Wann dürfen Azubis den Betrieb wechseln?
Ein Azubi darf nicht einfach jederzeit seinen Betrieb verlassen, um dieselbe Ausbildung in einer anderen Firma fortzusetzen. Was geht und was nicht, schildert der folgende Beitrag.
Du hast eine Ausbildung begonnen, aber stellst dann irgendwann fest, dass der Beruf doch nicht zu dir passt? Dann zwingt dich keiner, die Sache bis zum Ende durchzuziehen. Auch nach der Probezeit können Azubis jederzeit mit einer Frist von vier Wochen kündigen, wenn sie die Berufsausbildung ganz aufgeben wollen. Man kommt also problemlos aus seinem Vertrag heraus, wenn man stattdessen lieber studieren oder eine Ausbildung in einem anderen Beruf beginnen möchte. Diese Freiheit garantiert nicht nur das Grundgesetz, sondern auch Paragraph 22 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG).
Wechsel im selben Beruf
Etwas schwieriger wird die Sache, wenn du dieselbe Ausbildung fortführen möchtest, aber in einem anderen Betrieb. Dieser Fall ist im BBiG gar nicht ausdrücklich vorgesehen. Deshalb kann es in der Praxis zu unangenehmen Rechtsstreitigkeiten kommen, wenn du kündigst, um deine Ausbildung woanders fortzuführen. Während der Probezeit ist das noch kein Problem: Da können beide Seiten – Ausbilder und Auszubildende – jederzeit ohne Angabe von Gründen fristlos kündigen. Doch nach der Probezeit bist du als Azubi stärker an den Betrieb gebunden. Dein Ausbildungsbetrieb kann dich sogar auf Schadensersatz verklagen, wenn du ohne ausreichenden Grund kündigst (§23 BBiG).
Wie gesagt: Wenn jemand seine Ausbildung ganz abbrechen möchte, dann ist das immer ein ausreichender Grund für eine fristgerechte Kündigung. Aber für einen Firmenwechsel im selben Beruf muss man schon gut argumentieren, um Probleme zu vermeiden. Am besten ist es natürlich, nicht auf Konflikt zu setzen, sondern sich mit seinem Betrieb gütlich zu einigen. Wer im vertraulichen Gespräch mit den Vorgesetzten nachvollziehbar erklären kann, warum er die Ausbildungsstätte wechseln möchte, dem werden die meisten Unternehmen sicher keine Steine in den Weg legen. Azubi und Ausbildungsbetrieb einigen sich dann in der Regel auf einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag.
Fristlose Kündigung
Wenn der Betrieb allerdings nicht zu einem Aufhebungsvertrag bereit ist, dann dürfen Azubis normalerweise auch nicht wechseln. Es sei denn, der Betrieb hat sich unzumutbaren Pflichtverletzungen gegenüber einem/einer Auszubildenden schuldig gemacht. Dann hat die betroffene Person das Recht, mit sofortiger Wirkung fristlos zu kündigen. Es muss sich dabei aber wirklich um schwerwiegende Vorwürfe handeln: zum Beispiel sexuelle Belästigung, körperliche Gewalt oder Mobbing am Arbeitsplatz.
Wenn es dagegen um Pflichtverletzungen geht, die der Ausbildungsbetrieb auch beheben könnte, wenn man ihn dazu auffordert, dann sieht das Gesetz zunächst nur eine schriftliche Abmahnung vor. Als Azubi kannst du eine solche Abmahnung an deinen Betrieb beispielsweise schreiben, wenn deine Ausbildungsvergütung nicht gezahlt wurde oder wenn du häufig länger arbeiten musst, als im (Jugend)Arbeitsschutzgesetz erlaubt. Erst wenn der Betrieb auf deine Abmahnung und die Aufforderung, die Missstände zu beenden, nicht reagiert, hast du einen ausreichenden Grund für eine fristlose Kündigung.
Wechsel wegen Firmenpleite
Bisher haben wir nur die Frage beantwortet, unter welchen Bedingungen Azubis ihren Ausbildungsplatz freiwillig wechseln dürfen. Aber es gibt natürlich auch so etwas wie einen erzwungenen Wechsel – nämlich dann, wenn deine Firma Pleite geht. In dem Fall hast du natürlich einen Anspruch darauf, deine Ausbildung woanders weiterzuführen, ohne noch einmal ganz von vorne beginnen zu müssen. Das gilt übrigens nicht nur beim Firmenwechsel infolge einer Unternehmenspleite, sondern auch, wenn du durch Aufhebungsvertrag oder fristlose Kündigung wechseln darfst. Allerdings musst du in jedem Fall noch einmal eine neue Probezeit durchlaufen.
Wenn die Firma vor der Pleite steht, heißt das übrigens nicht zwangsläufig, dass die Azubis eine neue Ausbildungsstätte suchen müssen. Normalerweise meldet der Betrieb Insolvenz an und wird dann erst einmal von einem Insolvenzverwalter fortgeführt. Dieser versucht die Pleite abzuwenden, indem er nach neuen Investoren oder Käufern Ausschau hält. So etwas dauert manchmal mehrere Jahre. Es kann also durchaus sein, dass Azubis ihre Ausbildung auch in einem insolventen Unternehmen noch ganz normal abschließen. Erst wenn das Unternehmen definitiv nicht mehr zu retten ist, darf der Insolvenzverwalter die Auszubildenden kündigen.
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