Im nordrhein-westfälischen Nordkirchen entsteht aktuell Europas erstes öffentliches Gebäude, das per 3D-Betondruck errichtet wird. Konkret geht es um das neue Vereinsheim des ortsansässigen Sportclub Capelle. Für dessen Gebäudehülle kommt ein Spezialbeton zum Einsatz, der von einem Großdrucker Schicht für Schicht aufgetragen wird. Die reine Druckzeit soll nur knapp sechs Tage betragen.
„Im Angesicht der großen Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Wohnungsnot und stagnierender Produktivität im Bau bietet der 3D-Baudruck einen dringend nötigen Lösungsansatz, um schneller, günstiger und materialschonender zu bauen“, findet Dr. Fabian Meyer-Brötz, Geschäftsführer der PERI 3D Construction GmbH. Seine Firma stellt beim Projekt in Nordkirchen (Münsterland) die nötige Technologie: den modularen 3D-Drucker COBOD BOD2. Der druckt Schicht für Schicht die Außenwände des Vereinsheims. Dafür rechnet das Unternehmen mit einer reinen Druckzeit von etwa 140 Stunden.
COBOD-Druckmaschine

Für Peri ist es bereits das fünfte Projekt dieser Art allein in Deutschland. In Heidelberg fertigt das Unternehmen derzeit auch das bislang größte Gebäude Europas im 3D-Betondruckverfahren. Das Projekt in Nordkirchen wiederum ist Europas erstes öffentliches Gebäude, das in dieser Bauweise entsteht.
Zum Hintergrund von Peri: Die Firma mit Sitz im bayerischen Weißenhorn, eigentlich spezialisiert auf die Herstellung von Betonschalungen und Gerüstsystemen, engagiert sich seit ein paar Jahren auch im neuen Markt des Gebäudedrucks. Dafür erwarben die Bayern 2018 Anteile an der dänischen Firma COBOD International A/S, deren riesige Druckmaschinen derzeit bei vielen 3D-Betondruck-Projekten in ganz Europa zum Einsatz kommen.
Die Errichtung des Vereinsheims in Nordkirchen wird diesbezüglich neue Maßstäbe setzen. „Für dieses Projekt haben wir die für uns bisher größte Druckerkonfiguration aufgebaut: 25 m lang, 15 m breit und 10 m hoch“, verrät Peri-Geschäftsführer Meyer-Brötz. Das Projekt wird durch das nordrhein-westfälische Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung mit 333.000 Euro gefördert. Die zuständige Ministerin Ina Scharrenbach besuchte kürzlich die Baustelle.
Beton von Heidelberg Materials

Das geplante zweistöckige Vereinsheim des SC Capelle, das eine Nutzfläche von etwa 330 qm bieten soll, wurde vom Architekturbüro Steinhoff Architekten entworfen. Den Beton für die Gebäudehülle liefert das Baustoffunternehmen Heidelberg Materials. Aufgrund seiner Pumpbarkeit sowie der speziell eingestellten Extrusionseigenschaften und Festigkeitsentwicklung eignet sich der Spezialbeton für den 3D-Druck. Nach Herstellerangaben beinhaltet er zudem ein Bindemittel, das im Vergleich zu reinem Portlandzement eine CO₂-Reduktion um etwa 55 % ermöglicht.
Heidelberg Materials hat in der Vergangenheit bereits Erfahrungen mit dem 3D-Betondruck gesammelt. So entstand beispielsweise 2021 in Beckum (NRW) das erste 3D-gedruckte Wohnhaus ebenfalls mit Druckbeton von Heidelberg Materials. „Um den 3D-Druckbeton nachhaltig lokal zu produzieren und noch flexibler liefern zu können, haben wir in den vergangen zwei Jahren einen Produktionsstandort in Nordrhein-Westfalen aufgebaut.“, betont Dr. Jörg Dietrich, Leiter Engineering & Innovation und Leiter Produktmanagement bei Heidelberg Materials Deutschland (auf dem Foto mit der Ministerin ganz rechts).
Nordkirchens Bürgermeister Dietmar Bergmann ist natürlich stolz darauf, dass Europas erstes öffentliches 3D-Betondruck-Gebäude nun ausgerechnet in seiner Gemeinde errichtet wird: „Dieses Projekt ist ein klares Signal, dass kleine Orte in ländlichen Regionen auch Innovationen und Zukunftstechnologien vorantreiben können. Dank der großen finanziellen Unterstützung durch das Ministerium und das Know-how unserer Projektpartner von Steinhoff Architekten, Peri und Heidelberg Materials können wir in Nordkirchen ein Bauprojekt realisieren, das nicht nur in der Umgebung, sondern überregional für Aufmerksamkeit sorgt.“