Der Beton des Bundeskanzleramtes erhielt seine helle Farbe nicht zuletzt durch Weißzement. (Quelle: Pixabay)

Grundstoffe des Bauens 2024-08-13T07:00:00Z Was ist Weißzement?

Weißzement ist eine Spezialvariante des klassischen Portlandzements. Nur etwa 1 % des weltweit produzierten Zements entfällt auf diese Sorte. Die technischen Eigenschaften des Nischenprodukts sind aber identisch mit denen von normalem Portlandzement. Der einzige Unterschied ist die Farbe: weiß statt grau. Folgerichtig kommt Weißzement vor allem aus optischen Gründen zum Einsatz.

Hauptsächlich wird das Bindemittel für Sichtbeton-Flächen, Terrazzo-Böden – als Nassestrich oder in Form von Terrazzo-Betonsteinplatten – eingesetzt. Und natürlich für Putzmörtel, wenn dieser auch ohne Farbanstrich strahlend weiß statt grau sein soll. Alle Anwendungsbereiche haben in der Regel gemeinsam, dass der Weißzement nicht beschichtet oder anderweitig „verhüllt“ wird, sondern als bewusstes Designelement dauerhaft sichtbar bleibt.

Auf die Optik kommt es an

Gegenüber dem klassisch-grauen Portlandzement hat Weißzement also eigentlich „nur“ einen ästhetischen Vorteil. Er ermöglicht edel-helle Beton- und Putzoberflächen. Wo ein solches Design gefragt ist, kommt er zum Einsatz. Seine technischen Eigenschaften – zum Beispiel Festigkeit, Abbindezeit oder Wasserbedarf – sind dagegen praktisch identisch mit denen von Grauzement. Es gibt daher auch keine gesonderte Weißzement-Produktnorm.

Mit Weißzement versetzter Kalk-Zement-Haftputz – hier für eine Fassadenrenovierung. (Quelle: Baumit)

Jenseits der reinen Optik lässt sich allenfalls noch anmerken, dass die helle Oberfläche des Zements Licht besonders gut reflektiert und Weißzement auch deshalb in manchen sonnenreichen Ländern besonders beliebt ist. Zugleich ist die Herstellung des Materials aber auch deutlich aufwändiger und energieintensiver als die von gewöhnlichem Portlandzement. Die benötigten Rohstoffe sind zum Teil schwerer zu gewinnen. Aus all dem resultiert ein höherer Marktpreis. Das dürfte der Hauptgrund dafür sein, dass Weißzement auch im weltweiten Maßstab bis heute ein Nischenprodukt für besondere Objekte geblieben ist.

Baustoffe, die Weißzement enthalten, müssen gleichwohl nicht zwangsläufig weiß sein. Man kann das Bindemittel auch einfärben. Dabei ist der weiße Grundton von Vorteil, weil die Wunschfarbe unter diesen Umständen besser hervortreten kann und sich in vielen Fällen auch mit weniger Farbpigmenten realisieren lässt als beim dunkleren Grauzement. Zudem sind grundsätzlich hellere, pastellfarbene Oberflächen möglich. Aufgrund dieser Vorteile ist Weißzement auch bei eingefärbten Sichtbetonflächen oft das Mittel der Wahl.

Inhaltstoffe

Zement wird traditionell aus mineralischen Rohstoffen wie Ton und Kalk hergestellt, die sich in der Regel problemlos aus der oberflächennahen Erdkruste gewinnen lassen. Das dabei gewonnene Material enthält aber in der Regel auch zahlreiche zusätzliche Elemente, die bei der Zementherstellung an sich nicht weiter stören, gleichwohl aber einen Einfluss auf die Farbe des späteren Baustoffprodukts nehmen.

Weißzement ist eine Variante des Portlandzements, die eine besonders genaue Rohstoffauswahl notwendig macht. Die zum Einsatz kommenden Erd- und Gesteinsmaterialien dürfen nur sehr wenig Eisenoxid enthalten (< 0,1 %), außerdem sollte in ihnen kein Mangan, Chrom, Titan oder Phosphor vorkommen. Das Fehlen beziehungsweise die geringe Konzentration der genannten Elemente ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass das Endprodukt tatsächlich weiß wird.

Wer Weißzement herstellt, muss also darauf achten, dass der verwendete Kalkstein die Stoffe Eisenoxid, Mangan, Chrom, Titan und Phosphor allenfalls in geringer Konzentration enthält. Er muss ferner weiße Tonerde (Kaolin) einsetzen – auch „Porzellanerde“ genannt –, weil nur diese eisenfrei ist. All das erfordert mehr Sorgfalt bei der Rohstoffauswahl. Erschwerend kommt hinzu, dass die benötigten Materialien in der Erdkruste deutlich seltener vorkommen als der Rohstoffmix, den man für gewöhnlich zur Herstellung von Grauzement verwendet.

Herstellung

Bei der Produktion von Portlandzement wird die gemahlene Ton-/Kalk-Mischung bis zur Sinterung erhitzt, also fast bis zum Schmelzpunkt. Dadurch entstehen steinartige Kügelchen – so genannte Zement-Klinker. Gemahlen ergaben diese einen pulverförmigen Baustoff, der sich nach Hinzufügung von Wasser hervorragend als Bindemittel für Beton oder Mörtel eignet.

Betonböen in Museen enthalten ebenfalls oft Weißzement. (Quelle: Pixabay)

Bei Weißzement ist – wie oben beschrieben – darauf zu achten, dass die eingesetzten Rohstoffe möglichst frei von bestimmten farbgebenden Elementen sind. Das ist allerdings nicht der einzige Unterschied zum klassischen Grauzement. Auch der Herstellungsprozess selbst verläuft zum Teil anders. So wird Grauzement im Drehrohrofen bei rund 1.450 °C gebrannt. Weißzement dagegen erfordert höhere Temperaturen (etwa 1.600 °C).

Die Herstellung ist zudem auch deshalb energieintensiver, weil der heiße Klinker aus dem Ofen unter Ausschluss von Sauerstoff sehr schnell auf Temperaturen unterhalb von 600 °C herabgekühlt werden muss, damit er weiß bleibt. Das geschieht traditionell in einem Wasserbad oder mittlerweile auch zunehmend in gasgekühlten Kühltrommeln. Insgesamt ist der Herstellungsprozess noch energieintensiver und damit auch teurer als der von Grauzement.

Historie

In Deutschland ist Weißzement eng mit dem Markennamen „Dyckerhoff Weiß“ verbunden. Bei der 1864 im hessischen Amöneburg gegründeten „Portland-Cement-Fabrik Dyckerhoff & Söhne“ befasste man sich schon früh mit dem Material. Bereits 1870 brannte Rudolf Dyckerhoff in einem Schachtofen versuchsweise kleinere Mengen weißen Zements. Damals war die Zeit für das Produkt aber noch nicht reif. Es sollte noch bis zum Jahr 1931 dauern, bis Walter Dyckerhoff den weißen Portland-Zement tatsächlich auf dem deutschen Markt einführte.

Das Unternehmen Dyckerhoff, das mittlerweile zur international agierenden Buzzi-Gruppe mit Sitz in Italien gehört, produziert Zement und Transportbeton. Neben Grauzement gehört auch Weißzement in verschiedenen Festigkeitsklassen und Qualitätsstufen weiterhin zum Produktportfolio des Herstellers, dessen Hauptsitz sich heute in Wiesbaden befindet. In Deutschland scheint Dyckerhoff sogar weiterhin der einzige Weißzementhersteller zu sein. Weltweit gibt es aber noch einige andere Weißzement-Hersteller.

zuletzt editiert am 09. August 2024