
Steckerfertige PV-Kleinstanlage für den Balkon. Foto: www.indielux.com
Photovoltaik für die Steckdose
Nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft produzierten in Deutschland im ersten Halbjahr 2019 rund 1,7 Millionen Photovoltaikanlagen insgesamt 24,5 Milliarden Kilowattstunden Strom. Bisher handelt es sich dabei meist um relativ große Anlagen, die fest auf Gebäudedächern installiert sind. Doch mittlerweile gibt es auch steckerfertige PV-Anlagen in Miniaturform, die zum Beispiel auf dem Balkon platziert werden und die man nur an die Steckdose anzuschließen braucht.
Viele Eigenheimbesitzer setzen auf selbst produzierten Solarstrom. Realisiert wird das bisher meist durch die Montage von Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern. Als Photovoltaik (PV) bezeichnet man die Umwandlung von Lichtenergie in elektrischen Strom mithilfe von Solarmodulen. Doch die fest installierten Dachmodule haben ihren Preis. Soll die Anlage genug Strom für einen Vier-Personenhaushalt liefern, ist eine ausreichend große Dachfläche mit Solarmodulen „einzudecken“. Die Investitionskosten liegen dann meist zwischen 7.000 Euro und 8.000 Euro – ohne Solarstromspeicher. Das kann sich nicht jeder leisten.
Was ist Mikro-PV?
Deutlich günstiger zu haben sind Mikro-Photovoltaikanlagen, die seit einigen Jahren auf den Markt drängen. Sie werden auch unter Namen wie Balkon-PV, Plug-in-PV oder Plug-and-Play-PV vermarktet. Auf der Website des VDE (Verband der Elektrotechnik) heißt es dazu: „Grundsätzlich beschreiben all diese Begriffe eine aus einem oder wenigen PV-Modulen und Wechselrichter bestehende PV-Anlage, die direkt an eine Steckdose des eigenen Haus- oder Wohnungsstromkreises angeschlossen werden kann“.
Der Wechselrichter hat die Aufgabe, den von der Mikro-PV produzierten Gleichstrom in Wechselstrom umzuwandeln. Nur so lässt er sich für häusliche Elektrogeräte verwenden. Viele Hersteller bieten passend zu den Minianlagen auch gleich noch kleine Solarspeicher, welche die elektrische Energie zwischenspeichern, wenn an sonnigen Tagen mehr produziert als benötigt wird. Oft gehört auch ein Gestell zur Befestigung der Module zum Lieferumfang.
Preisgünstig und platzsparend

Diese Mikroanlage verfügt über einen zusätzlichen Solarspeicher. Foto: EET
Die Preise für die Solar-Kleinstanlagen variieren. Das hängt nicht nur mit der Qualität und den unterschiedlichen Watt-Leistungen der jeweiligen Module zusammen, sondern auch damit, dass manche Mikro-Anlagen nur aus einem einzigen Modul bestehen, während andere aus zwei, drei oder sogar vier Modulen zusammengesetzt sind – und damit schon gar nicht mehr „so Mikro“ sind. Je nach Größe und Leistungsfähigkeit sind Mikro-PV-Anlagen schon ab etwa 200 Euro erhältlich, sie können aber auch über 1.000 Euro kosten.
Natürlich kann man zu diesen Preisen keinen so hohen Stromertrag erwarten wie bei den ausgewachsenen Dachanlagen. Diese können im Jahr mehrere Tausend Kilowattstunden Strom erzeugen. Selbst die größten Balkonanlagen kommen dagegen normalerweise nur auf knapp 600 Kilowattstunden pro Jahr. Mehr als 600 Watt Leistung sollten PV-Module für die Steckdose nach Einschätzung vieler Experten auch nicht haben, damit die Geräte nicht das häusliche Stromnetz überlasten.
Mobile Photovoltaik
Ein großer Vorteil der Kleinstanlagen ist ihre Flexibilität. Es handelt sich sozusagen um mobile PV-Technik. Das erleichtert auch Mietern den Einstieg in die Solarstromerzeugung für den Eigenbedarf. Zur Installation benötigen sie eben keine Dachfläche, die ja normalerweise auch nicht Mietgegenstand ist. Es reicht der eigene Balkon. Oder auch der Garten beziehungsweise die Terrasse – falls vorhanden. Bei einem Umzug nimmt der Mieter sein PV-Modul einfach mit und schließt es in der neuen Wohnung an. Im Prinzip kann man die Module sogar im Hausinneren auf der Fensterbank platzieren, falls der vorhandene Platz dafür ausreicht und man bereit ist in Kauf zu nehmen, dass dafür weniger Tageslicht in den Raum gelangt.
Mit der eigenen Mikro-PV-Anlage können Mieter ihre Stromkosten senken. Allerdings muss der Vermieter mit der Installation einverstanden sein. Man sollte ihn also vorab darauf ansprechen. Schließlich bedeutet der Anschluss einen Eingriff in das häusliche Stromnetz. Elektrische Energie fließt auf einmal in die Steckdose, nicht nur aus dieser heraus. Der Stromzähler läuft dadurch langsamer oder dreht sich sogar rückwärts. In diesem Fall muss er über eine Rücklaufsperre verfügen.
Hat der Zähler keine Rücklaufsperre, dann muss er unter Umständen ausgetauscht werden, wofür der Netzbetreiber zuständig ist. Der VDE ist sogar der Ansicht, dass ein normaler Einrichtungszähler mit Rücklaufsperre nicht ausreichend ist, sondern ein so genannter Zweirichtungszähler einzubauen ist. Der kann dann auch die Energie erfassen, die von der Mikro-PV-Anlage möglicherweise ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird.
Anmeldung
Ganz so unkompliziert ist die Inbetriebnahme der Mikro-PV also doch nicht. In Deutschland müssen die Anlagen zudem bei der Bundesnetzagentur und beim Netzbetreiber angemeldet werden. Letzteres ist auch die Voraussetzung dafür, dass man als Anlagenbesitzer Einspeisevergütungen erhält, wenn das Kleinstgerät mehr Energie erzeugen sollte als im Haushalt verbraucht wird und der Überschuss dann in das allgemeine Stromnetz des Netzbetreibers fließt.
Die Anmeldung beim Netzbetreiber kann der private Anlagenbesitzer übrigens seit April 2019 selbst vornehmen. Zumindest gilt das für Anlagen bis 600 Watt Gesamtleistung. Vorher musste die Anmeldung über einen Elektroinstallateur erfolgen.
Anschluss an die Steckdose

Laut VDE sind die Module über eine spezielle Einspeisesteckdose an das häusliche Stromnetz anzuschließen. Grafik: VDE|FNN
Apropos Elektroinstallateur: Darf der Laie die Mikroanlagen einfach selbst anschließen oder benötigt er dafür einen Fachmann? Die Antwort auf diese Frage ist komplizierter als man im ersten Moment glauben sollte. Das beginnt schon damit, dass manche Hersteller Geräte mit normalem Schukostecker anbieten (Schutzkontaktstecker), während andere auf spezielle Einspeisestecker setzen. Letztere lassen sich mithilfe von Adaptern ebenfalls an die übliche Haushaltssteckdose anschließen. Für das Einspeisen von Strom ins öffentliche Netz bedarf es allerdings auch einer speziellen Einspeise-Steckdose, deren Installation dann doch eher etwas für den Elektroprofi ist.
Überhaupt scheint derzeit noch nicht verbindlich geregelt, wie die Mikro-PV ans Stromnetz anzuschließen ist. Im Internet gibt es zu dieser Frage sehr unterschiedliche Stimmen. Der VDE betont auf seiner Internetseite in den „FAQ zu steckerfertigen PV-Anlagen“, dass man steckerfertige PV-Anlagen nicht an eine normale Haushaltssteckdose anschließen dürfe, sondern nur an eine spezielle Energiesteckdose (z. B. nach der Vornom DIN VDE V 0628-1). Damit ist offenbar die oben genannte Einspeise-Steckdose gemeint.
Dagegen vertritt zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie die Auffassung, dass man ein bis zwei Photovoltaik-Module mit einem Wechselrichter auch über einen Schukostecker direkt an das häusliche Stromnetz anschließen darf (Näheres dazu hier).
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
Photovoltaik-Module sieht man hierzulande vor allem auf privaten Hausdächern. Großflächige PV-Kraftwerksanlagen findet man dagegen eher in südlichen Ländern mit mehr...
mehr »
Solarstrom aus Photovoltaikanlagen zu speichern, ist grundsätzlich eine gute Idee – auch bei kleinen Eigenheimanlagen. Bis vor kurzem waren die...
mehr »
In Deutschland decken heute bereits rund 1,3 Millionen Solarstromanlagen knapp fünf Prozent des Strombedarfs. Und ein Ende des Wachstums scheint...
mehr »