
Der Umgang mit Zement kann zu Hautverätzungen führen.
Foto: BG Bau
Arbeitssicherheit: Wie gefährlich ist Zement?
Im heutigen Bauwesen ist Zement als Bindemittel in Beton, Mörtel und Putz allgegenwärtig. Was viele nicht wissen: Bei der Verarbeitung ist Vorsicht geboten, denn Zement kann zu schweren Reizungen der Haut, der Augen und der Atemwege führen.
Der Baustoff Zement wird als pulverförmige Substanz in Säcken angeboten. Erst unter Wasserzugabe verwandelt er sich in einen Zementleim, der beim Trocknen allmählich steinhart wird. Bereits in Pulverform ist das staubtrockene Material nicht ganz ungefährlich. Wird es eingeatmet, drohen Reizungen der Atmungsorgane. Weitere Gefahren kommen hinzu, wenn der Verarbeiter den Baustoff mit Wasser anrührt. Dann kommt es nämlich zu einer alkalischen Reaktion, durch die der Zement ätzende Eigenschaften erhält. Hautkontakt oder gar Augenkontakt sollten daher vermieden werden!
Stark alkalisch
Beim Mischen des Zementpulvers mit Wasser entsteht eine wässrige Lösung, die in der Regel einen hohen pH-Wert von über 12 hat. Bei einem pH-Wert > 7 beginnt der alkalische Bereich. Stoffe mit dieser Eigenschaft werden auch als Laugen bezeichnet. Zementleim ist eine ziemlich starke Lauge. Zum Vergleich: Handelsübliche Rohreiniger-Chemikalien haben auch „nur“ einen pH-Wert um 13. Der pH-Wert der menschlichen Haut liegt übrigens bei 5,5 und damit im leicht sauren Bereich.
Die meisten Menschen werden wahrscheinlich vermuten, dass der Umgang mit Säuren gefährlicher ist als der mit Laugen. Dem ist aber nicht so. Alkalische wässrige Lösungen mit einem pH-Wert von mehr als 10 sind ätzender als viele Säuren. Nicht umsonst empfiehlt der Hersteller Cemex bei der Verarbeitung von Zement das Tragen einer Schutzausrüstung, bestehend aus Schutzbrille, Mundschutz, Schutzhandschuhen sowie Sicherheitsschuhen.
Was ist der pH-Wert?
Angerührter Zement ist eine wässrige Lösung, die stark alkalisch ist, denn sie hat einen hohen pH-Wert. Doch was versteht man eigentlich unter diesem Wert? Die allgemeine Definition lautet: Der pH-Wert gibt die Konzentration an H3O+-Ionen im Wasser an. Enthält die Lösung vieler dieser positiv geladenen Ionen, dann handelt es sich um eine Säure. Überwiegen dagegen negativ geladene Hydroxid-Ionen (OH−), dann handelt es sich um eine alkalische Lösung – also um eine Lauge.
Zum besseren Verständnis: Auch in reinem Wasser kommt es zu dem natürlichen Prozess, dass einzelne H2O-Moleküle ein zusätzliches Wasserstoff-Ion (H+) aufnehmen und sich somit in positiv geladene Ionen (H3O+) verwandeln. Zugleich geben manche Wasserteilchen auch ein Wasserstoff-Ion ab und werden so zu negativ geladenen Hydroxid-Ionen (OH−). In reinem Wasser entstehen solche positiven oder negativen Ionen aber nur in relativ geringen Mengen. Außerdem hält sich die Anzahl der positiven und negativen Ladungen die Waage, reines Wasser bleibt insgesamt also neutral.
Doch dieses Gleichgewicht wird in vielen Fällen zerstört, wenn Wasser mit anderen Stoffen reagiert. Gewinnen in Folge einer solchen chemischen Reaktion die positiven Ladungen die Überhand, dann entsteht eine saure wässrige Lösung. Zu alkalischen wässrigen Lösungen kommt es dagegen, wenn die Konzentration der OH−-Ionen die der H3O+-Ionen übersteigt.
Gefahrensymbole

Warnhinweise auf Zementsäcken: „Ätzwirkung“ und „Ausrufezeichen“.
Zurück zum Thema Zement. Wir wissen nun im Groben was geschieht, wenn das staubförmige Zementpulver mit Wasser reagiert. Es kommt zu einer alkalischen Reaktion, bei der eine wässrige Lösung mit einem Übergewicht an negativen Hydroxid-Ionen entsteht. Diese Lauge hat einen hohen pH-Wert von über 12 und ist daher ziemlich ätzend. Zementsäcke müssen daher mit Warnhinweisen versehen werden, die auf die bestehenden Gefahren bei der Verarbeitung hinweisen. Seit Mitte 2015 sind dafür die Gefahrensymbole der europäischen CLP-Verordnung (Classification, Labelling and Packaging) zu verwenden (siehe Abbildung).
Chromatarmer Zement
Mit der richtigen Sicherheitskleidung lassen sich Hauterkrankungen durch die alkalischen Eigenschaften des angemachten Zements aber verhindern. Darüber hinaus hat sich die Arbeitssicherheit beim Umgang mit Zement in der jüngeren Vergangenheit ohnehin deutlich erhöht. Seit 2005 dürfen die Hersteller nämlich nur noch Zementmischungen anbieten, die chromatarm sind. Dafür hatte sich unter anderem die Berufsgenossenschaft BG Bau jahrelang eingesetzt. Chromat bildet sich bei der Herstellung des Zements aus dessen natürlichen Rohstoffen. Viele Menschen reagieren aber allergisch auf diese Substanz. Das führte in der Vergangenheit bei Betroffenen zu Hautrötungen, die in vielen Fällen auch in Geschwüre mit Juckreiz sowie schmerzhafte Hautrisse übergingen. Seit 2005 eine neue EU-Richtlinie in Kraft getreten ist, darf ein Kilogramm Zement aber nur noch maximal 2 mg Chromat enthalten. Damit werden keine Chromat-Allergien mehr ausgelöst – heißt es bei der BG Bau.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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