Eine Nahaufnahme von mehreren Schichten teils textiler Brandschutzmaterialien, die übereinander gestapelt sind.
Bei diesem mehrschichtigen Brandschutzmaterial spielen auch technische Textilien eine große Rolle. (Quelle: Frenzelit GmbH)

Grundstoffe des Bauens 2025-05-20T07:00:00Z Technische Textilien im Bauwesen

Beim Begriff Textilien denkt man zunächst an Kleidung und pflanzliche Faserstoffe wie Baumwolle. Technische Textilien spielen zwar auch im Bekleidungssegment eine Rolle, aber sie kommen darüber hinaus auch in vielen anderen Anwendungsgebieten zum Einsatz. So auch im Bauwesen. Dort bestehen sie meist aus Glas- oder Carbonfasern und dienen unter anderem zum Stabilisieren und Verfestigen oder auch zur Isolation und zum Separieren von Bauteilen oder Erdschichten.

Gerade im Bauwesen wird für technische Textilien mitunter auch der Begriff „Textilglas“ verwendet. Das verdeutlicht die bisher dominierende Stellung von Glasfasern als Ausgangsmaterial für die textilen Produkte. In den letzten Jahren entstehen aber auch verstärkt baunahe Anwendungen, bei denen Kohlenstofffasern (Carbonfasern) die Hauptrolle spielen. Dieses innovative Material ist derzeit aber noch teurer als die klassische Glasfaser.

Widerstandsfähige Hochleistungsfasern

Zu Textilien werden die technischen Faserstoffe natürlich erst dann, wenn man sie beispielsweise zu Vliesstoffen weiterverarbeitet oder aus ihnen zunächst Fäden beziehungsweise Garne spinnt, aus denen sich dann mehr oder weniger engmaschige Gewebe oder auch weitmaschigere Gittergelege herstellen lassen.

Ein Bündel schwarzer Carbonfasern auf weißem Hintergrund.
Aus Carbonfasern fertigt man Carbon-Garn (Foto), daraus wiederum lassen sich technische Textilien herstellen. (Quelle: filmaton)

Woraus auch immer die Fasern bestehen: Für Anwendungen im Bauwesen müssen sie natürlich stabiler und meist auch feuchte- und verrottungsbeständiger sein als „normale“ Textilfasern. Auch Eigenschaften wie Nichtbrennbarkeit und Chemikalienbeständigkeit sind in der Regel gefragt. Selbst Bekleidungstextilien bestehen heutzutage ja meist nicht mehr ausschließlich aus natürlichen Pflanzenfasern, sondern enthalten auch künstliche „Funktionsfasern“. Für Bautextilien gilt das erst recht.

Glas- oder Carbonfasern bringen zahlreiche Eigenschaften mit, auf die es bei Bauanwendungen ankommt. Es handelt sich um Hochleistungsfasern, die sich durch enorme Festigkeiten auszeichnen und besonders zugfest sind. Je nach konkretem Einsatzzweck ist es bei der Herstellung technischer Textilien zudem üblich, dass man die verwendeten Fasergarne zur Erreichung bestimmter Eigenschaften noch speziell beschichtet oder imprägniert.

Auch natürliche Pflanzengarne könnten künftig übrigens eine größere Rolle bei der Herstellung technischer Textilien spielen. Das zeigen die Ergebnisse eines Forschungsprojekts des Fraunhofer WKI, über das wir vor zwei Jahren im BaustoffWissen-Beitrag „Naturfasern für Textilbeton“ berichtet haben. Die Forschenden konnten nämlich nachweisen, dass auch textile Gelege aus (speziell vorbehandelten) natürlichen Flachsfasern geeignet sind, um zum Beispiel als Betonarmierung im Gebäudebereich zum Einsatz zu kommen.

Typische Bauanwendungen

Apropos Beton: Auch der führende Baustoff unserer Zeit wird in den letzten Jahren immer häufiger mit technischen Textilien kombiniert. Diese übernehmen dann die Funktion der klassischen Stahlmatten im Stahlbeton: Sie sorgen also als Bewehrung für eine höhere Zugfestigkeit des Betons. Zum Einsatz kommen dabei in der Regel textile Gelege aus Glasfasern oder Carbonfasern. Im Letzteren Fall spricht man von Carbonbeton. Es ist üblich, die technischen Fasern bei derlei Anwendungen zusätzlich mit Kunststoff beziehungsweise Kunstharz zu beschichten.

Eine Betonplatte mit Carbonfaser-Gelege, daneben liegt eine Münze zur Größenreferenz.
Beton mit Carbonfaser-Gelege. (Quelle: Ulrich van Stipriaan)

Die Verwendung von Glas- oder Carbonfasern für die Betonbewehrung hat einen doppelten Vorteil: Im Gegensatz zur metallischen Bewehrung ist die textile Variante immun gegen Korrosion, und außerdem ist sie deutlich leichter. Das geringe Gewicht – bei gleichzeitig hoher Leistungsfähigkeit – ist ein entscheidendes Argument für den Einsatz technischer Textilien im Bauwesen. Die Korrosionsbeständigkeit ermöglicht zudem filigranere Betonbauteile, da sich die Betonüberdeckung der Bewehrung reduzieren lässt.

Ein fast schon klassisches Anwendungsbeispiel für technische Textilien im Bauwesen ist der so genannte Armierungsputz, der beispielsweise bei WDVS-Fassaden zum Einsatz kommt. Das in den Fassadenputz eingebettete Armierungsgewebe besteht nämlich in der Regel aus kunststoffummanteltem Glasfasergewebe.

Neben solchen Detailanwendungen gibt es mittlerweile aber auch schon komplette Textilfassaden. So bietet Schüco, der Systemanbieter für Fenster- und Fassadensysteme, unter der Marke Facid textile Glasfaser-Fassaden an, die nicht nur gut aussehen, sondern zugleich auch noch Sicht- und Sonnenschutzfunktionen übernehmen. Dass sich Textilfassaden auch mit Solarzellen kombinieren lassen, zeigt ein Forschungsprojekt des Fraunhofer IKTS, über das wir bereits 2019 im BaustoffWissen-Beitrag „Photovoltaik: Textile Solarzellen“ berichtet haben.

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Auch zur Isolation von Bauteilen lassen sich technische Textilien vielfältig verwenden. Das oberfränkische Unternehmen Frenzelit produziert zum Beispiel alterungs- und witterungsbeständige, chemisch resistente sowie weitgehend unbrennbare Glasfaser-Gewebe und -Vliese, die zur thermischen, akustischen oder elektrischen Isolation auch im Bauwesen zum Einsatz kommen.

Unterschiedlichste Funktionen übernehmen technische Textilien zudem schon seit vielen Jahren im Tiefbau. Großflächige Geotextilien dienen beispielsweise zur Trennung und/oder Stabilisierung von Schichten im Straßen-, Wege- und Gleisbau oder auch als Abrutschsicherung bei steilen Erdwällen und Böschungen. Im Bodenbereich übernehmen sie zudem Filterfunktionen, halten beispielsweise Erdmassen zusammen, während sie gleichzeitig Wasser durchlassen. Bei Asphaltbelägen wiederum kommen mitunter bitumengetränkte Geotextilien zum Einsatz, die das Einsickern von Oberflächenwasser in tiefere Straßenschichten verhindern sollen.

zuletzt editiert am 15. Mai 2025