RM Rudolf Müller
chemische Befestigung

Verbunddübel für schwere Lasten kommen nicht nur in Lochsteinen, sondern auch in Porenbeton und sogar in Normalbeton zum Einsatz.

Befestigung
12. August 2014 | Artikel teilen Artikel teilen

Schwerlastdübel mit Chemie

Im Fachwissen-Beitrag über Hohlraumdübel ging es unter anderem um die Befestigung von Lasten an Wänden, die aus Lochsteinen gemauert sind. Dübel, die sich in Hohlräumen verknoten oder aufspreizen, haben aber ihre Einsatzgrenzen. Für richtig schwere Lasten sind sie nicht geeignet. Für solche Fälle verwendet man dagegen oft so genannte Verbunddübel. Bei diesen Produkten wird eine Ankerstange mit einem Spezialmörtel im Untergrund befestigt. Hohlräume werden auf diese Weise so weit wie nötig verfüllt.

Diese Methode, die man auch als chemische Befestigung bezeichnet, kommt aber nicht nur bei Lochsteinen zum Einsatz. Vielmehr ist sie prinzipiell für alle Verankerungsuntergründe geeignet, wenn sehr schwere Lasten zu befestigen sind. Also beispielsweise auch bei Mauerwerk aus Leichtbeton oder Porenbeton. Mit Verbunddübeln lassen sich auch an solchen Materialien schwere Gegenstände wie zum Beispiel Treppengeländer, Garagentore oder Markisen anbringen.
Darüber hinaus verwendet man sie aber selbst in Normalbeton oder in Vollsteinen. Diese Materialien bieten zwar bereits von sich aus einen soliden Ankergrund für Dübel, aber wer bei schweren Lasten auf Nummer Sicher gehen will, setzt eben auf chemische Befestigungen. Die hohe Belastbarkeit hat allerdings auch ihren Preis. Verbunddübel sind in der Regel deutlich teurer als Schwerlastdübel, die ohne Mörtel eingesetzt werden.

Befestigung per Stoffschluss

Während normale Spreizdübel und Hohlraumdübel durch Reibschluss beziehungsweise durch Formschluss an der Wand halten, spricht man bei Verbunddübeln vom so genannten Stoffschluss. Der „Stoff“ ist eben der Mörtel, der die metallische Ankerstange fest an den Wandbaustoff bindet. Der Verbunddübel geht eine nachträglich nur noch schwer zu lösende stoffliche Verbindung mit dem Verankerungsgrund ein. Das Einkleben eines Verbunddübels im Bohrloch ist also etwas ganz anderes als ein Spreizdübel, bei dem vor allem Reibkräfte für Halt sorgen. Es ähnelt eher dem Verschweißen von Metallteilen.

Aber chemische Befestigungen haben gegenüber Spreizdübeln nicht nur den Vorteil einer höheren Tragfähigkeit. Da kaum Spreizkräfte im Bohrloch wirken, müssen nämlich nur sehr geringe Abstände zwischen den einzelnen Dübeln sowie zwischen den Dübeln und den Mauerwerksrändern eingehalten werden. Für Spreizdübel sind dagegen deutlich höhere Mindestabstände vorgeschrieben. Die genauen Werte hängen jeweils von der konkreten Beschaffenheit des Untergrunds ab. Bei Spreizdübeln aus Metall sind die erforderlichen Mindestabstände zudem etwa doppelt so hoch wie bei Kunststoffdübeln.

Die höhere Flexibilität beim Setzen der Bohrlöcher kann durchaus ein Entscheidungsgrund für Verbunddübel sein, auch dann, wenn sie angesichts der zu tragenden Lasten gar nicht notwendig wären. Das gilt beispielsweise, wenn Befestigungen unbedingt in der Nähe von Mauerecken ausgeführt werden sollen.

Injektions- oder Patronenverfahren

chemische Befestigung

Der Mörtel für Verbunddübel wird entweder aus einer Kartusche ins Bohrloch injiziert oder mittels einer Glaspatrone eingeführt.
Fotos/Grafiken: Media Service Online Unternehmensgruppe fischer

Bei Verbunddübeln sind grundsätzlich zwei Varianten zu unterscheiden: Injektions- und Patronensysteme. Bei Injektions-Systemen wird der Mörtel aus einer Kartusche in das gereinigte Bohrloch injiziert. Anschließend steckt man die Ankerstange in die schnell aushärtende Mörtelmasse. Anwendung finden Injektionssysteme vor allem bei Mauerwerk.

Bei der Befestigung großer Lasten an Beton kommen dagegen häufig Patronensysteme zum Einsatz. Bei diesen wird ein Kunstharzmörtel verwendet, der sich in einer Glaspatrone befindet. Diese wird in das Bohrloch eingeschoben, bevor man den Stahlanker einschlägt. Dadurch zerspringt das Glas und der Kunstharzmörtel füllt die Hohlräume zwischen Ankerstange und Bohrlochwandung aus.

Wird das Injektionsverfahren bei Lochbausteinen angewandt, kommt neben Ankerstange und Mörtel übrigens noch eine weitere Komponente hinzu. Bevor der Mörtel injiziert wird, schiebt man zunächst eine runde Ankerhülse aus Kunststoff oder Metall in das Bohrloch hinein. Die Wände dieser Hülse haben eine siebartige Struktur – man spricht deshalb auch von Sieb- oder Netzhülsen. Wenn man nun die Hülse mit Mörtel füllt und anschließend die Ankerstange einführt, dann quillt der überschüssige Mörtel durch die Löcher und bildet Wulste zwischen den Stegen des Lochsteins aus. Natürlich würde das auch passieren, wenn man keine Ankerhülse verwendet. Aber die Hülse verhindert einerseits, dass zuviel Mörtel in die Lockammern des Steins austritt und außerdem hilft sie, die Ankerstange ideal im Bohrloch zu zentrieren.

Verarbeitungshinweise

Der Dübelexperte Fischer empfiehlt für die Anwendung von Verbunddübeln in Lochsteinen ausdrücklich den Einsatz von Siebhülsen. Der Verarbeiter könne bis zu 80% Material einsparen, weil die Hülse verhindere, dass mehr Mörtel in die Lochkammern quillt als für den Verbund notwendig. Der Hersteller betont zudem die große Bedeutung der Bohrlochreinigung beim Injektions-System. Wird das Bohrmehl nicht entfernt, bevor man den Mörtel injiziert, dann reduziere sich die Leistung der Verankerung um bis zu 50%.

Um eine maximale Tragfähigkeit in Lochsteinen zu erreichen, soll der Verarbeiter zudem schonend im Drehgang bohren. Wird die Bohrmaschine per Schlag- oder Hammergang bedient, dann drohen nämlich Beschädigungen des Steingefüges. Außerdem sollten die Dübel niemals im Bereich der Mörtelfugen oder an den Rändern der Lochsteine gesetzt werden. Auch das verringert die Tagfähigkeit der Verbunddübel erheblich.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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