Bauteile aus Textilbeton können auch mit einer Bewehrung aus Naturfasern ein ausreichendes Verbund- und Zugtragverhalten für den Einsatz im Gebäudebereich aufweisen. Das wurde in einem Projekt des Fraunhofer WKI nachgewiesen. Damit könnten künftig Textilbetonbauteile mit Naturfaserbewehrung herkömmlich bewehrte Betonbauteile ersetzen und somit die Umweltbilanz im Bauwesen verbessern.
Unter Textilbeton versteht man Betonbauteile, in die nicht – wie bei klassischem Stahlbeton – metallische Bewehrungsmatten eingelegt werden, sondern stattdessen textile Gittergelege. Solche nichtmetallischen Textilbewehrungen basierten bislang überwiegend auf synthetisch erzeugten Fasern – und zwar vor allem auf Glas- oder Carbonfasern .
Ein Gittermatte aus Naturfasern wäre noch nachhaltiger, bislang jedoch war umstritten, ob eine solche Lösung genauso leistungsfähig und belastbar wie die synthetischen Varianten ist. Eben das konnten Forschende des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung Wilhelm-Klauditz-Institut (Fraunhofer WKI) nun in einem gemeinsamen Projekt mit der Hochschule Biberach und dem Faserbeton-Experten Fabrino als Industriepartner nachweisen.
Vorteile von Textilbeton
Textile Bewehrungen haben eine Reihe von Vorteilen. Sie weisen eine deutlich reduzierte Korrodierbarkeit bei gleicher oder höherer Zugfestigkeit als Stahl auf, sodass eine geringere Betonüberdeckung der Bewehrung und damit filigranere Bauteile möglich werden – bei gleicher Tragfähigkeit.
Flachs- oder andere Naturfasern sind eine ökologische Alternative zu den synthetischen Fasern. Sie sind vielerorts verfügbar und nachhaltiger, weil sie aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, Vorteile beim Recycling bieten und weniger Energie zu ihrer Herstellung benötigen. Bisher allerdings wurde das Tragverhalten von textilen Bewehrungen aus Naturfasern in Betonbauteilen noch nicht systematisch untersucht.
Hier setzten die Forschenden des Fraunhofer WKI und der Hochschule Biberach gemeinsam mit ihrem Industriepartner an. Ihr Ziel war es nachzuweisen, dass Bewehrungen aus Naturfasern ein ausreichendes Verbund- und Zugtragverhalten bieten und sich für den Einsatz im Bauwesen ebenso eignen wie synthetische Fasern.
An der Hochschule Biberach testeten die Forschenden das Verbund- und Zugtragverhalten sowie das einachsige Biegetragverhalten von Betonbauteilen mit textiler Bewehrung aus Flachsfasern. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass sich die naturfaserbasierten Textilbetonbauteile grundsätzlich ebenfalls für Anwendungen im Gebäudebereich eignen – zumindest, wenn man die textilen Gelege entsprechend vorbehandelt.
Biobasierte Faser-Tränkung

„Wir haben mit einer Webmaschine Drehergewebe aus Flachsfasergarn hergestellt“, berichtet Jana Winkelmann, Projektleiterin am Fraunhofer WKI, aus der Forschungsphase. „Um die Nachhaltigkeit zu erhöhen, haben wir eine Behandlung der Flachsgarne zur Verbesserung der Zugfestigkeit, Dauerhaftigkeit und Verbundhaftung erprobt, die im Vergleich zu petrobasierten Behandlungen ökologisch vorteilhafter ist.“
Im Beschichtungsverfahren konnte ein gängiges Erdöl-basiertes Epoxidharz erfolgreich durch eine zum Teil biobasierte Tränkung ersetzt werden. Ein großer Anteil (56 %) der molekularen Struktur des verwendeten Epoxidharzes besteht aus Kohlenwasserstoffen pflanzlichen Ursprungs.
Insgesamt würden regional oder europaweit verfügbare, nachwachsende Naturfasern und die zum Teil biobasierte Beschichtung zu einer Verbesserung des CO 2 -Fußabdrucks der Produkte beitragen – so das Fraunhofer WKI. Damit eröffne sich für die energie- und rohstoffintensive Bauindustrie eine weitere Möglichkeit, zunehmend strengere Umwelt- und Nachhaltigkeitsanforderungen zu erfüllen.
„Textilbetone ermöglichen leichtere und schlankere Konstruktionen und bieten daher architektonische Spielräume“, sagt Christina Haxter, Mitarbeiterin am Fraunhofer WKI. „An den zahlreichen Einsatzmöglichkeiten von naturfaserbewehrten Textilbetonen möchten wir gern weiterforschen.“