Ab 2028 tritt das Europäische Emissionshandelssystem schrittweise auch in Deutschland in Kraft. Im Gebäudesektor kann das zu deutlich höheren Heizkosten führen. Das Energieunternehmen Enpal hat die möglichen finanziellen Auswirkungen des steigenden CO₂-Preises auf Haushalte in Deutschland genauer analysiert.
Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS-2) soll ab 2028 schrittweise den bisherigen nationalen Emissionshandel (nEHS) ersetzen. Ziel der entsprechenden EU-Gesetzgebung ist es, dass die CO₂-Bepreisung künftig in ganz Europa einheitlich geregelt ist. Eines ist schon heute klar: Wer mit Gas, Öl und Kohle heizt, egal ob im Eigenheim oder zur Miete, muss durch ETS-2 mit deutlichen Mehrkosten rechnen.
Nach Angaben von Enpal gilt das aktuell für die meisten Haushalte, denn zurzeit heizen hierzulande noch knapp 64 % der Haushalte mit Gas, rund 10 % mit Heizöl und etwa 0,15 % mit Kohle. Nach Angaben des Energieunternehmens droht diesen Haushalten eine „CO₂-Preisexplosion“, die allerdings je nach Energieverbrauch beziehungsweise Energieeffizienzklasse des Gebäudes unterschiedlich hoch ausfallen wird.
Drei Szenarien
Laut der Enpal-Analyse könnten auf Gas-Haushalte – je nach Verbrauch – jährliche Mehrkosten von bis zu 1.425 Euro zukommen. Bei Heizöl wären es bis zu 1.840 Euro, bei Kohle sogar bis zu 2.375 Euro. Die hier genannten zusätzlichen Maximalkosten beziehen sich auf das besonders teure „Szenario 3“, das von einem CO₂-Preis von 250 Euro pro Tonne ausgeht. In der Studie werden darüber hinaus auch Mehrkosten für das Szenario 1 (55 Euro/Tonne) und das Szenario 2 (160 Euro/Tonne CO₂) berechnet.

Die Preissimulation mithilfe verschiedener Szenarien ist notwendig, weil sich die tatsächliche Entwicklung des CO₂-Preises für die Gebäudebeheizung im System ETS-2 nicht genau vorhersagen lässt. Warum? Weil der Preis ab 2028 erstmals vollständig frei durch Angebot und Nachfrage am Zertifikate-Markt bestimmt wird. Hintergrund: Unternehmen, die Brennstoffe wie Gas, Öl oder Kohle vertreiben, müssen Emissionszertifikate erwerben und abgeben. Diese Zertifikate werden durch Auktionen verteilt und ihre Menge wird jährlich reduziert, sodass ein Preisanreiz zur Emissionsminderung entsteht.
Die in der der Enpal-Analyse berechneten Mehrkosten beziehen sich übrigens auf einen Vier-Personen-Haushalt mit 95 m2 Wohnfläche. Der Energieverbrauch der Haushalte wurde basierend auf Werten der Verbraucherzentrale für Gebäude der Energieeffizienzklassen C und G berechnet. Der CO₂-Ausstoß der Heizungen wurde mithilfe der Emissionsfaktoren aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) ermittelt.
Wer in der Enpal-Studie blättert, wird feststellen, dass dort durchweg das Jahr 2027 als Starschuss für das Europäische Emissionshandelssystem im Gebäudesektor genannt wird. So war es bis vor Kurzem auch geplant. Im November 2025 wurde dann jedoch kurzfristig beschlossen, die Einführung von ETS-2 um ein Jahr auf 2028 zu verschieben.
Einfluss der Gebäudeeffizienz
Die Studie zeigt, wie stark die realen Mehrkosten ab 2027 (beziehungsweise jetzt erst ab 2028) von der Effizienzklasse des jeweiligen Gebäudes abhängt. Hintergrund: Häuser, die besonders energieeffizient sind, werden in die Energieeffizienzklassen A+ oder A eingestuft. Das bedeutet, das sie einen jährlichen Endenergiebedarf von unter 30 kWh/m² beziehungsweise von 30 bis 50 kWh/m² haben. Die weiteren Klassen stehen für Jahresverbräuche von 50 bis 75 kWh/m² (B), 75 bis 100 kWh/m² (C), 100 bis 130 kWh/m² (D), 130 bis 160 kWh/m² (E), 160 bis 200 kWh/m² (F), 200 bis 250 kWh/m² (G) beziehungsweise mehr als 250 kWh/m² (H).

Für Gasheizungen in der Gebäudeeffizienzklasse C geht die Studie von jährlichen Mehrkosten von 125,40 Euro im Szenario 1 aus, die bis auf 570 Euro im Szenario 3 steigen können. In der schlechteren Effizienzklasse G fallen die Kosten deutlich höher aus: Von 313,50 Euro in Szenario 1 bis zu 1.425 Euro im teuersten Szenario. Für Öl- und Kohleheizungen fällt die CO₂-Preisexplosion natürlich noch deutlich stärker aus, aber auch hier gilt: Je höher die Gebäudeeffizienz, umso geringer fallen der Heizverbrauch und damit auch die tatsächlichen Mehrkosten für die CO₂-Bepreisung aus.
Unterm Strich zeigt die Analyse also, dass die ab 2028 durch ETS-2 zu erwartenden Heiz-Mehrkosten je nach Gebäudeeffizienzklasse stark schwanken. Bei Gasheizungen reicht das Spektrum von 125,40 Euro im Szenario 1 bis zu 1.425 Euro im Szenario 3. Bei Ölheizungen liegen die Mehrkosten zwischen 161,98 Euro und 1.840,63 Euro. Kohleheizungen verursachen mit Mehrkosten von 209 Euro bis zu 2.375 Euro im teuersten Szenario die höchsten finanziellen Belastungen. Wie gesagt: Alle Zahlenangaben beziehen sich auf einen Vier-Personen-Haushalt mit 95 m2 Wohnfläche.
„Wir sehen täglich, wie stark steigende Energiekosten Haushalte belasten werden, wenn der ETS-2 greift“, sagt Wolfgang Gründinger, Chief Evangelist Officer von Enpal. „Deshalb raten wir, jetzt Förderprogramme zu prüfen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die langfristig vor hohen CO₂-Kosten schützen – etwa durch den Einsatz einer Wärmepumpe, am besten kombiniert mit einer Photovoltaikanlage, und den Umstieg auf Elektromobilität.“
Fossile Hochburgen
Die Studie zeigt ferner, welche deutschen Städte in Sachen Dekarbonisierung der Heizkosten noch am meisten zu tun haben. So ist Wilhelmshaven bundesweit die Stadt, in der die meisten Haushalte mit Gas heizen (94,7 %) – gefolgt von Oldenburg (93,1 %), Delmenhorst (89,5 %), Neuwied (87,1 %) und Witten (84,9 %).
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Ganz anders sieht es in Flensburg aus: Dort nutzen gerade einmal 4,3 % Gas zum Heizen, auf Platz eins der Heizarten steht stattdessen die Fernwärme, an die 93 % der Flensburger Haushalte angeschlossen sind. Echte Fernwärme-Hochburgen sind auch Wolfsburg (81,2 %) und Neubrandenburg (78,3 %).
Besonders viele Haushalte mit Ölheizungen gibt es übrigens in Schwäbisch-Gmünd (28,1 %). Wie oben schon erwähnt, kommen Kohleöfen zum Beheizen privater Wohnungen im bundesweiten Durchschnitt nur noch auf einen verschwindend geringen Anteil von 0,15 %. Doch auch hier gibt es regionale Ausreißer: In Dorsten nutzen immerhin noch 3,2 % der Haushalte Kohle zum Heizen, in Heidelberg sind es 3,1 %.