Das Bundeskabinett hat am letzten Mittwoch den bereits unter der Ampel-Regierung geplanten „Bau-Turbo“ beschlossen. Er ist Teil des „Gesetzentwurfs zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung“ und wird bis zum 31. Dezember 2030 befristet. Der Gesetzentwurf befindet sich nun im parlamentarischen Verfahren und soll bis Herbst dieses Jahres in Kraft treten.
„Die Neuregelung ermöglicht es Gemeinden, das Planen und Genehmigen wesentlich zu beschleunigen“, sagt Bundesbauministerin Verena Hubertz. „Das spart Zeit und Kosten. Und so schaffen wir den rechtlichen Rahmen zur Realisierung des Deutschland-Tempos im Wohnungsbau.“ Kern des „Gesetzentwurfs zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung“ ist der so genannte Bau-Turbo, der wiederum im Kern aus einem neuen § 246e im Baugesetzbuch bestehen soll.
Deutlich verkürzte Planungszeiten
Ziel des nun vorliegenden Gesetzentwurfs ist es, deutlich verkürzte Planungszeiten für den Wohnungsbau zu ermöglichen. Wenn eine Gemeinde sich entscheidet, den Bau-Turbo anzuwenden, könne künftig innerhalb von zwei Monaten ein Bebauungsplan ersetzt werden – heißt es dazu aus dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Derzeit dauert es oft mehrere Jahre, bis der Bebauungsplan für ein geplantes Projekt vorliegt.
Wenn die Gemeinde zustimmt, soll es im Wohnungsbau künftig grundsätzlich möglich sein, von den bisher geltenden Vorschriften des Planungsrechts abzuweichen. Insbesondere soll die Notwendigkeit der Erstellung umfangreicher Bebauungspläne künftig entfallen können. So soll Bauen nicht nur schneller, sondern auch bezahlbarer werden. Weniger Aufwand bedeute weniger Personal, weniger Zeit und damit auch weniger Kosten – so das BMWSB.
Wichtig: Der geplante Bau-Turbo wird nur für den Wohnbau gelten (Neubau, Erweiterungen/Aufstockungen, Umnutzungen von Nichtwohngebäuden) – nicht generell für das Bauen. Wenn durch neue Wohngebiete auch neue soziale und kulturelle Einrichtungen wie beispielsweise Kitas notwendig werden, soll der Bau-Turbo aber auch für solche Gebäude nutzbar sein. Die Turbo-Regelung soll zudem bis zum 31. Dezember 2030 befristet werden und nur mit expliziter Zustimmung der zuständigen Gemeinde angewendet werden dürfen.
Der Entwurf der Bundesregierung sieht aber auch klare Grenzen vor, um Fehlentwicklungen vorzubeugen. Eine Abweichung von Bauleitplänen ist beispielsweise nur dann möglich, wenn sie nach „überschlägiger Prüfung“ keine zusätzlichen erheblichen Umweltauswirkungen hat. Auch kann von den geltenden Vorschriften nur dann abgewichen werden, wenn dies für eine Beschleunigung tatsächlich erforderlich ist und nachbarschaftliche Interessen gewürdigt werden.
Die Bundesregierung rechnet durch die Einführung des Bau-Turbos mit einer jährlichen finanziellen Entlastung von rund 1,7 Mrd. Euro für die Verwaltung, rund 505 Mio. Euro für die Bürgerinnen und Bürger und rund 334 Mio. Euro für die Wirtschaft.
Erste Reaktionen
Der Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverband (DeSH) fand bereits am Tag des Kabinettsbeschlusses lobende Worte für den Gesetzentwurf. „Wir begrüßen ausdrücklich, dass mit dem heutigen Beschluss zum Bau-Turbo die Bundesregierung bei der Baukrise mit Tempo gegensteuern will“, sagt DeSH-Präsident Dr. Stephan Lang. „Mit den neuen Regelungen können die Planungs- und Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau deutlich vereinfacht und beschleunigt werden. Die Regierung zeigt damit, dass sie ein zentrales Hemmnis und einen Kostentreiber im deutschen Baurecht erkannt hat.“
Für den DeSH dürfte es insbesondere erfreulich sein, dass der Bau-Turbo in seiner jetzigen Form auch für Aufstockungen auf Bestandsgebäuden einsetzbar ist. In diesem Bereich haben schließlich leichte Holzbauweisen eine starke Marktposition. Der erste Gesetzentwurf zum Bau-Turbo, der letztes Jahr noch von der Ampelregierung beschlossen worden war, nach deren Scheitern jedoch keine Mehrheit im Bundestag fand, war dagegen auf Wohnungsbauvorhaben mit mindestens sechs Wohneinheiten beschränkt. Er sollte also nur für größere Bauvorhaben wie den Geschosswohnungsbau gelten.
Der neue Bau-Turbo allein wird den lahmenden Wohnungsbau aber auch aus Sicht des DeSH nicht wieder in Schwung bringen. Dr. Stephan Lang: „Entscheidend wird sein, wie schnell und zielgerichtet die neuen Regelungen in der Praxis ankommen. Länder und Kommunen spielen dabei eine Schlüsselrolle – sie müssen den neuen Spielraum aktiv nutzen und Verfahren mutig vereinfachen. Gleichzeitig braucht es eine enge Verzahnung mit den Förderprogrammen.“

Während die geplanten Regeln zur Beschleunigung des Wohnungsbaus in der Baubranche sicher grundsätzlich positiv gesehen werden, gibt es am neuen Gesetz insgesamt aber auch bereits Kritik. Der Entwurf enthält schließlich nicht nur den Bau-Turbo, sondern zum Beispiel auch eine Verlängerung des Umwandlungsverbots von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen in angespannten Wohnungsmärkten.
„Obwohl Mietern nach einer Umwandlung schon jetzt maximaler Kündigungsschutz zusteht, wird denjenigen Mietern, die lieber in den eigenen vier Wänden leben würden, der Weg ins erschwingliche Wohneigentum verstellt“, sagt dazu Dirk Wohltorf, Präsident des Immobilienverband Deutschland (IVD). „In Zeiten hoher Baukosten ist der Erwerb von Wohnungen im Bestand für Normalverdiener häufig die einzige Möglichkeit, Wohneigentum zu bilden.“
Der IVD weist zudem darauf hin, dass Bauministerin Verena Hubertz und Justizministerin Stefanie Hubig in einem parallellaufenden Gesetzgebungsverfahren auch eine Verlängerung und Verschärfung der jetzigen Mietpreisbremse planen würden. Dirk Wohltorf: „Auf der einen Seite verspricht der Bau-Turbo mehr Tempo beim Wohnungsbau. Auf der anderen Seite streuen die Bauministerin und die Justizministerin mit ihrer geplanten Mietpreisbremse Sand ins Investitionsgetriebe“.
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