RM Rudolf Müller
Schwimmende Estriche

Schwimmende Estriche werden oft mit Fußbodenheizungen kombiniert. Foto: Knauf

Bauchemie
26. November 2015 | Artikel teilen Artikel teilen

Nassestriche: Übersicht über die verschiedenen Varianten

Nassestrich-Böden werden aus Mörtel gefertigt. Dabei unterscheidet man verschiedene Aufbautypen: Verbundestriche, Estriche auf Trennschicht und schwimmende Estriche. Unser Beitrag erklärt die Unterschiede.

Auch wenn im modernen Innenausbau immer häufiger Trockenestriche zum Einsatz kommen, gibt es immer noch viele Anwendungsfälle, bei denen nass verarbeitete Estriche das bevorzugte Mittel der Wahl sind.

Moderne Nassestriche

Mit den heutigen selbstnivellierenden Fließestrichen lassen sich in kurzer Zeit qualitativ hochwertige Böden erstellen – und das mit weitaus weniger Aufwand als bei konventionellen Estrichen, die der Verarbeiter noch mühsam mit der Schaufel verteilen und anschließend manuell verdichten und glätten musste. Noch effektiver sind moderne „Schnellestriche“, die einen Teil des Anmachwassers im Estrich chemisch binden, sodass sich die Trocknungszeit deutlich reduziert.

Allerdings sind auch Fließestriche keine Alleskönner. In vielen Bereichen sind konventionelle Estriche nach wie vor unverzichtbar, zum Beispiel bei Böden mit Gefälle. Welcher Estrichtyp sich empfiehlt, hängt also auch vom jeweiligen Anwendungsfall ab. Ist die Produktwahl getroffen, stehen weitere Entscheidungen an. Dabei geht es um die Frage, wie der Boden insgesamt aufgebaut werden soll: als Verbundestrich, als Estrich auf Trennschicht oder als schwimmender Estrich?

Verbundestrich

Verbundestriche heißen so, weil der Mörtel hier direkt mit dem tragenden Untergrund verbunden ist. Allenfalls kann es sein, dass noch eine dünne Haftbrücke dazwischen kommt. Aber die verstärkt ja sogar noch den Effekt, dass der Estrich vollflächig und kraftschlüssig mit den tragenden Gebäudeteilen verbunden ist. Der Boden hängt also unverrückbar mit der Bodenplatte (im Erdgeschoss) oder mit der Rohdecke zusammen.

Die Verbundbauweise hat den Vorteil, dass der Boden extrem hoch belastbar ist. Sie wird deshalb häufig in Gewerbebauten wie Fabriken oder Ausstellungshallen angewendet oder in Bereichen mit Fahrzeugverkehr. In Wohnhäusern werden viele Kellerböden als Verbundestriche ausgeführt. Sie kommen dann meist „nackt“ – also ohne weiteren Oberbelag – als so genannte Nutzestriche zum Einsatz. Im eigentlichen Wohnbereich scheidet die Option Verbundestrich dagegen in der Regel aus, weil die Böden nicht den heutigen Anforderungen an den Wärme- und Trittschallschutz genügen.

Vor dem Einbau eines Verbundestrichs muss darauf geachtet werden, dass der Untergrund eben, rissfrei und sauber ist. Hohllagen unter dem Estrich sind unbedingt zu vermeiden. Außerdem ist vorab zu klären, ob der gewünschte Mörtel auf dem Untergrund überhaupt einsetzbar ist. Man muss immer bedenken, dass Estrich und Untergrund bei dieser Bauweise einen absolut festen Verbund eingehen. Äußere Einflüsse wie zum Beispiel Druckspannungen oder Temperaturschwankungen, die auf das eine Material wirken, können auch auf das andere übergreifen. Wenn Estrich und Untergrund dann nicht über ähnliche Verformungseigenschaften verfügen, drohen Risse oder sonstige negative Beeinflussungen.

Estrich auf Trennschicht

Frischer Estrich

Frischer Estrich in einem Gymnasium im bayerischen Lappersdorf. Foto: Uzin

Wenn Untergrund und Estrichmörtel nicht miteinander harmonieren, dann bietet sich unter Umständen ein Estrich auf Trennschicht an. Bedacht werden muss allerdings, dass ein solcher Aufbau nicht so stark belastbar ist wie ein Verbundestrich. Bei der Bauweise ist der Estrich nicht fest mit dem Untergrund verbunden, sondern wird von diesem durch eine dünne Zwischenlage aus Kunststofffolie, Papier oder Pappe getrennt.

Durch die Trennschicht kann sich der Estrich unabhängig vom Untergrund bewegen. Häufig dient sie zugleich als Abdichtung zum Schutz vor aufsteigender Feuchtigkeit. Auch vor dem Einbau eines Estrichs auf Trennschicht ist sicherzustellen, dass der Untergrund eben, rissfrei und sauber ist.

Schwimmender Estrich

In Wohnbereichen oder anderen beheizten Räumen kommen heute meist so genannte schwimmende Estriche zum Einsatz. Bei diesen wird der Estrichmörtel auf einer druckfesten Dämmstoffschicht eingebaut, die nicht mit dem Untergrund verklebt ist. Die Mörtelplatte „schwimmt“ auf einer Kunststofffolie, und direkt darunter befindet sich die ein- oder zweilagige Dämmstoffschicht.

Wie beim Estrich auf Trennschicht besteht also auch bei dieser Aufbauvariante kein Verbund mit dem Untergrund, aber zusätzlich bietet sie eben noch zeitgemäßen Wärme- und Trittschallschutz. Um den zu gewährleisten, darf die Estrichplatte übrigens auch nicht mit den angrenzenden Wandbauteilen verbunden sein. Eine entsprechende Entkopplung realisiert man durch seitliche Dämmstreifen.

Schwimmende Estriche werden auch oft als Heizestriche ausgeführt. Dann integriert man zusätzlich eine Fußbodenheizung in den Bodenaufbau. Die Heizungsrohre werden – je nach Produktsystem – entweder im oberen Bereich der Dämmstoffschicht oder direkt im Estrich verlegt.


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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