RM Rudolf Müller
Die IHK Ruhr in Essen ist auch für Mülheim/Ruhr und Oberhausen zuständig.  Foto: IHK Ruhr

Die IHK Ruhr in Essen ist auch für Mülheim/Ruhr und Oberhausen zuständig. Foto: IHK Ruhr

Hintergrundwissen
16. November 2017 | Artikel teilen Artikel teilen

Was machen die Industrie- und Handelskammern?

Die Industrie- und Handelskammern (IHK) bezeichnen sich selbst als Einrichtungen der Wirtschaft für die Wirtschaft. Sie vertreten die Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen in den Regionen und agieren als Vermittler zwischen den gewerbetreibenden Firmen und der öffentlichen Verwaltung auf Kommunal- und Landesebene. Ihre Aufgaben sind vielfältig, auch Zuständigkeiten im Bereich der dualen Berufsausbildung gehören dazu.

Die rechtlichen Grundlagen der IHK sind im „Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern“ verankert (kurz: IHKG). Dort heißt es, dass die IHK die Aufgabe haben, „das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen“. Das ist nur durch eine starke regionale Verankerung möglich.

Nun hat nicht jede Stadt oder jeder Landkreis eine eigene IHK. Die IHK Mittleres Ruhrgebiet ist zum Beispiel für die Städte Bochum, Herne, Hattingen und Witten zuständig, die IHK Hannover für die Region Hannover sowie die Landkreise Diepholz, Göttingen, Hameln-Pyrmont, Hildesheim, Holzminden, Nienburg/Weser, Northeim und Schaumburg. Trotzdem ist die Kammerorganisation alles andere als zentralistisch, das Standort-Netzwerk kann man durchaus als engmaschig bezeichnen. Insgesamt gibt es 79 regionale IHK in Deutschland.

Regional verankert

79 Industrie- und Handelskammern gibt es in Deutschland – auch in Nürnberg. Foto: Hartmut910 / www.pixelio.de

79 Industrie- und Handelskammern gibt es in Deutschland – auch in Nürnberg. Foto: Hartmut910 / www.pixelio.de

Mitglieder der örtlichen IHK sind die Unternehmen, die in der jeweiligen Region eine Betriebsstätte unterhalten. Genauer gesagt: alle Firmen, mit Ausnahme von reinen Handwerksbetrieben und landwirtschaftlichen Betrieben. Diese haben ihre eigenen Organisationen (Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern). Auch Freiberufler wie zum Beispiel Ärzte, Apotheker, Heilpraktiker, Hebammen, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, oder auch Journalisten und Künstler sind nicht in der Industrie- und Handelskammer organisiert.

Für alle sonstigen Unternehmen ist die Mitgliedschaft in der örtlichen IHK dagegen sogar vorgeschrieben. Sie sind gesetzlich verpflichtet, Mitglied zu werden und einen Pflichtbeitrag zu zahlen. Zwar gelten die IHK als Selbstverwaltung der regionalen Wirtschaft, der Beitritt ist aber nicht freiwillig. Die Finanzierung durch Mitgliedsbeiträge sichert die Unabhängigkeit gegenüber dem Staat. Der Pflichtbeitrag ist nicht für alle Mitglieder gleich hoch, sondern orientiert sich an der jeweiligen Leistungsfähigkeit der Unternehmen.

Die Tatsache, dass die regionalen IHK einen Großteil der örtlichen Wirtschaft repräsentieren, ist ein wesentlicher Faktor für ihren Einfluss und macht sie zu gefragten Ansprechpartnern für Politik und Verwaltung. Durch die Nähe zur örtlichen Wirtschaft wissen die Kammern, was die Firmen in der Region bewegt. Das prädestiniert sie für ihre Rolle als Bindeglied zwischen Betrieben und Staat.

Bundesweite Organisation

Die 79 regionalen IHK in Deutschland sind eigenverantwortliche öffentlich-rechtliche Körperschaften. Auf Ebene der Bundesländer gibt es zudem 16 Landesarbeitsgemeinschaften und auf Bundesebene den DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag). Diese Dachorganisation ist für die Vertretung auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zuständig. Der DIHK sieht seine Aufgabe unter anderen darin, die Informationen und Erfahrungen aus den regionalen IHK aufzunehmen und sie gegenüber der Bundesregierung und der Europäischen Union zu kommunizieren.

Die Vollversammlung gilt als das Parlament des DIHK und wird von den Mitgliedsunternehmen der Kammern gewählt. Dabei haben alle Unternehmen – unabhängig von ihrer Größe – nur eine Stimme. Die Vollversammlung wählt aus ihrer Mitte den Präsidenten sowie das Präsidium des DIHK, und sie bestellt den Hauptgeschäftsführer.

Beratung und Dienstleistung

Aber die IHK agieren nicht nur als Stimme der Wirtschaft gegenüber Politik und Öffentlichkeit, sondern bieten auch einen vielfältigen Beratungsservice für ihre Mitgliedsunternehmen. Zu den Angeboten zählen zum Beispiel Auskünfte bei Rechts- und Steuerfragen, Beratungen zu Nachfolgestrategien oder zur Expansion in internationale Märkte. Auch für angehende Unternehmer haben die Kammern Angebote. Sie bieten etwa Existenzgründungs- und Fördermittelberatungen oder veranstalten Gründertage.

Schließlich übernehmen die IHK im Interesse der Wirtschaft auch zahlreiche Aufgaben, die ihnen vom Staat übertragen wurden. Sie bestellen unter anderem vereidigte Sachverständige, führen Sach- und Fachkundeprüfungen in verschiedenen Berufszweigen durch, prüfen die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen oder führen amtliche Register (zum Beispiel für Finanzanlagenvermittler).

Staatlich übertragene Aufgaben

Insgesamt erfüllen die IHK derzeit mehr als 50 Aufgaben, die ihnen vom Staat übertragen sind. Kein Wunder, dass sie den Status öffentlich-rechtlicher Körperschaften haben. Die wohl bekannteste vom Staat übertragene Aufgabe betrifft das vielfältige Engagement der Kammern auf dem Feld der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Die IHK beraten Azubis und Ausbildungsbetriebe, sie qualifizieren die Ausbilder, sie entscheiden über die Abkürzung oder Verlängerung der Ausbildungszeit und sie führen überall in Deutschland die Zwischen- und Abschlussprüfungen durch. Und das ist nur ein Teil ihrer Aufgaben in diesem Bereich. Mehr zum Thema, was die IHK speziell für Azubis und Schüler tun, erfährst du hier.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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