Zumindest bei größeren Innenraum-Bodenflächen werden die Oberbeläge durch Bewegungsfugen unterbrochen, die mit spritzbaren elastischen Dichtstoffen gefüllt sind. Der folgende Beitrag informiert über Funktion und Varianten dieser Fugenmassen. Er basiert inhaltlich auf der Infoschrift „Elastische Dichtstoffe im Bodenbereich – Teil 2: Innenbereich“ der Deutschen Bauchemie.
Elastische Bodenfugen sind nicht zu verwechseln mit den starren Mörtelfugen, die insbesondere bei Oberbelägen aus Keramik und Naturstein die einzelnen Fliesen voneinander abgrenzen. Doch auch bei solchen Belägen werden an bestimmten Stellen elastische Fugen eingebaut – wenn nicht in der Fläche selbst, dann zumindest dort, wo die Fliesen an aufgehende Bauteile wie Wände und Stützen angrenzen oder an Sanitärobjekte wie Badewannen, Duschkabinen und Toiletten. Grundsätzlich findet man elastische Bodenfugen aber nicht nur bei Fliesenbelägen, sondern eigentlich bei allen Hartböden – also zum Beispiel auch bei Laminat, Parkett und Designböden.
Aufgaben elastischer Bodenfugen
Elastische Fugen in der Bodenfläche selbst sind zum Beispiel überall dort zu empfehlen, wo unterschiedliche Bodenbelagsmaterialien aufeinandertreffen – etwa Laminat und Teppichboden. Auch Fugen, die an aufgehende Bauteile wie Wände und Stützen angrenzen, sollten unbedingt mit elastischen Dichtstoffen gefüllt werden. Besonders wichtig ist die elastische Verfugung zudem dort, wo bereits der Unterboden durch Fugen in verschiedene Bauteile zerfällt. Das ist beispielsweise bei Estrich-Untergründen die Regel.

„Bauteilfugen, welche schon im Rohbau ihre Dimensionierung erfahren, sind in gleicher Breite durchgängig durch alle Fußbodenschichten in den Oberbelag zu übernehmen“, heißt es dazu in der neuen Infoschrift „Elastische Dichtstoffe im Bodenbereich – Teil 2: Innenbereich“ des Industrieverbands Deutsche Bauchemie. Und weiter: „Werden diese Fugen aus optischen oder ästhetischen Gründen verkleinert, kann es am Bauwerk zu großen Schäden kommen“. Die im Mai 2024 veröffentlichte Infoschrift steht übrigens auf der Website der Deutschen Bauchemie zum kostenlosen Download bereit.
Elastische Fugendichtstoffe haben die Aufgabe, Bewegungen innerhalb des Bodenbelags aufzunehmen und dadurch Schäden wie Risse oder Belagsablösungen zu verhindern. Bauteil- beziehungsweise Baustoffbewegungen entstehen durch äußere physikalische Kräfte (Nutzung des Bodens, Belastung durch Einrichtungsgegenstände), aber auch durch Temperaturdifferenzen im Belag wie sie durch Fußbodenheizungen/-kühlungen und Sonneneinstrahlung verursacht werden.
Um solche Kräfte aufnehmen zu können, müssen die Dichtstoffe unter anderem dehnbar sein, wenn benachbarte Baustoffe/Bauteile schwinden, und sie müssen sich zusammendrücken lassen, wenn sich benachbarte Baustoffe/Bauteile ausdehnen.
Geeignete Dichtstoffe
In ihrer Infoschrift nennt die Deutsche Bauchemie vier Arten spritzbarer Dichtstoffe, die sich für elastische Bodenfugen im Innenbereich generell eignen:
▪ Silikondichtstoffe,
▪ Polyurethandichtstoffe,
▪ Silanmodifizierte Polymerdichtstoffe und
▪ Acrylatdichtstoffe.
Für die Auswahl ist die zu erwartende Beanspruchung der jeweiligen Fuge ausschlaggebend. Dabei ist zu bedenken, dass auch im Innenbereich hohe Belastungen durch Menschen, Maschinen und Chemikalien auftreten können. Je nach Raumnutzung sind auch Spezialanforderungen möglich – etwa besondere Brandschutzanforderungen oder eine gewünschte Unbedenklichkeit gegenüber bestimmten Lebensmitteln in gewerblichen Küchen. Bei größeren Objekten kommen oft zusätzliche Einwirkungen durch den Einsatz von Bodenreinigungsmaschinen, Hochdruckwasser und/oder Desinfektionsmitteln hinzu.
Für alle Arten von elastischen Dichtstoffen gilt, dass sie nicht nur dehn- und stauchbar, sondern auch dicht sein müssen. Über die Fugen dürfen keine Flüssigkeiten unter den Bodenbelag gelangen. Apropos Feuchtigkeit: Die besonders im Bad häufig zu beobachtende Schimmelbildung auf (Silikon-)Dichtstoffen ist die Folge organischer Ablagerungen auf der Oberfläche der Dichtstoffe. Die Dichtstoffe selbst bilden kein Nährsubtrat für Mikroorganismen.
Silikon
Der bekannteste elastische Dichtstoff, der auch im Bodenbereich zum Einsatz kommt, ist das klassische Sanitärsilikon, das auch private Renovierer vor allem im Badbereich häufig verwenden, da es sich per Kartuschenpistole relativ leicht verarbeiten lässt und sehr gut auf glatten Untergründen wie Glas, Keramik, Beton, Naturstein, Metall und Kunststoff haftet.

Silikondichtstoffe sind nach der Aushärtung sehr fest, behalten aber gleichwohl ein hohes Dehn- und Rückstellvermögen – selbst bei extremen äußeren Temperatureinwirkungen von –60 °C bis +150 °C. Spezielle Silikondichtstoffe ertragen sogar schadlos Temperaturen von bis zu 350 °C und gelten damit als schwerentflammbar. Zu den Nachteilen zählt, dass sich Silikon nicht überstreichen lässt.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass es nicht den einen Silikondichtstoff gibt, sondern viele Varianten mit teils sehr unterschiedlichen Eigenschaften. Je nach Anwendungsbereich kommen Silikone mit unterschiedlichem Vernetzertyp zum Einsatz. Das typische Sanitärsilikon aus dem Baumarkt ist essigvernetzend – daher der saure Geruch während der Aushärtung. Dieser Silikontyp verträgt sich aber nicht mit allen Bodenbelägen, vor allem bei Naturstein drohen Verfärbungen. Essigvernetzende Silikone haften zudem schlecht auf vielen Kunststoffen sowie auf allen zementhaltigen Baustoffen – also auch auf Beton und Zementestrich.
Generell ist bei der Auswahl des Dichtstoffs auf dessen Verträglichkeit mit angrenzenden Baustoffen/Bodenbelägen zu achten. Daher gibt es nicht nur essigvernetzende Silikone (sauer), sondern auch solche, die in der Aushärtungsphase Oxime (neutral), Alkohole (neutral) oder Amine (alkalisch) freisetzen. Bei Kontakt mit zementhaltigen Materialien empfehlen sich zum Beispiel elastische Dichtstoffe, die neutral vernetzen. Zu möglichen Gesundheitsgefahren durch Produkte, die Oxime abspalten, verweisen wir auf den BaustoffWissen-Beitrag „Meko in Silikondichtstoffen“.
Polyurethan-Dichtstoffe
Im gewerblichen Bereich werden oft Dichtstoffe auf Polyurethanbasis genutzt. Diese Produkte sind in der Regel noch chemikalienbeständiger und vor allem verschleißfester als normale Silikonfugen. Sie zeichnen sich insbesondere durch eine hohe Weiterreißfestigkeit aus. Das ist gerade bei hoch belasteten Böden wichtig, weil dort kleinere Risse an der Dichtstoffoberfläche praktisch kaum vermeidbar sind.
Polyurethan-Dichtstoffe sind ähnlich temperaturunempfindlich (–40 °C bis etwa 130 °C) und haben ähnliche Hafteigenschaften wie Silikone. Sie bieten aber einen deutlich besseren Haftgrund für Farben und Lacken – sind also überstreichbar. Wie beim Silikon gilt auch für Polyurethan, dass es eine große Vielfalt an Produkten mit unterschiedlichen Eigenschaften gibt. Generell handelt es sich aber um zweikomponentige Produkte, die nur von geschultem Personal verarbeitet werden sollten. Laut Infoschrift der Deutschen Bauchemie härten sie besonders schnell und homogen aus – unabhängig von der Luftfeuchtigkeit.
Silanmodifizierte Polymerdichtstoffe
Erst seit den 1990er-Jahren auf dem europäischen Markt erhältlich sind die in Japan entwickelten silanmodifizierten Polymerdichtstoffe (SMP). Diese Produkte, die unter Abspaltung von Alkohol neutral aushärten, vereinen viele Vorteile auf sich. Vor allem gelten sie als besonders umweltfreundlich, da sie keine Isocyanate oder kritische Lösungsmittel ausdünsten.

SMP sind nach der Aushärtung dauerhaft elastisch, zugleich aber hoch belastbar, unempfindlich und besonders UV-stabil. Außerdem haften sie auch auf schwierigen Untergründen und sind gut überstreichbar. Hinzu kommt die vergleichsweise leichte Verarbeitung, denn SMP werden auch als 1K-Produkte in Kartuschen angeboten.
Die SMP-Herstellung erfolgt auf Basis modifizierter Polyether, Polyurethane oder Acrylate. Man spricht auch von MS-Polymeren. Die Abkürzung steht für „Modifizierte Silane“.
Acrylatdichtstoffe
Ebenfalls sehr umwelt- und anwenderfreundlich, aber weitaus weniger universell einsetzbar sind die elastischen Acrylatdichtstoffe. Diese wasserbasierten Produkte trocknen sehr schnell und geruchsfrei. Dabei setzen sie lediglich Wasser frei, es findet keine chemische Vernetzungsreaktion statt. Die Dichtstoffe sind zudem gut überstreichbar – vor allem mit Dispersionsfarben – und lassen sich bei Bedarf auch viel leichter wieder entfernen als zum Beispiel Silikon. Zudem sind sie in der Regel günstiger.
Soweit die Vorteile. Zur Wahrheit gehört aber, dass Acrylatdichtstoffe zwar auch im Bodenbereich durchaus ihre Anwendungsbereiche haben, ihre Materialität zugleich aber deutliche Einsatzgrenzen setzt. „Im abgebundenen Zustand ist der Dichtstoff irreversibel feuchtempfindlich und sollte daher nicht in stark wasserbeaufschlagten Bereichen eingesetzt werden“, warnt die Infoschrift der Deutschen Bauchemie. Die Trocknung erfordere zudem ungesättigte Umgebungsluft bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt.
Hinzu kommt, dass Acrylate auch im ausgehärteten Zustand plastisch verformbar bleiben – anders als etwa Silikone. In Bereichen mit hoher Dehn- oder Stauchbelastung sind diese Dichtstoffe daher eher nicht zu empfehlen.