Vergrößerung des Scheibenzwischenraums in einem gewissen Rahmen erhöhen, aber irgendwann kehrt sich die beabsichtigte Wirkung um. Wenn man nun den Abstand zwischen Außen- und Innenscheibe trotzdem vergrößert, lässt sich eine bessere Wärmedämmung nur noch erreichen, indem man in der Mitte eine dritte Glasscheibe einzieht. Solche Dreischeiben-Isoliergläser haben in den letzten Jahren zunehmend Marktanteile gewonnen. Sie erzielen hohe Wärmeschutzwerte, einzelne Hersteller geben für die Verglasung U-Werte von bis zu 0,5 W/m2K an. Damit sind Fenster nicht mehr länger die energetische Schwachstelle der Fassade.
Neben der Anzahl der Scheiben und der Gasfüllung hat sich die Dämmwirkung der Verglasungen seit Mitte der 1990er-Jahre auch durch die Einführung so genannter „Low-E“-Beschichtungen deutlich verbessert. Darunter versteht man eine dünne Edelmetallschicht, die auf einem der Gläser aufgebracht wird und sich witterungsgeschützt im Scheibenzwischenraum befindet. Diese Schicht ist durchlässig für die kurzwellige Lichtstrahlung der Sonne, reflektiert aber einen Teil der langwelligen Infrarot-Wärmestrahlung. Dadurch gelangt weniger Wärme aus Innenräumen durch das Glas hindurch nach draußen. Das „E“ steht übrigens für „emissivity“. Low-E heißt also frei übersetzt so viel wie: geringe Strahlungsabgabe an die Umwelt.
Vakuum-Isoliergläser
Ebenfalls seit etwa Mitte der 90er-Jahre produzieren einige Hersteller so genanntes Vakuum-Isolierglas. Erste Fensterprodukte mit dieser Technik sind in den letzten Jahren auf den deutschen Markt gekommen. Wie Ihr im Fachwissen-Beitrag zum Thema Vakuumdämmung nachlesen könnt, dämmt nichts so gut wie Nichts (also Vakuum). Derzeit erreichen die am Markt angebotenen Fenster mit Vakuumverglasung etwa die gleiche Wärmedämmleistung wie die leistungsstärksten Dreischeiben-Produkte, dies aber bei deutlich geringeren Dicken. Das ist insbesondere bei der Sanierung denkmalgeschützter Fassaden interessant, wenn besonders schmale Fensterprofile gefordert sind. Ein Vorteil gegenüber Dreischeiben-Isoliergläsern liegt zudem darin, dass es sich um eine Zweischeiben-Technik handelt, die ein deutlich geringeres Fenstergewicht erlaubt. Das erleichtert die Handhabung durch den Verarbeiter und führt zu geringeren Belastungen für Rahmenprofile und Beschläge.
Das Funktionsprinzip ist einfach: Zwischen zwei Scheiben im Abstand von etwa 0,2 mm wird ein Vakuum erzeugt. Das geschieht mithilfe eines Ventils, das in einer der Scheiben integriert ist. Spezielle Abstandhalter sorgen dafür, dass die Scheiben durch den Unterdruck nicht aneinandergepresst werden, sodass der kleine, aber ungemein wärmedämmende Scheibenzwischenraum erhalten bleibt. Die Technik der Vakuum-Isoliergläser ist noch jung und hat sich auf dem Fenstermarkt bisher kommerziell noch nicht durchgesetzt. Gleichwohl sehen viele Experten in ihr die Zukunft der Fensterverglasung.