
Thermografie-Kameras stellen unterschiedliche Oberflächentemperaturen farblich verschieden dar. Foto: Rockwool
Wärmebrücken aufdecken: Welchen Nutzen hat die Thermografie?
Mit modernen Thermografie-Kameras kann man auch ganz normale Fotos machen. Doch das ist nur ein zusätzlicher Nutzen. Der Hauptzweck der Geräte besteht darin, Wärmebilder zu machen – zum Beispiel von Gebäuden. Das ist eine praktische Methode zur Aufdeckung von Wärmebrücken.
Thermografie bedeutet übersetzt Wärmebild. Fotografiert man ein Objekt mit einer Thermografie-Kamera, dann erhält man eine spezielle Aufnahme, auf der Wärme sichtbar wird. Genauer gesagt: Eine Wärmebild-Kamera macht die Wärmestrahlung sichtbar, die ein Objekt abstrahlt – und damit auch dessen Wärmeverlust.
Was ist Wärmestrahlung?
Das menschliche Auge sieht Objekte nur dann, wenn diese von Licht beleuchtet werden. Genauer gesagt entsteht unsere Objektwahrnehmung durch die Lichtstrahlen, die von den Objekten reflektiert werden und dann in unser Auge treffen. Doch neben dem sichtbaren Licht geht von jedem Objekt, das eine Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunkts hat (minus 273,15 °C), auch eine unsichtbare Wärmestrahlung aus. Diese elektromagnetischen Strahlen im Infrarotbereich sind umso intensiver, je wärmer das Objekt ist. Sie sind für das menschliche Auge aber nicht direkt wahrnehmbar.
Doch an dieser Stelle hilft die Thermografie-Kamera: Sie macht die Wärmstrahlung zumindest indirekt sichtbar. Das geschieht, indem die unterschiedlichen Oberflächentemperaturen der fotografierten Objekte – zum Beispiel ein Gebäude – auf dem Wärmebild farblich verschieden dargestellt werden. Hellgelbe bis rote Bereiche markieren eine hohe Wärmestrahlung, blaue bis violett-schwarze Bereiche stehen dagegen für eine geringe Wärmestrahlung.
Strahlung versus Reflektion

Wärmestrahlung kann von Objekten emittiert oder reflektiert werden oder einfach durch sie hindurchgehen. Grafik: Rockwool
Doch bei der Interpretation der Wärmebilder muss man aufpassen. Fotografiert man beispielsweise ein Hausfenster von außen und wird dessen Scheibe im Wärmebild rot dargestellt, so bedeutet das nicht automatisch, dass Wärme aus dem Gebäudeinneren durch schlecht dämmendes Fensterglas nach außen strömt. Es kann auch sein, dass die Scheibe einfach nur Sonnenstrahlen reflektiert.
Was für Fensterglas gilt, trifft mehr oder weniger auch auf andere Gebäudeoberflächen zu. Es muss immer bedacht werden, dass die Baustoffe auch äußere Wärmequellen reflektieren können. Die Wärmestrahlung einer Außenwand, die auf dem Thermografie-Bild sichtbar wird, setzt sich also stets zusammen aus der Wärme des Objekts selbst und aus bloß reflektierter Wärme. Hinzu kommt noch die Strahlung von anderen Objekten, die einfach nur durch die Außenwand hindurchgeht.
Andererseits erscheinen zum Beispiel Dächer auf Thermografie-Aufnahmen oft dunkler und damit kälter als sie wirklich sind. Das ist so, weil die Kamera, wenn sie auf das Dach gerichtet wird, stets auch einen Teil der kalten Himmelsstrahlung mit einfängt, wodurch das Ergebnis für die Dachbaustoffe verfälscht wird. Der Himmel selbst erscheint auf Wärmebildern in der Regel schwarz.
Aufnahmen interpretieren
Den Unterschied zwischen Strahlung und Reflektion sowie den Einfluss externer Strahlungsquellen sollte man immer im Hinterkopf behalten, wenn man sich daran macht, Wärmebilder von Gebäuden zu interpretieren. An den Stellen, an denen beispielsweise eine Fassade oder eine Dachfläche rot erscheint, muss sich nicht zwangsläufig eine Wärmebrücke befinden. So viel Eindeutigkeit können wir von der Thermografie nicht erwarten. Aber die Technik liefert uns immerhin wertvolle Indizien, wo sich Wärmebrücken befinden könnten. Ein solches Indiz muss aber stets noch genauer untersucht werden.
Der Steinwolle-Hersteller Rockwool weist darauf hin, dass für aussagekräftige Wärmebilder von Gebäuden einige Rahmenbedingungen zu beachten sind. So machen die Aufnahmen nur während der Heizperiode Sinn. Das Gebäude sollte gleichmäßig auf etwa 20 °C beheizt werden, die Fenster müssen geschlossen, die Rollläden dagegen hochgefahren sein. Außerdem sollte die Differenz zwischen Innen- und Außentemperatur mindestens 10 °C betragen. Um verfälschende Einwirkungen durch Sonnenstrahlung zu minimieren, empfiehlt Rockwool, die Aufnahmen am Abend oder frühen Morgen zu machen. Bei hoher Luftfeuchtigkeit oder starkem Wind erhalte man zudem keine aussagekräftigen Bilder.
Nutzen für die Gebäudeanalyse
Beim Bauen wird heute viel Wert darauf gelegt, dass möglichst wenig Raumwärme durch die Gebäudehülle verlorengeht. Doch auf den ersten Blick ist es oft gar nicht so leicht erkennbar, warum ein Haus viel Heizungswärme verbraucht. Auch gedämmte Gebäudehüllen können versteckte Wärmebrücken aufweisen. Eine Thermografie-Kamera bietet eine kostengünstige Möglichkeit, diese sichtbar zu machen. Effizient gedämmte Hauswände sind im Wärmebild übrigens grün eingefärbt.
Die Thermografie kann zudem helfen, auch Feuchtigkeit in Bauteilen aufzuspüren. Da solche Bereiche im Wärmebild „kühler“ dargestellt werden als trockene Bereiche, liefert die Thermografie zumindest Indizien für eine mögliche Durchfeuchtung. So kann mithilfe der Technik einer drohenden Schimmelpilzbildung vorgebeugt werden.
Thermografie im Baustoffhandel

Diese Thermografie-Aufnahme deutet auf eine Wärmebrücke im Bereich der Heizkörpernische hin. Grafik: Rockwool
Auch bei der Modernisierungsberatung im Baustoffhandel ist die Thermografie ein hilfreiches Mittel, um Kunden die energetischen Schwachpunkte ihres Hauses sichtbar zu machen und Dämmlösungen zu verkaufen. Rockwool bietet in diesem Zusammenhang übrigens eine zweistufige Thermografie-Schulung für Fachhandelsmitarbeiter an.
In Qualifizierungsstufe 1 dieser Schulung lernen die Teilnehmer an zwei Tagen alles Wissenswerte über die theoretischen Grundlagen und den praktischen Umgang mit der Wärmebildkamera. In Qualifizierungsstufe 2 geht es unter anderen um die Analyse und Interpretation von Gebäude-Wärmebildern sowie um die Erstellung von Ergebnisberichten. Am Ende erwerben die Teilnehmer den Titel „Rockwool-qualifizierter Thermograf“. Aktuelle Schulungstermine findest du hier.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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