RM Rudolf Müller

Rechte und Pflichten
05. Mai 2015 | Artikel teilen Artikel teilen

Wann bekommen Azubis Geld von Vater Staat?

Hände EurostückeIn vielen Berufen ist die Ausbildungsvergütung sehr gering – eher eine Aufwandsentschädigung als ein kostendeckender Unterhalt. Wenn du nicht mehr zu Hause wohnst und nicht auf Unterstützung deiner Eltern zählen kann, fragst du dich zu Recht: Wie soll ich davon leben? Allerdings haben Azubis oft auch Anspruch auf staatliche Unterstützung. Insbesondere auf Berufsausbildungsbeihilfe.

Minderjährige dürfen ohne Zustimmung der Eltern in der Regel nicht von zu Hause ausziehen. Auch dann nicht, wenn sie die Schule bereits abgeschlossen haben und eine betriebliche Ausbildung beginnen. Das ist natürlich eine Freiheitsbeschränkung – aber immerhin eine gut „gepolsterte“. Denn schließlich sind die Eltern weiterhin verpflichtet, für den Lebensunterhalt ihrer Zöglinge aufzukommen. Dieser „Welpenschutz“ geht sogar noch weiter, wenn du als Azubi 18 wirst. Dann kann dir niemand mehr verwehren, eine eigene Wohnung zu mieten, aber deine Eltern bleiben weiterhin unterhaltspflichtig, zumindest solange du deine Erstausbildung noch nicht abgeschlossen hast.

Unterhaltspflicht der Eltern

Es kommt immer wieder vor, dass in Familien der Haussegen schief hängt, weil der volljährige Nachwuchs, der sich noch in Ausbildung befindet, schon frühzeitig ausziehen möchte. Logisch: Solange du noch bei den Eltern wohnst, fällt keine zusätzliche Miete an und dein Lebensunterhalt wird weitgehend in Form von „Naturalien“ gereicht (Verpflegung und Unterkunft). Hast du dagegen eine eigene Wohnung, müssen die Eltern Unterhaltsgeld zahlen, und das fällt vielen nicht leicht. Aber es hilft nichts: Grundsätzlich müssen die Eltern zahlen, solange ihr Kind die erste Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen hat. Azubis können den Unterhalt sogar vor Gericht einklagen.

Die Unterhaltshöhe hängt vom Einzelfall ab. Die Berechnung ist kompliziert und kann hier nicht näher beschrieben werden. Volljährigen Azubis mit eigener Wohnung wird allerdings oft ein pauschaler Anspruch von monatlich 670 Euro zugesprochen. Darin ist das Kindergeld, das die Eltern erhalten, bereits eingerechnet. Wenn du eine hohe Ausbildungsvergütung bekommst, müssen die Eltern aber normalerweise weniger zu deinem Unterhalt zuschießen. Andererseits: Wenn deine Eltern viel Geld verdienen, kann auch ein höherer Unterhalt fällig werden. Im Einzelnen entscheiden in Deutschland die Familiengerichte über die Höhe des Kindesunterhaltes. Sie tun das auf Grundlage der Düsseldorfer Tabelle.

Kindergeld

Als volljähriger Azubi, der nicht mehr zu Hause wohnt, hast du auf jeden Fall Anspruch auf das Kindergeld, das deine Eltern für dich erhalten. Der Staat gewährt diese Finanzspritze auch für Erwachsene bis zum 25. Lebensjahr so lange sie ihre Erstausbildung noch nicht abgeschlossen haben. Die Höhe des Kindergeldes beträgt 184 Euro für das erste und zweite Kind, 190 Euro für das dritte und 215 Euro für das vierte Kind. Ausgezahlt wird der Betrag von der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit – im Normalfall an die Eltern. Wer nicht mehr zu Hause wohnt und das Geld von seinen Eltern nicht freiwillig erhält, kann bei der Arbeitsagentur beantragen, dass die Summe direkt auf sein Konto überwiesen wird.

Berufsausbildungsbeihilfe

Unterhalt kann nur zahlen, wer dazu finanziell in der Lage ist. Die Belastungen für die Eltern dürfen nicht unzumutbar werden, ein ausreichender Teil ihres Einkommens muss unantastbar bleiben. Um das sicherzustellen, hat der Gesetzgeber Freibeträge eingeführt. Bei Arbeitslosen und Geringverdienern kann dadurch die Unterhaltspflicht für Kinder in der Ausbildung faktisch entfallen. In solchen Fällen springt der Staat mit der Berufsausbildungsbeihilfe ein (BAB). Azubis können sie bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen. Es gibt BAB normalerweise nur für die Erstausbildung und auch nur für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe. Außerdem darf der Antragsteller nicht mehr im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen. Der Bezug von BAB setzt ferner voraus, dass dem Azubi „die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen“ (SGB III, § 56). Im Klartext: Geld von Vater Staat gibt es nur, wenn die Eltern nicht ausreichend zahlen können und der Azubi auch sonst seinen Lebensunterhalt nicht selbst finanzieren kann. Voraussetzung ist also eine Bedürftigkeitsprüfung. Die umfasst übrigens auch die Zahlungsfähigkeit eines/einer Ehepartners/in, falls der Azubi bereits verheiratet ist.

Leere Taschen

Höhe der BAB

Die Beihilfehöhe hängt stark vom Einzelfall ab und lässt sich nicht verallgemeinern. Außerdem ist der individuell errechnete Gesamtbedarf stets höher als die tatsächliche Auszahlungssumme. Denn zumindest die Ausbildungsvergütung wird auf den Bedarf angerechnet. Dasselbe gilt für den Unterhalt von Eltern oder Ehepartnern. Ob du überhaupt Anspruch auf die staatliche Unterstützung hast (und wenn ja: in welcher Höhe), das lässt sich mit dem BAB-Rechner der Bundesagentur für Arbeit leicht selbst errechnen.

Auf der Website der Bundesagentur finden sich auch aussagekräftige Berechnungsbeispiele. So wird dort der fiktive Fall der unverheirateten Azubine Alina durchgerechnet, die in einer eigenen Wohnung zu einer Monatsmiete von 230 Euro lebt und eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 320 Euro bezieht. Ihr Gesamtbedarf wird inklusive Lebensunterhalt, Miet- und Fahrtkosten sowie Kosten für Arbeitskleidung auf monatlich 639 Euro beziffert. Davon wird Alinas Ausbildungsvergütung (bis auf einen Freibetrag von 58 Euro) abgezogen. Es verbleibt ein Bedarf von 377 Euro. In dem Fallbespiel wird angenommen, dass das Einkommen der Eltern unterhalb der Freibeträge liegt, also nicht angerechnet wird. Alina erhält deshalb Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von 377 Euro. Nicht viel, aber besser als nichts.

BAB oder BAföG?

Die Berufsausbildungsbeihilfe ist die klassische staatliche Förderung für Azubis, die eine duale Berufsausbildung machen, die also in einem Betrieb ausgebildet werden und zusätzlich die Berufsschule besuchen. Dagegen hat dieser Personenkreis keinen Anspruch auf Leistungen aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Das so genannte „BAföG“ dient nämlich vor allem der Unterstützung von Studenten. Daneben kann es auch Schülern ab der zehnten Klasse gewährt werden – an allgemeinbildenden Schulen, Fachschulen, Berufsfachschulen und Schulen des Zweiten Bildungsweges. Aber BAföG gibt es eben nur für schulische, nicht für betriebliche Ausbildungen.

Und was ist mit dem so genannten „Meister-BAföG“? Dabei handelt es sich um eine finanzielle Förderung von Fachkräften, die ihre erste Berufsausbildung bereits abgeschlossen haben und noch eine berufliche Aufstiegsfortbildung anhängen wollen. Klassiker ist hier die Meisterprüfung bei Handwerkern. Der Staat unterstützt dabei finanziell die Teilnahme an den entsprechenden Kursen und Lehrgängen. Der umgangssprachliche Name Meister-BAföG ist aber irreführend. Die Förderung hat überhaupt nichts mit dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zu tun, sondern wird im so genannten Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) geregelt.


Bitte beachten Sie: Der Inhalt dieses Beitrages stellt keine Rechtsberatung dar und kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen! Unser Anspruch ist es, immer rechtlich korrekte Artikel zur Verfügung zu stellen. Allerdings ändern sich Gesetze bzw. gesetzliche Regelungen häufig. Wir können daher keine Garantie für die aktuelle oder zukünftige Richtigkeit übernehmen. Im Zweifel wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an eine juristisch fundierte Person (z.B. Rechtsanwälte, Gewerkschaften, IHK etc.).

Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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