RM Rudolf Müller
Neubau einer Landstraße mit Entwässerungsgräben

Neubau einer Landstraße mit Entwässerungsgräben. Foto: Rainer Sturm / www.pixelio.de

Entwässerung
17. Juli 2014 | Artikel teilen Artikel teilen

Entwässerungssysteme für Straßenoberflächen

Beim Bau befestigter Flächen ist eine sorgfältige Entwässerungsplanung vonnöten. Das gilt insbesondere für Straßen. Keinesfalls darf es dem Zufall überlassen werden, was mit Niederschlägen auf der Fahrbahn passiert. Stattdessen sind bewusste Vorkehrungen zu treffen, damit das Wasser rasch und zielgerichtet abgeleitet wird. Ziel ist es, Aquaplaning und erst Recht größere Überschwemmungen zu verhindern, damit die Verkehrssicherheit gewährleistet bleibt.

Vergleichsweise einfach ist die Entwässerung bei Straßen, die über ein natürliches Gefälle verfügen. Niederschläge fließen hier aufgrund der vorhandenen Längsneigung automatisch ab. Gleichwohl muss man natürlich am tiefsten Punkt des Gefälles Straßenabläufe mit ausreichender Kapazität einplanen. Da das Wasser dort an einzelnen Stellen abfließt, spricht man von Punktentwässerungen. Bei Straßen mit nur geringer oder gar keiner natürlichen Neigung kommen dagegen Linienentwässerungen zum Einsatz. Das können durchgehende, unterirdische Entwässerungsrinnen sein, aber auch einfache Bordsteinrinnen mit punktuellen Straßenabläufen. Und auch oberirdische Mulden und Gräben gehören zu den Linienentwässerungen.

Querneigung einplanen

Damit Oberflächenwasser vollständig abfließen kann, sollte die Fahrbahn natürlich keine größeren Verformungen (Wellen, Mulden) oder Schlaglöcher aufweisen. Die Straße sollte also möglichst eben sein, zugleich muss sie aber auch eine leichte Querneigung haben. Sonst würde sie bei Regen immer bis zur Borsteinkante vollaufen. Die Querneigung beträgt bei Asphalt- und Betonstraßen in der Regel 2,5 %. Bei relativ breiten Straßen und in der Stadt wird das Gefälle meist in „Dachformneigung“ ausgeführt. Die Straße hat dann in der Mitte ihren höchsten Punkt und fällt zu beiden Seiten hin ab. Insbesondere auf Landstraßen findet man aber auch oft den Typus der Einseitneigung. Als dritte Variante gibt es schließlich die Rinnenformneigung, die häufig bei breiten Straßen mit Mittelstreifen zu sehen ist. Die Linienentwässerung befindet sich dabei zwischen zwei oder mehreren Fahrbahnen, die zur Straßenmitte hin abfallen.

Übrigens ist eine Querneigung bei gefällelosen Fahrbahnen auch dann notwendig, wenn eine versickerungsfähige Asphaltdeckschicht eingebaut ist. Denn auch dann muss das Niederschlagswasser zum Straßenrand hin abgeleitet werden. Der Unterschied ist nur, dass die Entwässerung dann unterhalb des Dränaspahlts erfolgt. Keinesfalls darf das Wasser aber in die tieferen Tragschichten eindringen, deren Stabilität sonst gefährdet wäre. Deshalb muss bei der Verwendung von offenporigem Asphalt wassersperrendes Bitumen auf die Asphaltbinderschicht aufgebracht werden.

Unterschiede zwischen Land und Stadt

Bordsteinrinne mit Straßenablauf

Einfache Bordsteinrinne mit Straßenablauf. Foto: Grimm

Außerhalb von Ortschaften wird Oberflächenwasser – wo dies aus Platzgründen möglich ist – oft oberirdisch über flache Mulden oder etwas tiefere Gräben neben der Straße entwässert. Von dort gelangt das Wasser meist in einen so genannten Vorfluter. Darunter versteht man ein oberirdisches Gewässer, in dem man Wasser sammelt, bevor es zum Beispiel in eine Kläranlage weitergeleitet wird. Als Vorfluter können – soweit der Wasserschutz das zulässt – auch natürliche Bäche und Flüsse dienen, oder eben künstliche Gewässer und Kanäle.

In Ortschaften und Städten dagegen erfolgt die Straßenentwässerung in der Regel über Linienentwässerungen, die weniger Platz beanspruchen. Die einfachste und häufigste Variante ist dabei die offene Bordsteinrinne „in der Gosse“. Der Bordstein dient hier als Leitfläche für den oberirdischen Abfluss des Niederschlagswassers von der Straße. Oft werden im Gossenbereich auch flache Mulden aus Beton- oder Natursteinen gebaut, um die Gefahr zu senken, dass bei stärkeren Niederschlägen ein Wasserrückstau auf die Straße stattfindet. In die Kanalisation gelangt das Wasser über normale Straßenabläufe.

Unterirdische Rinnen

Neben der offenen Bordsteinrinne gibt es natürlich auch unterirdische Rinnenlösungen für den Straßenrand. Dazu gehören die klassischen Kastenrinnen, deren Unterteile man im eingebauten Zustand nicht sieht, weil sie sich unterhalb der Bodenoberfläche befinden. Sichtbar sind nur die Rostabdeckungen. Eine Spezialform der Linienentwässerung sind Schlitzrinnen. Diese haben keine Rostabdeckung, sondern einen offenen schmalen Schlitz an der Oberfläche. Im Straßenbereich kommen zudem mitunter auch so genannte Hohlbordrinnen zum Einsatz. Hier fungiert der Bordstein selbst als Rinne. Das funktioniert mithilfe von Bordsteinelementen aus Beton, die innen über einen Rinnenhohlraum verfügen. Das Wasser fließt über seitliche Öffnungen in den Bordstein hinein. Mehr zu den unterirdischen Entwässerungsrinnen erfahrt Ihr übrigens im Fachwissen-Beitrag Rinnen-Materialien.

Straßenabläufe

Straßenablauf mit mehrstufigem Filtersystem

Straßenablauf mit mehrstufigem Filtersystem für absetzbare Feststoffe. Foto: ACO

Straßenabläufe („Gullys“) haben einen sichtbaren Aufsatz sowie ein Unterteil im Boden und sind an das unterirdische Rohr- und Kanalsystem angeschlossen. Das ein bis zwei Meter lange Unterteil wird auch als Ablaufschacht bezeichnet und besteht meist aus Beton oder Kunststoff. Ablaufschächte enthalten oft einen Schlammeimer, der sich direkt unterhalb des Aufsatzes befindet. Mit dieser Vorrichtung sollen absetzbare Feststoffe aus dem Wasser herausgesiebt werden, bevor dieses in die Entwässerungsrohre abfließt (siehe Grafik). Manche Systeme verfügen auch über einen zusätzlichen Schlammfang/-raum im unteren Teil des Schachtes. Dort sollen sich dann auch diejenigen wasserfremden Feststoffe absetzen, die im Schlammeimer noch nicht zurückgehalten wurden. Solche mehrstufigen Filtersysteme machen nicht zuletzt deshalb Sinn, weil es in Deutschland in den letzten Jahren immer häufiger zu Starkregenereignissen kommt. Aufgrund des großen Wasserdrucks können Schlammeimer allein dann oft nicht die gewünschte Filterleistung erzielen.

Ablaufschächte sind fester Bestandteil von Straßenabläufen und nicht zu verwechseln mit Kontrollschächten, die dazu dienen, Rohrleitungen überwachen, warten, reinigen und belüften zu können. Solche Einstiegschächte erkennt man an den großen runden oder auch rechteckigen Abdeckungen.

Ableitung von Grundwasser

Bei der Entwässerung der Straße war bisher nur von Niederschlagswasser beziehungsweise Oberflächenwasser die Rede. Aber auch aufsteigendes Grundwasser muss daran gehindert werden, in den Oberbau der Straße einzudringen. An betroffenen Gefahrenstellen werden zu diesem Zweck Sickeranlagen unterhalb der Straße eingebaut. In diesen wird das Bodenwasser aufgefangen und mithilfe von Sickerrohrleitungen abgeführt. In vielen Fällen genügt bereits die Frostschutzschicht aus losem Schotter als Sickervorrichtung (siehe Fachwissen Straßenschichten). Insbesondere unter Straßengräben und -mulden verwendet man aber auch linienförmige Sickerstränge. Sie dienen auch zur Versickerung von aufgestiegenem Grundwasser und bestehen aus wasserdurchlässigem Bodenmaterial, das meist durch eine Kunststoff-Dichtungsbahn vom übrigen Bodenreich abgetrennt wird.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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